Ex-US-Präsident in Gewahrsam: Das Trump-Spektakel in New York
Ein großes Sicherheitsaufgebot, protestierende Trump-Anhänger, hämische Gegendemonstranten und ein Medienspektakel schon vor dem eigentlichen Auftritt: Donald Trump ist als erster Ex-US-Präsident in der Geschichte vor Gericht erschienen. Und die Welt schaut zu.
Ein historischer Tag in New York: Kurz vor der Verlesung der beispiellosen Anklage gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump in New York haben dessen Anhänger gegen das Verfahren protestiert. Dutzende Unterstützer des Republikaners versammelten sich am Dienstag neben dem Gerichtsgebäude in Manhattan, in dem Trump wenige Stunden später erschien. Er wurde in Gewahrsam genommen.
Es ist das erste Mal in der US-Geschichte, dass sich ein Ex-Präsident in einem Strafverfahren verantworten muss. Wegen befürchteter Ausschreitungen verstärkte New York die Sicherheitsvorkehrungen deutlich, Hunderte Journalisten postierten sich rund um das Gericht, und schon Trumps Ankunft in New York am Tag zuvor war ein großes Medienspektakel.
Trump vor Gericht: Eine Anklage, wie es sie noch nie gab
Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan hatte am Donnerstag die Anklage gegen Trump verkündet. Zur Anklageverlesung muss ein Beschuldigter persönlich erscheinen. Rund 30 Anklagepunkte sollen gegen Trump vorgebracht werden – keiner ist bisher offiziell bekannt. Der Fall ist kompliziert. Kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 2016 ließ Trump Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zahlen. Sie hatte behauptet, sie habe Sex mit ihm gehabt. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist.
Die Zahlung an sich ist nicht illegal. Trump wird Medien zufolge aber wohl vorgeworfen, diese falsch abgerechnet und Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben. Damit könnte er gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen haben. Laut US-Medien werden Trump 34 Straftaten zur Last gelegt, jede wäre mit einer Haftstrafe zu ahnden.
Anklage gegen Trump: Beispiellose Szenen in Manhattan
Für den Termin vor Gericht wurde der einst mächtigste Mann der Welt kurzzeitig in Gewahrsam genommen, damit Fingerabdrücke und Polizeifotos von ihm gemacht werden können. Ob diese Fotos aber wirklich gemacht würden, blieb zunächst offen. Das alles sollte hinter verschlossenen Türen passieren. Bei der Anklageverlesung wird Trump nach Angaben seines Anwalts auf „nicht schuldig“ plädieren. Eine Videoübertragung aus dem Gericht lehnte der zuständige Richter ab.
Trump schrieb etwa zum Zeitpunkt seiner Ankunft am Gerichtsgebäude auf seiner Onlineplattform Truth Social, die Lage sei „surreal“. „Wow, sie werden mich festnehmen. Ich kann nicht glauben, dass das in Amerika passiert.“
Es wird erwartet, dass Trump nach der Anklageverlesung erst das Gericht und dann wohl auch New York wieder verlässt. Ob er womöglich schon am Rande des Gerichtstermines die Möglichkeit nutzen könnte, sich vor dem großen Andrang an Reportern zu äußern, ist zur Stunde noch offen. Auf großer Bühne wollte Trump aber am Dienstagabend Ortszeit (in der deutschen Nacht zu Mittwoch) in seinem Anwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida sprechen. Seine Botschaft dort dürfte die der vergangenen Wochen sein: Trump weist alle Vorwürfe als politisch motivierte „Hexenjagd“ zurück, mit der sein Sieg bei der Präsidentenwahl 2024 verhindert werden solle. Er hatte bereits vor mehreren Monaten angekündigt, für die Wahl erneut anzutreten.
