Wegen Corona: So teuer wird St. Paulis Flug zum Spiel in Darmstadt
Mit viel Rückenwind bereitet sich der FC St. Pauli auf das erste Auswärtsspiel nach der Corona-Zwangspause vor – und hebt nach dem 1:0-Heimsieg gegen Nürnberg zum Liga-Neustart regelrecht ab. Wortwörtlich. Die Kiezkicker werden per Charterflieger zum Duell bei Darmstadt 98 reisen und wollen bei den Lilien ihre schwarze Serie beenden.
Wenn nicht jetzt, wann dann? Achtmal ist der FC St. Pauli in seiner 110-jährigen Geschichte am berühmt-berüchtigten Darmstädter Stadion am Böllenfalltor angetreten. Noch nie hat der Kiezklub dort einen Sieg feiern können. Sechs Niederlagen, zwei Unentschieden.
Der letzte Punktgewinn liegt fast 28 Jahre zurück. Am 11. Dezember 1992 entführten die Kiezkicker letztmals einen Punkt aus Darmstadt. Beim 1:1 stand Klaus Thomforde im Tor, Peter Knäbel zog im Mittelfeld die Strippen, an vorderster Front stürmte Leo Manzi – und die meisten Spieler im aktuellen St. Pauli-Kader waren noch gar nicht geboren.
FC St. Pauli hat noch nie in Darmstadt gewonnen
„Ich bin zuversichtlich, dass die Mannschaft mit dem Sieg gegen Nürnberg im Rücken ein gutes Spiel hinlegt“, sagt Sportchef Andreas Bornemann im Gespräch mit der MOPO, „und etwas Zählbares aus dem Bölle mit nach Hause nehmen kann.“
Bölle. Die Kurzform des Stadions am Böllenfalltor. „Die Atmosphäre am Bölle ist schon besonders. Da liegt Bier und Bratwurst in der Luft, echte Fußballstimmung“, sagt Bornemann, der das Spieltagsflair in Darmstadt mag und mit Bedauern anfügt: „Das alles fällt jetzt weg.“
Andreas Bornemann glaubt an Punkte am Böllenfalltor
Die Hölle am Bölle wird schockgefrostet. Geisterstadion statt Hexenkessel. Corona macht es nötig.
Erhöht das St. Paulis Chancen auf den ersten Sieg?
„Ob das ein Vorteil für die Auswärtsmannschaften ist, ist schwer zu sagen“, meint Bornemann. Für ihn sind nicht die Umstände entscheidend, sondern das Geschehen auf dem Rasen.
St. Pauli wegen Corona mit Charter-Flieger
Umständlich ist die Organisation des ersten Auswärtsspiels. Aufgrund des DFL-Konzepts mit den umfangreichen Abstands- und Hygiene-Regeln hat sich St. Pauli gegen die übliche Bahnanreise entschieden, sondern wird am Freitag per Charterflieger anreisen. Die Kosten sollen bei rund 20.000 Euro liegen.
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Landen wird der Flieger am Frankfurt Airport oder dem etwas weiter südlich und näher an Darmstadt gelegenen Klein-Flughafen Frankfurt-Egelsbach. Zwei aus Hamburg leer angefahrene Teambusse werden die Mannschaft ins Hotel bringen.
Bahnanreise von St. Pauli mit mehr Risiken verbunden
Zum Abflug in Hamburg sollen Spieler, Trainer und Betreuer nach dem Abschlusstraining am Freitag an der Kollaustraße und der Tross nach aktuellem Stand individuell anreisen beziehungsweise mit einem Shuttle-Service gebracht werden.
„Eine Anreise per Charterflieger ist unter Berücksichtigung aller Vorgaben die beste Lösung und birgt das geringste Risiko“, erklärt Bornemann. Am Hauptbahnhof wäre zu viel Publikumsverkehr. Zudem ist es schwierig, die Wagons für andere Fahrgäste zu sperren, die nur hindurchgehen wollen, um in einen anderen Wagen zu gelangen. Bei einer Busanreise wiederum säßen die Spieler stundenlang in einem geschlossenen Raum.
Bornemann: Kaum Zusatzbelastung für die Spieler
„Auswärtsreisen sind eine komplexe Aufgabe geworden. Der Aufwand drum herum ist immens“, so Bornemann. Besondere Strapazen für die Spieler sieht der Sportchef dagegen nicht. „Die Zusatzbelastung liegt vor allem im organisatorischen Bereich. Für die Spieler bleibt eine Auswärtsreise zu 80 Prozent beim Alten. Ich glaube nicht, dass das für die Jungs besonders stressig ist, sondern nur ungewohnt.“
Außergewöhnlich wäre ein Sieg in Darmstadt. Sollte am „Bölle“ tatsächlich der erste Dreier der Vereinsgeschichte gelingen – und obendrei der zweite nach der Corona-Pause – dann geriete der Trip zum doppelten Höhenflug.