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Zoff um Fehmarnbelttunnel: Warum Umweltschützer für den Bau sind

Um wenige öffentliche Verkehrsprojekte wird so sehr gestritten wie um den Fehmarnbelt-Tunnel – zumindest in Deutschland. In Dänemark wünscht man sich nichts sehnlicher, als dass die Bagger endlich anrollen. Selbst Umweltschützer sehen das Projekt positiv.

Mitte Juli bot sich Ostseeurlaubern auf der Insel Fehmarn ein ungewöhnliches Bild: Auf dem Wasser schwamm ein 24 Meter großes, blaues Andreas-Kreuz und ein Plakat mit der Aufschrift „Ostsee schützen. Tunnelbau stoppen“. Rund 30 Menschen hatten sich zu einer Aktion auf dem Wasser versammelt, um gegen den Bau des 18 Kilometer langen Tunnels zwischen dem schleswig-holsteinischen Fehmarn und der dänischen Insel Lolland zu demonstrieren.

Zoff um Fehmarnbelttunnel: Warum Umweltschützer für den Bau sind

Die Eisenbahn- und Autobahnröhre, die komplett von den Dänen bezahlt wird, löst auf deutscher Seite ein unglaubliches Engagement aus: 12600 Einwendungen sind gegen das Projekt eingereicht worden. Umstritten ist auch die sogenannte Hinterlandanbindung: Die Bahn will zwischen Lübeck und Puttgarden eine zweigleisige Strecke bauen – bisher ist sie eingleisig. Von den 88 Kilometern sollen 55 Kilometer neu gebaut werden – dafür muss Deutschland selbst bezahlen.

Die Sorgen der Gegner sind vielfältig. Es geht um den Lebensraum der Haselmaus, die Kosten für den Brandschutz des Tunnels und streng geschützte Riffe am Meeresboden, die zerstört werden könnten. Sieben Klagen, unter anderem von Umweltverbänden und drei Reedereien, werden nun am 22. September vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt. So lange kann auf deutscher Seite mit dem Bau des Tunnels nicht begonnen werden.

Dänemark sieht großes Potential im Fehmarnbelttunnel

Während sich viele Umweltschützer in Deutschland freuen, das Großprojekt bislang gestoppt zu haben, ist man auf der anderen Seite der Ostsee gar nicht glücklich darüber. Holger Schou Rasmussen etwa, der Bürgermeister von Lolland, sieht in dem Tunnel großes Potenzial für die Entwicklung der Regionen zwischen Hamburg und Kopenhagen. „Mit dem Tunnel rücken wir in die Mitte von zwei Metropolen.“ Innerhalb von nur 20 Minuten könnte er beim Bürgermeister von Fehmarn auf einen Kaffee vorbeischauen. „Wir werden nicht nur Freunde, sondern auch gute Nachbarn sein.“

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Der Ostseetunnel bringe viele Möglichkeiten für die Region, führt er fort, zuallererst im Tourismus. „Lolland hat 700.000 Übernachtungen jährlich, Fehmarn 3 Millionen, dabei haben wir viel mehr Küste.“ Die schnelle Verbindung mache die Region außerdem interessant für Firmen, die eine gute Infrastrukturanbindung brauchten. Angst vor Baulärm, mehr Verkehr und trübem Wasser wie auf der deutschen Seite hat der dänische Bürgermeister nicht.

Umweltverbände in Dänemark planten Fehmarnbelttunnel mit 

Auch die Einwände der Umweltverbände in Deutschland kann Schou Rasmussen nicht ganz nachvollziehen. „Mit dem Tunnel können wir den Lkw-Transport auf die Schiene verlagern.“ Das sei ein Gewinn für die Umwelt. Der private Pkw-Verkehr werde in zehn Jahren ohnehin elektrifiziert sein. Diesem Argument pflichtet auch Michael Løvendal Kruse vom Dänischen Naturschutzvereinigung bei. „Wir müssen das ganze Bild sehen“, meint er. „Bei so einem Projekt ist es natürlich nicht möglich, der Natur nicht zu schaden. Aber wenn wir damit die Leute dazu kriegen, vom Flugzeug in den Zug zu steigen, dann haben wir viel für die Natur getan.”

Anders als die deutschen haben die dänischen Umweltverbände an den Planungen teilgenommen mit einer beratenden Funktion. „Die dänischen Naturschützer haben gesehen, wie gut es bei der Öresundquerung und der Großen Beltquerung gelaufen ist, jetzt will man sicherstellen, dass es für den Tunnel ebenso geht und deshalb arbeitet man zusammen“, sagt Denise Juchem, Sprecherin der staatseigenen Projektgesellschaft Femern A/S, die den Tunnel plant, baut und später auch betreibt.

Zoff um Fehmarnbelttunnel: Nabu gegen den Bau 

Anders als in Deutschland würden große Infrastrukturprojekte in Dänemark vom Parlament entschieden. „Bereits in einer frühen Phase, der sogenannten Ideenphase, werden Verbände, betroffene Kommunen und Behörden miteinbezogen“, erläutert Juchem. In dieser Phase sehe man die Akzeptanz in der Bevölkerung und habe die Möglichkeit, frühzeitig Korrekturen vorzunehmen. Auch in der weiteren Planung hätten die Bürger immer wieder die Gelegenheit gehabt, sich einzubringen. Am Ende gab es 46 Einwendungen auf dänischer Seite im Vergleich zu 12600 in Deutschland.

Auch Umweltschützer Løvendal Kruse hat das Gefühl, Einfluss genommen zu haben. „Sie haben uns zugehört und haben aufgrund unserer Einwände auch Änderungen vorgenommen“, sagt er. „Deshalb bauen wir jetzt einen Tunnel und keine Brücke.” Der deutsche Umweltverband Nabu sei ebenfalls eingeladen gewesen, an den Sitzungen teilzunehmen, habe die Gelegenheit aber nicht wahrgenommen. „Mir fehlt die Offenheit, mit den deutschen Kollegen zu diskutieren“, bedauert Løvendal Kruse. „Es ist schon verrückt, dass zwei Umweltorganisationen fast zu Feinden geworden sind.”

Dänischer Umweltaktivist: Deutschland hat Angst vor großen Verkehrsprojekten

Wie Bürgermeister Schou Rasmussen glaubt er, dass man auf deutscher Seite auch deshalb so skeptisch sei, weil man einfach keine Erfahrungen mit so großen Verkehrsprojekten habe. „Der Nabu scheint zu denken: Etwas, das so groß ist, muss schlecht sein. Aber es geht nicht um die Größe, sondern darum, was gut für die Natur ist.“

Der Bau der Öresundbrücke zwischen Dänemark und Schweden habe gezeigt, dass die Natur auch profitieren könne. Die Wasserqualität im Öresund habe sich verbessert, weil mehr sauerstoffhaltiges Salzwasser aus dem Meer hineinfließe. „Wir haben mehr Arten, mehr Vögel und mehr Fische bekommen.” Ein anderes Projekt sei die Große-Belt-Querung. „Wir waren am Anfang sehr gegen die Brücke», räumt der Umweltaktivist ein. „Jetzt sind wir heilfroh, dass wir sie haben.”

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Die Dänen hätten einfach nicht so viel Angst vor großen Verkehrsprojekten. Sein Rat an die Kollegen in Deutschland: „Es ist eine Verschwendung von Ressourcen, einen Kampf zu kämpfen, den man nicht gewinnen kann.“

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