Torfestival vor über 10.000 Fans: Kalla feiert kolossalen Abschied von St. Pauli
Dass früher alles besser war, ist eine viel zitierte, aber streitbare These. Früher war alles anders schön ist die vielleicht bessere Variante. Auf jeden Fall war Jan-Philipp Kallas Abschiedsspiel am Samstagnachmittag am Millerntor ein wundervoller und emotionaler Trip in die jüngere Vergangenheit des FC St. Pauli vor großartiger Kulisse. Zahlreiche ehemalige Weggefährten und 10.367 Menschen im Stadion bereiteten „Schnecke“ unter dem Motto „All Kallas are beautiful“ einen letzten sportlichen Höhepunkt, wie er im Bilderbuch steht. Dazu gab es beim 11:6 (4:4) von „Team Alt“ gegen „Team Jung“ noch einen bunten Reigen toller Tore.
„Ich freue mich, dass die Vorbereitung vorbei ist, das Spiel stattgefunden hat und so viele Leute den Weg hierher gefunden haben“, sagte Kalla. Die fünfstellige Kulisse sei „überragend“ gewesen, zumal „Abschiedsspiele heutzutage nicht mehr selbstverständlich sind“. Wobei der große Zuspruch auch dafür spricht, dass weiterhin viele Menschen mit dem Herzen an ihrem Verein hängen und sich gern an vergangene Tage erinnern. „Klar, so geht es mir ja auch“, gestand Kalla. „Ich habe, wenn ich mir Nummern von den ganzen alten Kollegen im Telefon anschaue, auch sofort Bilder im Kopf, was ich mit denen zusammen alles erlebt habe.“
Tolle St. Pauli-Momente für Jan-Philipp Kallas Sohn Leo und Serdal Celebi
Der 25. März 2023 wird künftig bei allen dazugehören. Es gab so viele spezielle, herzerwärmende Momente an diesem Nachmittag, dass es unmöglich ist, sie alle aufzuzählen. Besonders in sich hatten es die letzten Minuten vorm Seitenwechsel. Zunächst wurde Kallas Sohnemann Leo (13) auf Seiten des Team Alt eingewechselt, bekam den Ball, dribbelte sich einmal quer durch die Hälfte des Gegners und ließ mit einem überlegten Abschluss Keeper Robin Himmelmann keine Chance. Die Zuschauer:innen eskalierten, alle Spieler beider Teams begruben Kalla Junior unter einer Jubeltraube, aus der er auf den Schultern von Morike Sako wieder herauskam.
Noch vorm Wiederanstoß wurde Serdal Celebi aus dem Blindenfußball-Team St. Paulis auf Seiten der „Jungen“ eingewechselt mit der Bitte der Stadionsprecherin an die Fans, für kurze Zeit ruhig zu sein, damit Celebi den speziellen Spielball hören konnte. Und klar: Auch er brauchte nicht lange, bis er unter riesigem Jubel sein Tor erzielte.
Die Treffer von Leo und Celebi waren die zum 4:4-Pausenstand. Zunächst waren die Routiniers (mit Kalla Senior) besser reingekommen und durch Max Kruse, Fabian Boll und Timo Schultz mit 3:0 in Führung gegangen, Rouwen Hennings per Elfmeter und Henk Veerman via Doppelpack hatten den „Nachwuchs“ wieder herangebracht. Nach der Pause sorgten weitere Buden von Leo Kalla und Hennings fürs zwischenzeitliche 5:5, ehe der Hauptdarsteller Team Alt in Führung schoss und vom Elfmeterpunkt erhöhte.
Um 17.18 Uhr verließ Jan-Philipp Kalla final den Rasen am Millerntor
Kurz darauf, es war 17.18 Uhr, verließ Kalla unter Standing Ovations der Kollegen und Fans den Platz, „You’ll never walk alone“ und „St. Pauli“-Sprechchören inklusive.
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Sein Spross hatte derweil Gefallen am Knipsen gefunden, schnürte – unterbrochen von Johannes Flums Treffer – noch einen Dreierpack zum Endstand. „Da werden wir noch Redebedarf haben, dass er mir so die Show stiehlt“, scherzte Papa Kalla. „Aber ich freue mich, dass wir einmal zusammen auf dem Platz stehen konnten. Wer weiß, ob das in so einem Rahmen noch mal möglich ist.“
Mit Schlusspfiff kam der große Regen über St. Pauli
Dass es pünktlich mit dem Schlusspfiff und vor den Momenten, als alle Aktiven mit allen Zuschauer:innen noch ausgiebig die Welle zelebrierten, zu schütten begann, störte niemanden. „Man könnte auch sagen: Der Himmel weint“, sagte Kalla. Aber wenn das so war, dann nur aus melancholischen Gründen.
Für Team Alt spielten: Philipp Heerwagen, Mathias Hain, André Trulsen, Florian Lechner, Ian Joy, Fabio Morena, Hauke Brückner, Dennis Daube, Marius Ebbers, Max Kruse, Ralph Gunesch, Timo Schultz, Annie Kingman, Fabian Boll, Jonathan Bourgault, Lina Jubel, Morike Sako, Jan-Philipp Kalla und sein Sohn Leo; Trainer: Andreas Bergmann
Für Team Jung spielten: Korbinian Müller, Robin Himmelmann, Arvid Schenk, Marvin Knoll, Dennis Theissen, Serdal Celebi, Clemens Schoppenhauer, Marc Hornschuh, Bjarne Goldbaek, Johannes Flum, Henk Veerman, Sören Gonther, Rouwen Hennings, Davidson Eden, Marc Pomorin; Trainer: Ewald Lienen