Fernsehsüchtig und mobbend: Ex-US-Präsidenten rechnen mit Trump ab
Milwaukee –
Nun ist es offiziell: Die US-Demokraten haben Ex-Vizepräsident Joe Biden zu ihrem Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im November gekürt – und damit zu dem Mann, der Trump aus dem Amt vertreiben soll. Beim virtuellen Parteitag stimmte eine klare Mehrheit für den 77-Jährigen. Und so kämpferisch wie die Veranstaltung am Montag begonnen hatte, so ging sie auch in die nächste Runde.
Von links wie von rechts bekam der amtierende Präsident Donald Trump an diesem Abend verbale Prügel. Die Angreifer: zwei Ex-Präsidenten und ein ehemaliger Außenminister.
Milwaukee: Carter und Clinton werben für Biden und attackieren Trump
Die früheren Landes-Oberhäupter Jimmy Carter und Bill Clinton warben auf dem Parteitag der Demokraten klar für Biden und rechneten offen mit Trump ab. „Joe hat die Erfahrung, die Charakterstärke und die Anständigkeit, uns zusammenzuführen und Amerikas Großartigkeit wieder herzustellen“, sagte Carter in einer Audiobotschaft. „Wir verdienen jemanden mit Integrität und Urteilsvermögen, jemanden, der ehrlich und fair ist, jemanden, der dem verpflichtet ist, was das Beste für die Amerikaner ist.“
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Ex-Präsident Bill Clinton, der Mann der ehemaligen Trump-Herausforderin Hillary Clinton, übte am zweiten Tag des virtuell abgehaltenen Parteitags scharfe Kritik am Amtsinhaber: „In Zeiten wie diesen sollte das Oval Office eine Kommandozentrale sein. Stattdessen ist es ein Unruheherd“, so Clinton in seiner Videoansprache. „Es herrscht nur Chaos. Nur eine Sache ändert sich nie: Seine (Trumps) Entschlossenheit, Verantwortung abzustreiten und die Schuld abzuwälzen.“
Doch dabei beließ es der Ex-Präsident nicht. Er setzte noch einen drauf: Wer einen Präsidenten wolle, der „seinen Job darin definiert, jeden Tag stundenlang Fernsehen zu schauen und Leute in den sozialen Medien fertigzumachen“, der müsse für Trump stimmen.
USA: Bill Clinton über Trump-Herausforder: Biden habe eine Mission
Biden dagegen habe eine Mission, sagte Clinton. „Verantwortung übernehmen, nicht Schuld abwälzen; sich konzentrieren, nicht ablenken; vereinen, nicht spalten.“ Biden sei „bodenständig“ und erledige seine Arbeit.
Doch nicht nur Demokraten sprechen sich für Biden aus, sondern auch Republikaner. Bei dem Parteitag sprach daher auch der frühere republikanische US-Außenminister Colin Powell. Er hatte wie die Ex-Präsidenten eine klare Botschaft: „Wer ein starkes Amerika will, der will Joe Biden.“
Biden über Nominierung: „Das bedeutet mir und meiner Familie alles“
Biden dankte den Parteidelegierten in einer Video-Liveschalte „von tiefstem Herzen“. „Das bedeutet mir und meiner Familie alles“, so der Demokrat. Der langjährige Senator wird am Donnerstag zum Abschluss des Parteitags von seinem Heimatstaat Delaware aus seine Nominierungsrede halten.
Die Nominierung beim Parteitag war eine Formalie: Biden hatte sich im Vorwahlrennen der Demokraten gegen die anderen Präsidentschaftsbewerber durchgesetzt. Als letzter Rivale warf Senator Bernie Sanders im April das Handtuch. Bei der Abstimmung schalteten die Demokraten per Video in alle 57 Bundesstaaten und Territorien der USA. Beim sogenannten „Roll Call“ wurde dann verkündet, wie viele Delegiertenstimmen an Biden und wie viele an Sanders gehen.
Video: Biden zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten gekürt
Der Mitte-Politiker Biden ist nach seinem Vorwahlerfolg auf das linke Parteilager zugegangen und hat Vorschläge des progressiven Flügels übernommen, ohne grundsätzlich von seinem moderaten Kurs abzuweichen. Das Motto des Parteitags entspricht dabei dem Programm von Biden und seiner Vize-Präsidentin Kamala Harris: „Amerika vereinen“. (vd/afp)