Diese neue Stärke macht St. Pauli zum Aufstiegskandidaten
Das A-Wort will beim FC St. Pauli niemand mehr in den Mund nehmen. Wer hundertmal „Aufstieg“ sagt, steigt noch lange nicht auf. Wer noch viermal gewinnt, schafft es vielleicht noch in die Relegation. Taten sind gefragt. Dafür muss ein Sieg im Zweitliga-Topspiel am Samstag bei Spitzenreiter Darmstadt her. Dass dies nicht utopisch erscheint, hat mit einem anderen A-Wort zu tun, das die Kiezkicker jahrelang verfolgte, seit einiger Zeit aber komplett aus dem braun-weißen Wortschatz verschwunden ist. Nicht, weil es auf dem Index steht. Es wird einfach nicht mehr gebraucht. Zum Glück.
Das A-Wort, von dem die Rede ist, lautet Auswärtsschwäche. Wahlweise Auswärtsmisere oder Auswärtsfluch. Dieser hat die Kiezkicker und ihre leidgeprüften mitreisenden Fans viele Spielzeiten lang verfolgt und Auswärtsfahrende zu Stadion-Masochisten gemacht.
Gelingt St. Pauli nach Sieg in Heidenheim der nächste Coup?
Hunderte Kilometer, keine Punkte – das war einmal. Seit Fabian Hürzeler das Trainer-Zepter schwingt, hat sich die chronische Schwäche ins Gegenteil verkehrt: Auswärtsstärke. Fünf der sechs Spiele in fremden Stadien in diesem Jahr haben die „Boys in Brown“ gewonnen – die einzige Niederlage war das 3:4 im Volkspark, natürlich ein Auswärtsspiel, aber kein klassisches.
Tatsache ist – und wer schon ein paar Jahre Fan ist, muss sich wohl immer noch kneifen: Außerhalb Hamburgs ist der FC St. Pauli seit 26 Wochen unbesiegt. Sechs Monate. Ein halbes Jahr. Die letzte Niederlage in einer anderen Stadt setzte es am 5. November 2022, beim 0:1 in Düsseldorf. Es folgte ein 4:4 in Karlsruhe – das letzte Spiel von Trainer Timo Schultz.
Im Jahr 2023 schließt die neue Reiselust der Fans den 90-minütigen Programmpunkt „Punktspiel“ wieder als Höhepunkt mit ein. Wie zuletzt beim gefeierten 1:0-Sieg in Heidenheim, auch ein Samstagabend-Topspiel. Wieder die große Bühne, wieder ein großer Coup?
St. Pauli erwartet mit Darmstadt der „kompletteste Gegner“ der Liga
Hürzeler hat Lust auf die Partie. „Wir wissen, dass wir gut sind, aber auch, dass Darmstadt sehr, sehr gut ist. Deshalb freuen wir uns auf das Spiel“, sagt er. „Es wird eine Herausforderung für uns und ein Messen mit dem Besten.“ Darmstadt sei der „kompletteste Gegner“.
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Die erfolgreiche braun-weiße „Reise-Serie“ soll auch am Böllenfalltor verteidigt und noch wichtiger: die Auswärtsstärke mit in die kommende Saison genommen werden. Nur wer auch in der Fremde regelmäßig punktet, kann aufsteigen. Unabhängig davon, wie das Spiel ausgeht und auf welchem Platz St. Pauli die Saison abschließt: In diesem Jahr haben sich die Kiezkicker eine für den Kampf um die Bundesliga unverzichtbare Qualität neu erarbeitet. Es wurde auch Zeit.