Hühner in Massentierhaltung
  • Tierschützer kritisieren die Zustände in den Hühnerställen der Lidl-Lieferanten (Symbolbild)
  • Foto: dpa

Skandal bei Lidl: Gefährliche Fäkal-Keime auf Hühnerfleisch gefunden

Neuer Fleischskandal bei Lidl: Bei einer Untersuchung von Hühnerfleisch der Eigenmarke „Metzgerfrisch“ des Discounters sind in 71 Prozent der Proben multiresistente Keime nachgewiesen worden. Zudem wurden auf vielen der Fleischstücke teils gefährliche Krankheitserreger gefunden. Die Albert Schweitzer Stiftung und 15 andere Tierschutzorganisationen fordern Lidl auf, die Standards der Europäischen Masthuhn-Initiative umzusetzen, um die Lebensbedingungen der Hühner zu verbessern.

Bereits im vergangenen Jahr hatten die Tierschützer erschreckende Videoaufnahmen aus mehreren Hühnermastbetrieben von Lidl-Lieferanten veröffentlicht. Nun bringt die Laboruntersuchung, über die der Sender RTL ab heute berichtet, den Discounter erneut in Bedrängnis.

Labor findet Fäkal-Keime auf Lidl-Fleisch

Demnach wurden in 71 Prozent der Proben das Enzym ESBL nachgewiesen, das die auf dem Fleisch gefundenen Bakterien immun gegen mehrere gängige Antibiotika macht. Bei der Mehrzahl der resistenten Bakterien (75 Prozent) handelt es sich um den Fäkalkeim Escherichia coli, der diverse Erkrankungen auslösen kann, zum Beispiel Harnwegs- oder Magen-Darm-Infekte bis hin zu Blutvergiftung (Sepsis).

Außerdem fand das Labor Krankheitserreger wie Enterokokken (25 Prozent der Proben), Campylobacter (18 Prozent der Proben) und Salmonellen (eine Probe). Enterokokken können Harnwegsinfekte, Herzinnenhautentzündungen oder auch Blutvergiftungen verursachen. Campylobacter und Salmonellen sind vor allem verantwortlich für Durchfallerkrankungen.

Die hohe Keimbelastung ist aus Sicht von Tierschutzorganisationen unter anderem auf die Bedingungen in der  Hühnermast des Discounters zurückzuführen, wo die geschwächten Vögel auf engstem Raum und auf mit Exkrementen verdreckten Boden, teils zwischen toten Artgenossen, vor sich hin vegetieren würden.

Untersucht wurden insgesamt 51 Proben von Hühnerfleischprodukten (alle Haltungsform-Stufe 2 „Stallhaltung Plus“). Diese wurden im Januar und Februar 2023 in acht zufällig ausgewählten Lidl-Märkten in ganz Deutschland genommen. Nur sechs Proben waren unauffällig. Die Untersuchung durch ein unabhängiges Labor wurde von der Albert Schweitzer Stiftung in Auftrag gegeben. 

Tierschutzorganisation kritisiert Mast-Bedingungen

„Wie man sieht, bedeuten die Bedingungen in den Ställen der Lidl-Lieferanten nicht nur viel Elend für die Tiere, sondern sind auch gefährlich für uns Menschen. Wir erwarten, dass Lidl das Übel an der Wurzel packt, sich endlich daran macht, die Tierhaltung zu verbessern und der Europäischen Masthuhn-Initiative beitritt. So kann Lidl sowohl Tierleid als auch Gefahren für uns Menschen reduzieren“, erklärte Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung.

Dr. Imke Lührs, Fachärztin für Innere Medizin, ehemalige Sachverständige im Bundestag und Vorstandsmitglied bei Ärzte gegen Massentierhaltung: „Die große Mehrzahl der Proben ist mit für Menschen potenziell gefährlichen Erregern kontaminiert. Der hohe Anteil von antibiotikaresistenten Keimen auf dem Fleisch ist absolut besorgniserregend.“

Rund 10.000 Menschen in Deutschland sterben pro Jahr an multiresistenten Keimen

Mahi Klosterhalfen: „Der Zusammenhang ist klar: Wenn man sehr viele Tiere auf engem Raum hält, die unter schlechten Bedingungen gehalten werden und auch noch überzüchtet sind, dann breiten sich Krankheiten schnell aus. Dann steigt der Antibiotikabedarf. Und durch die Antibiotikagaben entstehen antibiotikaresistente Keime.“

Weltweit sterben jedes Jahr Expertenschätzungen zufolge etwa fünf Millionen Menschen mit und davon 1,27 Millionen an antibiotikaresistenten Bakterien. In Deutschland sind es jährlich 45.700 Todesfälle, die im Zusammenhang mit resistenten Keimen stehen, und weitere 9650, die direkt darauf zurückzuführen sind. (mp)

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