Von Panzermotor bis Kegelbahn: Die skurrilen Geheimnisse dieses Hamburger Hochhauses
Bahrenfeld –
Es ist Altonas bekanntestes Hochhaus: Das Euler-Hermes-Gebäude nahe der Friedensallee in Bahrenfeld, auch „Weißer Riese“ genannt. Das Konstrukt aus den 70ern wird über kurz oder lang abgerissen, das Versicherungsunternehmen zieht noch dieses Jahr in den benachbarten Neubau. Wir haben uns in dem markanten 84 Meter hohen Haus nochmal umgesehen – und einige ungewöhnliche Details entdeckt.
Nr. 1: Zentrale Seifenspenderanlage
In einem Hochhaus dieser Größenordnung gibt es viele Toiletten und dementsprechend viele Seifenspender, die aufgefüllt werden müssten. Nicht so bei Euler-Hermes: Ein zentraler Spender im Keller wird mit 200 Liter Flüssigseife befüllt, und eine Pumpe „schießt“ das Reinigungsmittel mit neun Bar Druck in die 200 Spender auf 22 Stockwerken. Praktisch!
Nr. 2: Panzer-Antrieb als Notstromaggregat
Normalerweise verrichtet dieser Motor seinen Dienst in einem Leopard-Panzer der Bundeswehr oder in Schiffen, im Euler-Hermes-Gebäude jedoch dient er als Notstromaggregat: der 12-Zylinder-Dieselmotor mit mehr als 800 Pferdestärken des Herstellers MTU. Wenn dieser anspringt, saugt er soviel Luft an und erzeugt damit einen so starken Unterdruck, dass man die Tür des Raumes nur noch mit Mühe öffnen kann. Zusammen mit dem benachbarten Batterie-Raum war dieses Notstromaggregat besonders wichtig, um die empfindlichen Computer der 80er-Jahre vor Beschädigungen durch Spannungsabfall zu beschützen.
Nr. 3: Der Akten-Bagger
Rohrpost kennt ja jeder, aber haben Sie schon mal von einem Akten-Bagger gehört? Dabei handelt es sich um ein Transportsystem, mit dem Briefe, Akten und gar Pakete über alle Stockwerke verschickt werden können. 150 Container sind per Kettenantrieb im Stile eines Pater Noster im Hause unterwegs. Die Kettengesamtlänge beträgt dabei etwa 150 Meter. Ein Container braucht zehn Minuten, um alle Stockwerke zu durchlaufen. Gesteuert werden die Kisten mit einem kleinen Reflektor, der in die entsprechende Position für ein Stockwerk gesteckt und von einer Lichtschranke gelesen wird.
Nr. 4: Die Kegelbahn im Keller
Betriebssport ist ein feine Sache. Bei Euler Hermes nahm man das schon damals ernst und baute gleich eine Kegelanlage für die Mitarbeiter ein. Auf zwei Bahnen duellieren sich die Kollegen regelmäßig bei Turnieren und Feiern. Es gibt auch eine eigene Kegelsportgruppe. Die Bahn steht jedem Mitarbeiter zur Verfügung.
Nr. 5: Wabenwand als Leitwarte
Es sieht ein bisschen aus wie der Steuerstand eines Atomkraftwerkes, tatsächlich lassen sich über die so genannte Wabenwand zahlreiche Funktionen des Hauses überwachen, wie die Aufzüge, Sprinkler- und Brandmeldeanlagen oder der Einbruchs-Alarm. Diese Funktionen werden zwar heute kompakter von den Computern erfüllt, die alte Leitwarte ist jedoch noch voll funktionsfähig.