Käse, Charme und ganz viel Harmonie: König Charles III. begeistert in Berlin
Witz, Charme, Nachdenklichkeit: Mit diesem Mix begeisterte König Charles III. gestern bei seiner Rede im Bundestag – und beschwor mit warmen Worten die deutsch-britischen Beziehungen. Die Charme-Offensive des Monarchen lässt für einen kurzen Moment den Brexit-Trennungsschmerz der vergangenen Jahre vergessen – heute geht es in Hamburg weiter.
Ein elektrisch betriebenes London-Taxi, das durch Berlin fährt, „Dinner for One“ und „Monthy Python“ als Vermittler britischen Humors in Deutschland und die Beatles und Kraftwerk gebe es ja auch noch: Es waren vor allem die Gemeinsamkeiten, die der Monarch in seiner Rede – teils mit Augenzwinkern – betonte. Immer wieder wechselte Charles zwischen Englisch und Deutsch hin und her. Bemüht, die beide Staaten verbindenden Werte zu betonen. Was war nochmal dieser Brexit? Auch den deutschen Beitrag im Ukraine-Krieg würdigte der König, die „militärische Unterstützung“ sei „überaus mutig, wichtig und willkommen.“
Als größte europäische Geber hätten beide Länder „entschlossen reagiert und Entscheidungen getroffen, die früher vielleicht unvorstellbar gewesen wären.“ Trotz der nachdenklichen Worte des Blaublüters war die Stimmung im Bundestag gelöst. Immer wieder gab es Gelächter, vor allem auch, als Charles über die beiderseitigen Beziehungen sagte: „Natürlich gibt es auch Rivalität – ich denke da besonders an die Begegnungen zwischen unseren Fußball-Mannschaften.“
Am Ende schritten der König und Frau Camilla unter stehendem Beifall aus dem Saal. Nur in einer Ecke fiel dieser verhalten aus: Bereits im Vorfeld hatte die Linke den Besuch kritisiert. Die stellvertretende Parteivorsitzende Ates Gürpinar wurde in der „Augsburger Allgemeinen“ deutlich: „Einen König im Bundestag sprechen zu lassen, halte ich für absurd. Erinnern wir uns: Monarchien sind im Grunde Diktaturen mit mehr historischem Lametta.“
Olaf Scholz fehlt bei Staatsbankett für König Charles III.
Begeisterter von der ersten Rede, die ein Monarch überhaupt jemals im Bundestag hielt, wirkte hingegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). War auch höchste Zeit, dass er sich blicken ließ – befand zumindest die britische Presse. Die war nämlich „not amused“, dass der Kanzler beim Staatsbankett am Mittwochabend auf Schloss Bellevue fehlte.
Das Kanzleramt teilte mit, dass es ohnehin unüblich sei, dass Scholz an solchen Banketts teilnehme. Aber: Festgeschrieben ist dies nicht, denn 2015 nahm Angela Merkel auch am Staatsbankett mit Queen Elizabeth II. teil. Bei einem Tête-à-Tête hatten König und Kanzler gestern aber dann ausreichend Zeit zum Beschnuppern – es war ihr erstes Aufeinandertreffen.
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Nach all dem staatstragenden Programm besuchte das Paar neben einem Ankunftszentrum für ukrainische Flüchtlinge einen Bauernmarkt neben dem KaDeWe und ein Ökodorf in Brandenburg, wo der Monarch bei der Käsefertigung selbst Hand anlegte. Schon Stunden vorher warteten vor dem Dorf Menschen mit deutschen oder britischen Fähnchen. Sie – und die anderen Berliner:innen, die dem Monarchen zujubelten, erlebten einen nahbaren und gelösten König. Fazit bisher: Charles‘ Charme-Offensive kommt an – mal sehen, wie es heute in Hamburg weitergeht.