Prozess in New York: Protest für und gegen Trump
Trumps Argumentation verfängt bei seinen hart gesottenen Anhängern. Auch seine Unterstützer vor dem Gerichtsgebäude werteten die Anklage als rein politisch motiviert. Trump sei „vollkommen unschuldig“, sagte eine der Demonstrantinnen. Der Republikaner lege „all die Korruption“ im Land offen. Eine andere Frau sagte, gegen Trump würden „kommunistische Taktiken“ angewandt. „Amerika wird sich das niemals gefallen lassen“, johlte sie. Bei der Demonstration sprach auch die radikale republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene, eine der bekanntesten und wortgewaltigsten Verschwörungstheoretikerinnen im US-Parlament – und glühende Trump-Anhängerin.
Zugleich versammelten sich auch Dutzende Trump-Gegner vor dem Gericht und riefen: „Sperrt ihn ein.“ Beide Seiten waren durch Absperrungen der Polizei getrennt.
Medienspektakel schon bei Trumps Ankunft in New York
Bereits am Montag hatte die Anklageverlesung medial ihre Schatten vorausgeworfen. Trump lebt eigentlich in seinem Luxusanwesen Mar-a-Lago in Florida. Für den Gerichtstermin in New York musste er am Montag rund zweieinhalb Stunden gen Norden fliegen. Die US-Medien inszenierten schon seine Anreise als Spektakel – Fernsehsender übertrugen jede Reiseetappe des 76-Jährigen live. In einem Konvoi aus schwarzen Fahrzeugen fuhr Trump zunächst zum Flughafen in Palm Beach, stieg dort in seine Boeing 757, auf der in großen Buchstaben der Name Trump prangt. Auf dem Flugportal Flight-Radar war der Flug nach New York City zeitweise der meistbeobachtete Flug der Welt.
Ähnlich gestaltete sich die Ankunft in New York. Hubschrauber begleiteten den Konvoi auf seiner Fahrt vom Flughafen LaGuardia zum Trump-Tower in Manhattan an der berühmten Fifth Avenue. Vor dem Wolkenkratzer wurden die Sicherheitsvorkehrungen noch mal deutlich hochgefahren. Einige Trump-Fans lieferten sich Wortgefechte mit Gegnern. Bevor Trump das Hochhaus betrat, winkte er Schaulustigen auf der Straße kurz zu – danach eilte der sonst wenig medienscheue Ex-Präsident ohne Kommentar weiter. Seiner Wut über die Anklage ließ er vielmehr über seinen Twitter-Ersatz Truth Social freien Lauf.
Prozess gegen Trump: Erhöhte Sicherheit in New York
Im Stadtzentrum von New York herrschte wegen des historischen Ereignisses auf manchen Straßenzügen Ausnahmezustand. Schon am Abend vor der Anklageverlesung standen Menschen in Schlangen vor dem Gericht an, um in den Saal zu kommen. Rund um das Gebäude gab es Absperrungen, Medienvertreter aus aller Welt bauten ihre Kameras auf.
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Die Erstürmung des Kapitols in Washington durch aufgebrachte Trump-Anhänger am 6. Januar 2021 ließ manchen New Yorker befürchten, in der liberalen Ostküstenmetropole könnte es ebenfalls zu Chaos und Randale kommen. Der demokratische Bürgermeister Eric Adams warnte Demonstranten vorsorglich davor, gewalttätig zu werden. New York sei kein „Spielplatz für unangebrachte Wut“. US-Präsident Joe Biden gab sich hingegen demonstrativ entspannt. „Ich habe Vertrauen in die New Yorker Polizei“, sagte er auf die Frage, ob er sich Sorgen mache.
Trump hatte schon vor gut zwei Wochen zu Protesten aufgerufen. Das weckte Erinnerungen an die Kapitol-Attacke, bei der seine Anhänger den US-Kongress gestürmt hatten, um Trumps Ablösung durch Biden zu verhindern. Biden hatte die Wahl 2020 gewonnen, doch Trump weigert sich bis heute, seine Niederlage einzugestehen. Die Anklage in New York ist für ihn lästig und könnte für ihn womöglich eines Tages in Haft enden. Zumindest juristisch disqualifiziert ihn eine Anklage oder Verurteilung aber nicht von einer Präsidentschaftskandidatur. (dpa)