Berlin
  • Teilnehmer der „Friedensdemo” in Berlin.
  • Foto: dpa

Abgeordnete von Hamburger Linken und AfD auf umstrittener „Friedensdemo“ in Berlin

Massive Kritik an Großdemo: 13.000 Teilnehmer waren nach Angaben der Polizei bei der sogenannten „Friedensdemo” von Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und Feministin Alice Schwarzer am Samstag in Berlin. Wegen einer fehlenden Abgrenzung von rechts hatten aber schon im Vorfeld mehrere Spitzen-Politiker die Demonstration scharf kritisiert. Aus Hamburg waren sowohl von der Linken als auch von der AfD Abgeordnete anwesend.

Alice Schwarzer hat die von ihr und Sahra Wagenknecht initiierte Kundgebung am Samstag in Berlin als „gewaltigen Erfolg” gewertet. „Ich bin total glücklich”, sagte die Frauenrechtlerin am Abend. Es habe eine so friedliche und fröhliche Stimmung gegeben. „Keine parteigebundene Stimmung, keine Sektenstimmung. Da waren einfach Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die aus allen Ecken Deutschlands angereist waren, um ein Zeichen zu setzen.”

Rechtsextreme habe sie bei der Kundgebung nicht gesehen, sagte Schwarzer. Natürlich könne sie nicht ausschließen, dass einzelne Rechte da gewesen seien, es könne sich dabei dann aber nur um eine verschwindende Minderheit gehandelt haben.

„Kleinere Handgreiflichkeiten” am Rande der Demo

Unter dem Motto „Aufstand für Frieden” war die Demo gegen 14 Uhr mit einer Kundgebung am Brandenburger Tor gestartet. Die Polizei sprach zum Abschluss von mindestens 13.000 Teilnehmern. Vonseiten der Veranstalter hieß es, dass schätzungsweise 50.000 Menschen vor Ort seien.

Es habe am Rande der Veranstaltung am Brandenburger Tor kleinere Handgreiflichkeiten gegeben, berichtete ein Polizeisprecher. Zudem lieferte sich laut Polizei eine Gruppe linker Gegendemonstranten eine lautstarke Auseinandersetzung mit dem Herausgeber des „Compact-Magazins”, Jürgen Elsässer. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft das Magazin als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein.

AfD und Linke aus Hamburg auf „Friedensdemo”

Unter den Hamburger Linken hatte es wenige Tage vor der Demo noch sehr unterschiedliche Meinungen zu einer möglichen Teilnahme gegeben. Letztendlich hatte sich die Partei gegen einen Aufruf zur Demo und für eine eigene Demo vor dem russischen Konsulat in Hamburg am Freitag entschieden. Der Grund war, dass Wagenknecht und Schwarzer ihre Demo nicht klar von rechts abgegrenzt hatten. Die Hamburger Linken-Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic, die schon länger als Wagenknecht-Anhängerin gilt, ging offensichtlich trotzdem hin.

Auf ihrem Instagram-Kanal postete sie mehrere ein Videos direkt vor und von der Bühne, auf der Schwarzer und Wagenknecht ihre Reden hielten. „50.000 waren wir heute in Berlin. Aufstand für den Frieden. Das ist erst der Anfang“, schrieb Nastic unter einen Beitrag.

Gleichzeitig war auch die Hamburger AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Olga Petersen vor Ort. „Bei jedem Wetter für den Frieden. Heute kamen zig tausende Menschen zusammen um gemeinsam ein Zeichen für den Frieden zu setzen”, schrieb sie auf Twitter.

Wagenknecht: Kritik am Kurs der Bundesregierung

Sarah Wagenknecht kritisierte auf der Demo scharf den Kurs der Bundesregierung und forderte zu einem Stopp von Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine auf. Man fühle sich nicht vertreten von Kanzler Olaf Scholz (SPD), „der zwar zunächst immer zögert und für Bedachtsamkeit und Vorsicht wirbt, aber dann trotzdem regelmäßig vor den Kriegstrommlern in seiner Koalition einknickt und eine rote Linie nach der nächsten überschreitet”.

Vor zwei Wochen hatten Wagenknecht und Schwarzer das umstrittene „Manifest für Frieden” veröffentlicht. In dem Papier warnen sie vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs, fordern Kompromisse „auf beiden Seiten” und rufen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu auf, „die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen” und sich „an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen” zu setzen.

Kritik an Demo in Berlin

Das Manifest wurde unter anderem auch von AfD-Chef Tino Chupralla unterschrieben. Zu möglichen Demonstrationsteilnehmern aus dem rechten Spektrum hatte Wagenknecht dem „Spiegel“ vor der Demo gesagt: „Auf unserer Kundgebung ist jeder willkommen, der ehrlichen Herzens für Frieden und für Verhandlungen demonstrieren möchte. Rechtsextreme Flaggen oder Symbole dagegen haben auf ihr nichts zu suchen und werden nicht geduldet. Mehr ist dazu nicht zu sagen.“

Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht (l.) und Publizistin Alice Schwarzer. (Archivbild) picture alliance/dpa/Rolf Vennenbernd
Sahra Wagenknecht (Die Linke, l), Politikerin, und Alice Schwarzer, Frauenrechtlerin, stehen im Rheinauhafen am Rhein.
Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht (l.) und Publizistin Alice Schwarzer. (Archivbild)

Für viele Politiker klingt das nicht nach einer klaren Abgrenzung: Linken-Parteichefin Janine Wissler sagte, sie würde nicht an der Demo teilnehmen. „Weil ich mich an anderen Aktionen beteilige und weil mir der Umgang mit der Mobilisierung in rechten Kreisen Sorgen macht. Da hat der Aufruf eine Leerstelle”, kritisierte sie.

Wagenknecht versucht Demo im Nachgang abzugrenzen

Kritik kam auch von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, FDP-Chef Christian Lindner und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). „Das ist kein Frieden, das ist eine Chimäre, die da aufgebaut wird, das ist eine politische Irreführung der Bevölkerung”, warnte Habeck. Sogar Theologin Margot Käßmann, die das Manifest unterstützt, sagte ihre Teilnahme an der Demo ab.

Bei der Kundgebung am Brandenburger Tor rief Wagenknecht zu einem „Startschuss für eine neue starke Friedensbewegung” auf. Angesichts von Kritik an Teilnehmern aus dem rechten Spektrum sagte sie, Neonazis und Reichsbürger hätten selbstverständlich auf der Friedenskundgebung nichts zu suchen.

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Im Internet hatten bis Samstagmittag mehr als 640.000 Menschen ihre Zustimmung zum „Manifest“ erklärt. (abu)

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