Viel Hygienekonzept, wenig Ergebnis: Der Corona-Parteitag der Hamburger Linken
Sie haben Plakate aufgehängt und sie haben sich viel vorgenommen. „Mietendeckel drauf“ ist da in großen Lettern in der Harburger Friedrich-Ebert-Halle zu lesen. Oder: „Gegen CO2 hilft HVV“. Es ist der siebte Landesparteitag der Hamburger Linken – und in der Corona-Krise soll es an diesem Wochenende auch um die ganz großen politischen Fragen gehen. Doch am Ende stehen den Delegierten nicht nur die strengen Hygieneregeln für Großversammlungen dieser Art im Weg. Sondern die Linken sich selbst.
Rund 125 Delegierte der fast 1800 mitgliederstarken Hamburger Partei sind gekommen. Idealisten und Reformer, den St. Pauli-Kapuzenpulli-Träger findet man hier ebenso wie den intellektuellen Typ mit Cordhose oder dem Hemd-unter-Pullover-Look. Rentner, Gewerkschaftsmitglieder, Sozialökonomen, auch ein paar Studenten sind dabei. Eigentlich besteht die Partei in Hamburg zu rund 40 Prozent aus unter 35-Jährigen – bei der Delegiertenversammlung am Wochenende ist der Altersdurchschnitt jedoch deutlich höher.
Partei Die Linke in Hamburg: So war der Parteitag
Verschiedene Strömungen ringen um das richtige Maß an Radikalität, mit dem die Ideen umgesetzt werden sollen – mal mehr zielführend, mal weniger. Auch beim Parteitag kommen interne Machtkämpfe zum Vorschein.
Einige Mitglieder der Untergruppe „Liste Links“ lassen sich ihren Auftritt nicht nehmen. Olaf Walther, der als einer der Anführer der Gruppe gilt, nutzt die Bühne, um mit Vorliebe Kurt Tucholsky zu zitieren – und bringt den Ablauf so ins Stocken. Die „Liste Links“, die sich besonders in der Hochschulpolitik engagiert, ist umstritten. Ihr werden sektenähnliche Strukturen nachgesagt. Die Mitglieder bestreiten das. Fest steht: Sie steht am linken Rand und hat in der Partei nicht nur Fans. Rund 50 Mitglieder hat die Untergruppe in Hamburg, im Landesparteitag sind sie jedoch überproportional stark vertreten. Zwischen 10 und 15 Prozent der Delegierten machen sie hier regelmäßig aus.
Der Landesparteitag steht ganz im Zeichen von Corona. Das Hygienekonzept wird strikt durchgesetzt. Zwischen den Delegierten bleiben Plätze leer, alle 90 Minuten wird eine halbstündige Belüftungspause eingelegt, die Mikrofone auf der Bühne werden nach jedem Redner desinfiziert.
Und auch thematisch geht es vor allem um die Pandemie. Linke Politik könnte gerade in diesen Zeiten gehört werden, wenn soziale Ungerechtigkeiten stärker zum Vorschein treten und in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Beim Parteitag wird aber viel Zeit durch Diskussionen um verfahrenstechnische Vorgehensweisen bei Abstimmungen verloren. Der Raum ist nur bis 17 Uhr gebucht, Redezeiten werden gekürzt.
Die Linke in Hamburg: Leitantrag zur Corona-Politik wird verabschiedet
Immerhin wird der Leitantrag zur Corona-Politik der Partei verabschiedet. Die Krise dürfe nicht auf dem Rücken der Armen ausgetragen werden, heißt es in vielen Wortbeiträgen, man müsse wieder raus auf die Straße, mehr Menschen für die linken Ideen mobilisieren. Mietendeckel, höhere Löhne und ein besseres Gesundheitssystem werden gefordert, ebenso wie die Abschaffung der Schuldenbremse und der Rüstungsexporte vom Hamburger Hafen. Andere Anträge werden aus Zeitgründen nicht mehr behandelt und vertagt.
Bei der Wahl der männlichen Landessprecher am Sonntag wird es noch spannend. Einer der drei Kandidaten, Marco Alexander Hosemann, tritt überraschend zurück. Nun kommt es zum Zweikampf zwischen Andreas Grünwald aus dem Bezirk Mitte und Keyvan Taheri aus dem Bezirk Nord. In der Diskussion wird Grünwald als „Hallodri“ bezeichnet, eine Rednerin wirft ihm vor, im September letzten Jahres einer Genossin angedroht zu haben, „handgreiflich zu werden“, wenn sie nicht aufhöre „dazwischenzuquatschen“. „Das ist Quatsch“, sagt Grünwald zur MOPO. Schließlich gewinnt Taheri mit 54,5 Prozent und zeigt sich zufrieden.
Als Landessprecherin kandidiert nur Żaklin Nastić, die auch Abgeordnete im Bundestag ist, und fährt 63,1 Prozent Zustimmung ein.