Reichsbürger Flagge Norden Verfassungsschutz
  • Die schwarz-weiß-rote Reichsflagge des Kaiserreichs ist ein typisches Merkmal der Reichsbürger-Szene.
  • Foto: picture alliance/dpa/Patrick Pleul

Verfassungsschutz warnt: Reichsbürger-Szene im Norden wächst massiv

Rechtsextremistische Bestrebungen bleiben im Fokus des Verfassungsschutzes. Im Norden beobachten die Behörden eine Zunahme politisch motivierter Kriminalität von rechts – so wuchs die Reichsbürgerszene in Schleswig-Holstein 2022 um rund ein Drittel. Der Zulauf hat mehrere Gründe.

Bei rechten politisch motivierten Straftaten haben Verfassungsschützer in Schleswig-Holstein 2022 einen weiteren Anstieg registriert. Deren Zahl stieg im Vorjahresvergleich um 32 Fälle oder 4,8 Prozent auf 699 Taten, wie Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichts sagte. „Dieser erneute Anstieg ist nicht gut.“ Es sei jedoch mehr als jedes zweite Delikt aufgeklärt worden. Bei den Gewaltdelikten in dem Bereich waren es den Angaben zufolge sogar mehr als neun von zehn.

Verfassungsschutzbericht: Mehr Reichsbürger im Norden

Einen Zulauf beobachtete der Verfassungsschutz bei „Reichsbürgern“ und sogenannten Selbstverwaltern im Norden um rund ein Drittel auf 640 Personen. „Der massive Zulauf in dieser Szene hing teilweise mit diffusen Zukunftsängsten zusammen“, sagte die Ministerin. Auslöser seien als existenziell wahrgenommene Krisen wie die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine oder der Klimawandel. „Personen mit einer Affinität zu Verschwörungstheorien haben Anschluss an die Szene bekommen, die genau diese Themen aufgegriffen hat.“

Die Behörden registrieren zudem Siedlungsbestrebungen. Ende Oktober war ein von mutmaßlichen „Reichsbürgern“ errichtetes Camp in Owschlag (Kreis Rendsburg-Eckernförde) geräumt worden. Für die Siedlung gab es keine Baugenehmigung. Sogenannte Selbstverwalter nutzten oftmals eigene Immobilien, luden Gleichgesinnte ein, wie der stellvertretende Leiter des Verfassungsschutzes Wolfgang Klonz sagte. „Dann kann es in Einzelfällen anwachsen.“

Laut Verfassungsschutz ist ein Teil der Szene bereit, Gewalt anzuwenden. Die Verfassungsschützer gehen davon aus, dass die erkennbare Radikalisierung der Szene sich fortsetzen werde. Sie vernetze sich vor allem über Telegramkanäle. Rechtsextremistische Bestrebungen und Netzwerke stehen weiter im Fokus des Verfassungsschutzes. Dazu zählen im Norden aktuell 1220 Personen (plus 1,7 Prozent). Konstant 350 gelten als gewaltorientiert.

Weiterhin Gefährdungslage beim islamistischen Terrorismus

Im Bereich Linksextremisten beobachten Verfassungsschützer, dass für diese weiterhin die Klimabewegung ein bedeutsames Themenfeld ist. „In Schleswig-Holstein trat insbesondere nach der Corona-Pandemie die TurboKlimaKampfGruppe (TKKG) als linksextremistischer Akteur in Erscheinung“, sagte Sütterlin-Waack. Diese widme sich neben Klima- und Umweltfragen verstärkt anderen, linksextremistisch geprägten Aktionsfeldern im Bereich Antifaschismus und Antirepression (gegen staatliche Überwachung und Strafverfolgung). TKKG fungiere als bedeutendste linksextremistische Gruppierung in der ansonsten bürgerlich geprägten Klimabewegung.

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Von einer weiter konstant hohen abstrakten Gefährdungslage gehen Verfassungsschützer im Bereich des islamistischen Terrorismus aus. Von den derzeit insgesamt 868 als islamistisch geltenden Menschen ordnen sie etwa 750 Personen dem Salafismus zu. Eine Zunahme gab es im Bereich der politisch motivierten Straftaten mit dem Stichwort „Ausländische Ideologie“ von 85 auf 92 Taten insgesamt. Schwerpunkte waren der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und das Protestgeschehen im Iran. (mp/dpa)

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