• Foto: Patrick Sun

Trotz Corona: Überfüllte Bahnen machen Abstandsregeln unmöglich

Waren die Waggons der U- und S-Bahnen in Hamburg im ersten Lockdown Anfang April bis Mai noch so gut wie leer, so sieht es im zweiten „Lockdown Light“ ganz anders aus: Die Menschen drängen sich oftmals dicht an dicht in den Zügen. Den Abstand einzuhalten, ist eine fast schon unmögliche Aufgabe. Welche Rolle spielt der öffentliche Nahverkehr beim Anstieg der Corona-Neuinfektionen? 

Während in Corona-Zeiten Abstand halten das Gebot der Stunde ist, vermitteln überfüllte Waggons ein seltsames Gefühl. Eine MOPO-Reporterin berichtete von einer U2, in der alle Plätze besetzt waren und die restlichen Menschen in den Gängen standen.

HVV Hamburg: Volle Waggons trotz Corona-Pandemie

Und auch ein Leser wandte sich mit dem Foto einer überfüllten S-Bahn an die Redaktion, auf dem deutlich zu sehen ist, wie sich die Fahrgäste in den Waggon drängen, während drinnen schon viele dicht an dicht stehen. Von Abstand keine Spur.

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Die Bahn hat mit dem bundesweiten Masken-Kontrolltag am Montag erneut auf das Thema der Maskenpflicht in den Zügen aufmerksam gemacht. Hunderte Bundespolizisten und Sicherheitsmitarbeiter der Deutschen Bahn kontrollierten in ganz Deutschland schwerpunktmäßig die Einhaltung.

Corona: Bundesweiter Masken-Kontrolltag bei der Deutschen Bahn

„Inzwischen sind Verstöße die absolute Ausnahme“, teilte Personenverkehrsvorstand Berthold Huber mit. „Damit das so bleibt und sich unsere Kunden noch sicherer fühlen, erhöhen wir zu Weihnachten erneut die Kontrollen und zugleich die Sitzkapazität im Fernverkehr für Reisen mit bestmöglichem Abstand.“

Dabei ist es vor allem der Abstand, der häufig in den Nahverkehrsangeboten zu fehlen scheint. Christoph Kreienbaum, Sprecher der Hochbahn, teilt den Grundansatz, dass sich alle dicht an dicht drängen laut eigener Aussage aber nicht. „Zu bestimmten Hauptverkehrszeiten kann es voller sein“, räumt er ein. „Aber die Fahrgastzahlen schwanken immer noch zwischen 50 und 60 Prozent von vor Corona.“

Abstand im HVV: Das sagen Hochbahn und Deutsche Bahn

Die Maskenpflicht sei eben deswegen eingeführt worden, weil der Abstand nicht immer eingehalten werden könne. Eine Rationierung der Fahrgastzahlen im Nahverkehr hält der Hochbahn-Sprecher nicht für sinnvoll. „Das ist bei unserem offenen System überhaupt nicht darstellbar und auch nicht notwendig.“

Ein DB-Sprecher sieht das ähnlich. „Um den Fahrgästen möglichst viel Platz in den Zügen zu bieten, fahren wir das komplette Fahrplanprogramm, obwohl wieder weniger Menschen mit uns unterwegs sind.“ Zum Fahrplanwechsel gebe es auf der S31 jetzt 20 Prozent mehr Angebot, was zusätzlich mehr Platz schaffe.

ÖPNV und Corona: Immer noch weniger Fahrgäste unterwegs als sonst

Die Fahrgastzahlen im Hamburger Nahverkehr liegen laut aktuellen Erhebungen des HVV weiterhin bei nur etwa 60 Prozent des Vor-Corona-Niveaus. Der Trend, dass viele plötzliche Busse und Bahnen meiden und stattdessen aufs Rad oder ins Auto steigen oder zu Fuß gehen, setzt sich damit auch im Herbst fort.

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Das geht auch aus einer Studie zur Mobilität in Zeiten von Corona des Sozialforschungsinstituts „Infas“ und des Wissenschaftszentrums Berlin hervor, deren Ergebnisse dem „Spiegel“ vorliegen.

Darin stellten Forscher einen allgemeinen Bedeutungsverlust des öffentlichen Verkehrs fest. „Momentan nutzen nur Menschen den öffentlichen Verkehr, die keine Alternative haben“, sagte Mobilitätsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin dem „Spiegel“. Das betrifft diejenigen, die nicht von zu Hause aus arbeiten können, keinen Führerschein oder Fahrzeug besitzen und ein eher geringes Einkommen haben.

Studie zeigt: Diese Menschen nutzen jetzt besonders den ÖPNV

„Wir gehen immer noch davon aus, dass der ÖPNV sicher und keine Infektionsquelle für Corona ist“, resümiert Kreienbaum. „Wir sorgen mit dem regelmäßigen Öffnen der Türen an allen Haltestellen für eine gute Durchlüftung. Außerdem bleiben die Fahrgäste bei uns – im Gegensatz zum Fernverkehr – im Durchschnitt nur 14 Minuten.“

Durchlüftung alle paar Minuten: Der ÖPNV während der Corona-Krise

Sollte die Tür einer U-Bahn an einer Haltestelle doch mal nicht automatisch öffnen, könne das laut Kreienbaum verschiedene Gründe haben. „Manchmal sind die Menschen zu ungeduldig und drücken auf den Knopf, bevor die Tür sich öffnen kann.“

Manchmal sei aber auch ein technischer Defekt daran schuld oder ein Kollege habe vergessen, alle Türen freizugeben. Das komme aber selten vor, im Normalfall lüfteten die Busse und Bahnen alle paar Minuten durch.

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