Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt: Länder wollen mehr Geld von Scholz
Die Ausgangslage beim Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt ist 16:1. Denn die Länderchefs sind sich über die Parteigrenzen hinweg einig, dass der Bund mehr Geld geben soll. Auf den Bundeskanzler dürften schwierige Verhandlungen zukommen.
Mit großer Eintracht sind die Regierungschefs der Länder in die Beratungen über die Folgen der steigenden Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern gegangen. Hauptstreitpunkt zwischen dem Bund auf der einen und den Ländern und Kommunen auf der anderen Seite ist die Finanzierung der Unterbringung, Versorgung und Integration der Schutzsuchenden.
Bisher verweist der Bund auf seine bisher geleisteten Beiträge
Der Bund verwies vor Beginn des Flüchtlingsgipfels am Mittwochnachmittag auf seine bereits geleisteten Beiträge in Milliardenhöhe. Die Länder fordern ein System, bei dem die Zahlungen des Bundes automatisch steigen, wenn mehr Menschen ins Land kommen, die versorgt werden müssen.
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Teilergebnisse, die keinen Einstieg in dauerhafte Finanzierungszusagen bedeuten würden, wären „kein Ergebnis“ der Bund-Länder-Runde zur Flüchtlingspolitik, sagte der Vizevorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), in Berlin.
In Vorgesprächen einigten sich die Ministerpräsidenten auf ein gemeinsames Papier für die Gespräche mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und weiteren Vertretern der Bundesregierung.
„Es darf hier kein Feilschen geben bei diesen sensiblen Themen“
Die Länder wollen an einem – bis 2021 aus ihrer Sicht bewährten – Vier-Säulen-Modell festhalten, zu dem vor allem die vollständige Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung für Geflüchtete zählt. Außerdem pochen die Länder auf Zahlung einer monatlichen Pro-Kopf-Pauschale nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und eine Beteiligung des Bundes an den Kosten für Integration sowie für unbegleitete Flüchtlinge.
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Die Ministerpräsidenten wollten sich im Zweifel eher vertagen, als sich auf eine Einmalzahlung einzulassen. „Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder werden bis spätestens November 2023 erneut zusammenkommen, um über die konkrete Umsetzung dieses Modells abschließend zu beraten“, heißt es in ihrem Papier.
Für das laufende Jahr enthält ihr Beschluss die Forderung, die Flüchtlingspauschale um eine Milliarde Euro zu erhöhen, „damit die Länder dabei unterstützt werden, ihre Kommunen zusätzlich zu entlasten und die Digitalisierung der Ausländerbehörden zu finanzieren“. Das solle aber nur Teil einer dauerhaften Lösung sein. „Es darf hier kein dauerhaftes Feilschen geben bei diesen sensiblen Themen“, mahnte Wüst.
Die Antragszahlen sind im vergangenen Jahr stark gestiegen
Konsens zwischen dem Bundeskanzler und den Regierungschefs der Länder sei, dass über die Finanzierungsfragen hinaus grundsätzliche Entscheidungen auf europäischer Ebene anzugehen seien, heißt es im Papier der Ministerpräsidenten weiter. Vorrangig gehe es um die Wahrung der humanitären und rechtlichen Verpflichtungen, die möglichst frühzeitige Erfassung von Zahl und Status der nach Deutschland kommenden Migranten, eine Beschleunigung der Verfahren und Verwaltungsprozesse im Inland, eine angemessene Unterbringung, Betreuung und Integration der Geflüchteten. Ausreisepflichtige Ausländer, die Deutschland nicht freiwillig verlassen, insbesondere Straftäter, sollten konsequent abgeschoben werden.
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Er wolle sich nicht vorstellen, nach der Bund-Länder-Runde ohne Ergebnis auseinanderzugehen, sagte der Vorsitzende der MPK, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Er sei aber kein Freund von Nachtsitzungen. „Nach meinen Erfahrungen ist da noch nie was Vernünftiges rausgekommen.“
In den ersten vier Monaten dieses Jahres hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 101.981 Asylerstanträge entgegengenommen. Das ist eine Zunahme der Antragszahlen um rund 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hauptherkunftsländer waren seit Jahresbeginn Syrien, Afghanistan und die Türkei.
Wüst: Migration muss besser gesteuert werden
Wüst forderte Führung von Scholz. „Der Kanzler muss das Thema jetzt zur Chefsache machen, Verantwortung übernehmen und Führung zeigen“, sagte er nach dem Treffen der Ministerpräsidenten. Es müsse eine dauerhafte, faire und verlässliche Finanzierung der Kosten und auch eine bessere Steuerung der Migration geben. Weil der Bund über die Steuerung des Zuzugs entscheide, müsse er auch die finanzielle Verantwortung für die Folgen tragen.
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Für die Bundesregierung nahmen an dem Flüchtlingsgipfel neben Scholz zu Beginn unter anderem auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) sowie Familienministerin Lisa Paus (Grüne) teil. (mp/dpa)