• Armin Laschet am 20. Februar 2020 beim TV-Talk von „Maybrit Illner” zu den Morden von Hanau.
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TV-Talk: Laschet erklärt die Rolle der AfD bei den elf Toten von Hanau

Berlin –

Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Reaktionen – auch im Fernsehen.

Das dachte sich offenbar die Redaktion von Maybrit Illner, nachdem der geistig verwirrte Attentäter Tobias R. am Mittwochabend zehn Menschen und sich selbst getötet hat. Mit einer Spezialausgabe meldet sich ZDF-Chef-Talkerin am Abend danach, um den fremdenfeindlichen Terror-Anschlag aufzuarbeiten.

„Anschlag in Hanau: Rechter Terror außer Kontrolle?“ lautete der Titel der Live-Sendung, die in vielerlei Hinsicht anders als üblich verläuft.

Die Gäste

Die Auswahl der Gäste sorgt schon vor Beginn der Sendung für Kritik im Netz, denn politisch ausgeglichen ist die Runde nicht wirklich.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) diskutiert mit der Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im hessischen Landtag Janine Wissler, dem Soziologen und Terrorismus-Forscher Matthias Quent, der mal für eine linke Landtagsabgeordnete gearbeitet hat.

Außerdem im Studio sind die Journalistin Kübra Gümüşay sowie NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU).

Richtigen Streit gibt es da nicht, er ist an diesem Abend offenbar auch nicht gewünscht. Grünen-Politikerin Roth weist kurz vor Schluss sogar auf die große Harmonie hin. „Es ist sehr angenehm, in so einer Runde zu sitzen, wo man nicht dauernd im Schützengraben liegen muss.”

Die Gründe für Hanau

Rechtsextremimus sei viele Jahre lang nicht ernst genug genommen worden, beklagt Linken-Politikerin Janine Wissler. Das müsse sich nun ein für allemal ändern. „Wir müssen auch über institutionellen Rassismus reden“, fordert sie. Diese Debatte dürfe nicht nach wenigen Tagen wieder vorbei sein.

Journalistin Gümüşay glaubt, dass die gesamte deutsche Gesellschaft eine Mitverantwortung für Taten wie die von Hanau trägt. „Die Täter fallen nicht vom Himmel”, sagt sie. „Wir leben in einem Land, in dem struktureller Rassismus besteht. Rassismus ist in Deutschland die Norm.” Er entstehe in der Mitte der Gesellschaft, etwa wenn Menschen, die Schutz vor Kriegen suchten, als „Flüchtlingswelle” bezeichnet würden, oder im Fernsehen die Frage diskutiert werde, ob der Islam zu Deutschland gehöre, so Gümüşay weiter. „Talkshows sind ein Problem”.

Die Rolle der Medien

Soziolge Quent schreibt auch den Medien eine Verantwortung zu. Vor allem mit zwei Springer-Redaktionen geht der Rechtsextremismusexperte hart ins Gericht. Wenn man über Hanau spreche, müsse man auch über Verschwörungstheorien sprechen, etwa über den angeblich bestehenden „Kulturmarxismus”, über den auch auf der Internetseite der „Welt” schwadroniert werde, kritisiert der Wissenschaftler.

Der Bild-Zeitung wirft er vor, Stereotype und Vorurteile zu bedienen, etwa wenn wie bei der Live-Berichterstattung aus der Terror-Nacht über Milieus und mögliche Clankriminele Hintergründe geraunt werde.

Die düstere Prophezeiung

„Die größte Bedrohung für die Gesellschaft ist derzeit der Rechtsterrorimus”, sagt CDU-Vorsitzenden-Aspirant Armin Laschet. Seine Sorge, dass so eine Tat erneut geschehen könne, sei „groß”. Der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens erinnert daran, dass der Anschlag auf die Synagoge von Halle und der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke noch nicht allzu lange her seien.

Es könne wieder passieren, räumt Laschet ein. „Es wird immer einen Irren geben.”

Die Ursache des Übles seien die geistigen Brandstifter, deren Geschäftsmodell auf Hass und Hetze beruhe, sagt Laschet. Wenn Politiker der AfD die Verschwörungstheorie verbreiteten, dass Angela Merkel die „Umvolkung” Deutschlands betreibe, trügen sie auch Verantwortung dafür, wenn psychisch labile Menschen irgendwann glaubten, etwas dagegen unternehmen zu müssen, sagt der CDU-Mann.

Die Lehre für die Zukunft

Die Einigkeit über die Ursachen für den Rechtsextremismus ist an diesem Abend groß. Das gilt allerdings auch für die Ratlosigkeit in Bezug auf die Frage, wie man dem Übel Herr werden kann. Besser auf die eigene Sprache zu achten, lautete eine Idee von Gümüşay. Ein stärkeres Vorgehen der Sicherheitsbehörde gegen Rechte verlangt Wissler.

Claudia Roth startet einen Appell. Sie fordert, dass alle Demokraten ihre Stimme erheben und Artikel I des Grundgesetzes – Die Würde des Menschen ist unantastbar – verteidigen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde”, so die Ex-Vorsitzende der Grünen. „Aber wir alle müssen Verfassungsschützer werden.“

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