Matthäus und Flick
  • Lothar Matthäus ließ kein gutes Haar an der Leistung von Hansi Flicks Team.
  • Foto: WITTERS

Matthäus zerlegt die DFB-Elf: „Das Schlechteste, was ich je gesehen habe!“

Diese peinliche Anfangsphase beim 2:3 gegen Belgien muss den deutschen Fußball-Fans mit Blick auf die Heim-EM 2024 Angst machen! Nicht nur Experte Lothar Matthäus war entsetzt.

Die ersten 30 Minuten der DFB-Elf gefielen dem 62-Jährigen überhaupt nicht. „Was da Deutschland gespielt hat, das war das Schlechteste, was ich eigentlich in meiner langen, langen Laufbahn fast schon gesehen habe“, sagte der Rekord-Nationalspieler bei RTL. „Sie haben sich nicht in den Zweikämpfen gewehrt, sie haben die Belgier spielen lassen. Sie sind verdient 0:2 – und glücklicherweise nur 0:2 – in Rückstand geraten. Und dann sind sie aufgewacht. Es war ein Komplettversagen in den ersten 30 Minuten.“

Matthäus spricht von „Komplettversagen“ 

Laut werden wollte Hansi Flick derweil nicht. Weder in der Kabine mit seinen Spielern, noch hinterher bei der öffentlichen Analyse des unangenehmen und schonungslosen Kölner Abends gegen Belgien und dessen Naturgewalt Romelu Lukaku.

Der Bundestrainer sprach leise und wählte seine Worte offensichtlich mit Bedacht. „Ich glaube nicht, dass ich jetzt hier sage, wir sind superhappy und alles ist wunderbar. Das wäre der falsche Ansatz“, sagte Flick. Auch bei der gleich nach Schlusspfiff des 2:3-Rückschlags noch im Stadion rasch einberufenen Teamsitzung sei alles ruhig und sachlich geblieben, berichtete Flick.

Flick kritisiert Anfangsphase: „Muss einmalig bleiben“

Grundsätzlich mag sich der Bundestrainer den Neustart Richtung Heim-EM nämlich trotz der desaströsen Anfangsphase gegen die Roten Teufel nicht madig machen lassen. „60, 65 Minuten war es ein gutes Spiel“, konstatierte der Bundestrainer. Das klang überraschend und in der Bewertung ein bisschen wie jene WM-Analyse, laut der nur 10 bis 20 schlechte Minuten beim 1:2 gegen Japan das deutschen Vorrunden-Aus in Katar verursacht hätten. Die Augen vor der deutschen Fußball-Realität kann Flick aber nicht mehr verschließen.

Das 2:0 gegen Peru war noch ein wichtiger Aufbauschritt gegen einen schwachen Kontrahenten. Die Messlatte Belgien wurde nun gerissen. „Wir haben einiges noch zu tun. Für uns war klar, dass nicht alles bei hundert Prozent ist“, versicherte der 58-Jährige. Trotzdem betonte Flick, dass sich die katastrophale Anfangsphase, nach der es auch 0:4 hätte stehen können, keinesfalls wiederholen dürfe. „Es muss einmalig bleiben, dass wir solche 25 Minuten gesehen haben“, sagte der Bundestrainer, der deutlich kritisierte: „Wir waren einfach nicht so aggressiv, wie wir uns das vorgenommen haben.“ Die Folge: ein Schock-Start mit zwei frühen Gegentoren von Yannick Carrasco und Lukaku.

„Da waren wir überhaupt nicht da, sowohl körperlich als auch vom Kopf her. Alles, was wir uns vorgenommen haben, haben wir vermissen lassen“, sagte Kapitän Joshua Kimmich, der dem Team auch nicht helfen konnte. „Wichtig war, dass wir ab der 30. Minute eine Reaktion gezeigt haben, trotzdem war es zu wenig“, fügte der Bayern-Profi im ARD-Interview an.

Einwechslungen forcierten Wende im Spiel

Die Wende kam, und das ist Flick anzurechnen, durch die Einwechslung von Emre Can. Der Dortmunder ist der DFB-Wochengewinner. Seine Primärtugend, der Kampf, ist wieder das Kriterium, das der deutschen Mannschaft Sicherheit gibt. „Da waren wir sehr engagiert, mit Leidenschaft“, konstatierte Flick. Die Tore von Niclas Füllkrug (Handelfmeter) und Serge Gnabry zum späten 2:3 hatten einen Krisendämpfungseffekt. Kevin De Bruyne legte dazwischen mit seiner großen Klasse den dritten belgischen Treffer nach.

Flick freute sich über den erstaunlich freundlichen Zuspruch der Kölner Fans. Die taten so, als hätte es kein WM-Aus und keine belgische Lektion gegeben. Der Saison-Schlussspurt in der Bundesliga mit dem Spitzenspiel von Bayern München gegen Borussia Dortmund als erstem großen Reizpunkt am Samstag ist ein weiterer Aspekt, der Flick positiv stimmt.

Der Bundestrainer wird in den kommenden Wochen genau hinschauen müssen, wer ihm helfen kann, wenn es im Juni mit dem 1000. Länderspiel in der DFB-Historie aller Wahrscheinlichkeit nach gegen die Ukraine in Bremen weitergeht.

Flick nimmt viel Positives aus der Länderspielpause mit

Alles in allem gab sich Flick dennoch „zufrieden“ mit dem ersten Lehrgang des Jahres, diesen zehn Tagen inklusive der Spiele gegen Peru (2:0) und Belgien (2:3), weil sie die Mannschaft seiner Ansicht nach einen Schritt weiter gebracht haben. „Solche Spiele tun uns in unserer Entwicklung auch gut“, betonte er: „Mir hat gefallen, dass wir auch neben dem Platz eine gute Energie gespürt haben. Wir müssen die positiven Dinge mitnehmen und an den anderen Sachen arbeiten.“

Seine Personalpolitik mit vielen jungen Akteuren – darunter fünf eingesetzten Neulingen – mache ihn ob „der Erkenntnisse, die wir gewonnen haben“ ebenfalls zufrieden. Mit einer Rückkehr der etablierten Kräfte von Antonio Rüdiger bis Ilkay Gündogan oder Leroy Sané ist dennoch zu rechnen.

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Im Juni kommt es wohl auch zum Kräftemessen mit Robert Lewandowski in Polen – noch so ein Hochkaräter wie Lukaku, der Flick Defizite gnadenlos vor Augen führen kann. Die große Prüfung steht – und das ist gut für Flick – erst im Sommer 2024 mit der Heim-EM an. „Zum Glück haben wir noch ein bisschen Zeit. Heute hat man gemerkt, dass wir noch nicht auf internationalem Top-Niveau sind“, gestand Kapitän Kimmich. (dpa/tie/sid)

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