Warum St. Pauli trotz des sechsten Siegs in Serie nicht zufrieden ist
Der FC St. Pauli hatte gerade das sechste Spiel in Serie gewonnen, da verdrehte Marcel Hartel die Augen. Er werde aber auch jede Woche zum Interview gebeten, monierte er. Dann fiel ihm aber wieder ein, wie das gerade beendete Spiel ausgegangen war: 2:1 (2:0) für St. Pauli in Paderborn. Und weil das Ganze nach Siegen, derer es zuletzt ja zuhauf gab, „mehr Spaß bringt“, wie er erinnerte, beantwortete Hartel doch bereitwillig die Fragen.
Zum Beispiel die, ob er in seiner Karriere schon dreimal in Folge auswärts gewonnen habe; so wie gerade mit St. Pauli: Wisse er nicht, eine gute Frage sei das – und „ein sehr, sehr gutes Gefühl. Vor allem nach so einer langen Auswärts-Durststrecke“.
Irvine freut sich, dass St. Pauli dreckig gewinnt
Zur Erinnerung: St. Paulis 1:0 in Nürnberg zum Rückrunden-Auftakt waren elf Monate ohne Auswärtssieg vorangegangen. Jetzt also der dritte am Stück und das bei einem – wenn auch verletzungsgeplagten – Aufstiegsaspiranten. In einem Spiel, das manche zur Prüfung dafür auserkoren hatten, wie gut St. Pauli unter Hürzeler wirklich ist.
Gut genug jedenfalls, um ein Top-Team der zweiten Liga zu schlagen. Ja, schön zu wissen, fand Jackson Irvine: „Aber noch wichtiger ist es für uns, dass wir uns an das Gefühl gewöhnen, auswärts zu gewinnen. Und, wie in der zweiten Halbzeit, ein Spiel auch mal dreckig gewinnen.“ Irvine erinnerte exemplarisch an eine Szene, in der Hartel in der Nachspielzeit mit letzter Kraft einen Einwurf erkämpfte.
Seit Schultz-Aus: Daschner stellt Veränderungen unter Hürzeler fest
Lukas Daschner stellte hier sogar eine Veränderung im Vergleich zur Gangart unter Hürzelers Vorgänger Timo Schultz fest: „Ich glaube, dass Fabi uns im Training noch mehr das Gefühl vermittelt, jeden Zweikampf gewinnen zu wollen, den letzten Schritt zu machen, das Tor zu verteidigen.“
Aber nochmal zurück zu Irvine und dem dreckigen Sieg. Den Beleg, dass die Kiezkicker das können, haben sie erbracht. Allerdings sind die Ansprüche gestiegen und deswegen soll es am liebsten gar nicht mehr dreckig werden. „Für die zweite Halbzeit müssen wir eine Lösung finden, wie wir nicht so passiv werden“, sagte Daschner und Trainer Hürzeler stimmte zu. Es sei der nächste Schritt in der Entwicklung, volle 90 Minuten am Limit zu spielen. „Die zweite Halbzeit gegen Rostock und auch heute war nicht so, wie wir uns das vorstellen“, sagte er. Ein weiteres Manko: „Wir verteidigen gut, aber nicht immer sehr gut.“
Diethelm Ferner hofft, dass Hürzeler seinen Rekord bricht
Wie gesagt, die Ansprüche sind gestiegen, plötzlich geht’s um Perfektion. Denn mal zur Einordnung der Ereignisse: Sechs Siege am Stück feierte St. Pauli zuletzt vor 46 Jahren. Damals, in der Saison 1976/1977 stieg die Mannschaft von Trainer Diethelm Ferner mit Granden wie Walter Frosch und Franz Gerber erstmalig in die Bundesliga auf. Ein Sieg am kommenden Samstag gegen Fürth, und Hürzeler hat Ferner übertroffen.
„Das ist der Lauf der Zeit“, sagte Ferner, inzwischen 81 Jahre alt, der MOPO, ihn würde es freuen. Sein fröhliches Lachen darf man als Beleg werten.
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Mit Rekorden will sich Hürzeler, der mit seinen 30 Jahren Ferners Enkel sein könnte, indes nicht befassen. Stattdessen prognostiziert er Rückschläge. „Das wichtigste ist, dass wir nichts für selbstverständlich nehmen“, sagte er, denn: „Wir wissen genau, wo wir herkommen.“