Dachboden überall mit Spielkarten beklebt. Auf dem Boden liegt ein Mann unter König-Karten, neben ihm steht eine Frau in einem Kleid aus Dame-Karten
  • Bild aus der Serie „Syncope“: Für „Cards“ aus dem Jahr 2021 verarbeitete Seb Agnew 25.000 Spielkarten.
  • Foto: Seb Agnew

Ist das echt? Bei diesen Fotos sollten Sie besser zweimal hinsehen!

Nur mal kurz hinsehen reicht nicht. Ginge natürlich, aber man würde was verpassen. Denn je genauer man sich mit Seb Agnews Bildern beschäftigt, desto mehr lässt sich entdecken. Hängen da Nudeln von der Decke? Und sind das Spielkarten, mit denen der Dachboden aus- und das Paar angekleidet sind? In der Fabrik der Künste lässt sich das jetzt nachprüfen.

Bis Ostern zeigt der Hamburger Fotokünstler dort seine Werkschau „Dämmerschlaf“ – Bilder im großen Format, dazu Requisiten, Miniaturkulissen und ein Making-of-Video. Studiert hat Agnew, geboren 1986, Audiovisuelle Medien, „aber ich habe schnell gemerkt, dass mich das Standbild mehr fasziniert“.

Die Debüt-Serie „Grown“ entstand 2016/17 – und sie spiegelt diese eigenartige Leere, die der Frage nach dem „Wann ist man eigentlich erwachsen?“ folgt. Sandspielzeug neben einem Luxusauto, Luftballons, die aus Türrahmen quellen, ein Bobby-Car auf einer mehrspurigen Straße bei Nacht.

Hat was von Kristallpalast anno 1851 in London: der „Victorian Cube“ Seb Agnew
Eine Frau sitzt neben einem gläsernen Springbrunnen in einem Raum aus Eisenträgern im viktorianischen Baustiel
Hat was von Kristallpalast anno 1851 in London: der „Victorian Cube“

Mit der Zeit wurden Agnews Motive komplexer, die Bilderwelten surrealer. Es geht ihm unter anderem um Momente der Orientierungslosigkeit und Momente der Erkenntnis, umgesetzt in den Reihen „Syncope“ und „Epiphany“. Die extrem inszenierten Fotos wirken filmisch, sind aufwendig inszeniert und mal in der eigenen Wohnung, mal bei Familie und Freunden entstanden. Für „Cards“ etwa verarbeitete er 25.000 Spielkarten, der Aufbau dauerte sieben Tage. Das Foto selbst sei dann ganz schnell entstanden, sagt er. „Ich liebe den opulenten Minimalismus.“

Seit 2018 arbeitet er mit Miniaturen. Weniger aufwendig ist das nicht: Agnew konzipiert und baut mittels 3D-Druck, Lasercutting und viel Handarbeit maßstabsgetreue Sets, 50 x 50 x 40 Zentimeter groß, die er anschließend fotografiert – das Model wird später am Computer eingefügt.

„Cubes I“ beschäftigt sich mit dem Alleinsein, in „Cubes II“ – entstanden von 2020 bis Anfang 2023 – geht es „um Geschichte, die sich wiederholt“. Die Serie sei stark krisengeprägt, sagt er. „Was können wir aus der Vergangenheit lernen? Und wie können wir das für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft nutzen?“ Antworten auf diese Fragen gibt es vielleicht schon am Sonntag: Dann führt Seb Agnew durch die Ausstellung.

Fabrik der Künste: bis 9.4., Di-Fr 15-19 Uhr, Sa/So 12-18 Uhr, Eintritt frei, Kreuzbrook 10; Führungen: 26.3. und 2.4., je 15-16.30 Uhr; „,Cubes‘: Von der Idee zum finalen Bild“: 29.3., 19 Uhr

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