Es kracht auf und hinter der Bühne: Das gibt’s jetzt am Ohnsorg-Theater
Willi Reeder hat’s nicht leicht. In „De Heven schall töven“ wirft den Fleischermeister ein Schlaganfall aus der Bahn – und als er endlich nach Hause zurückkehrt, hat Elli (Rabea Lübbe) schon eine Aushilfe in den Traditionsladen geholt. Asylbewerber Alpha soll seine Tochter künftig bei der Weißwurstherstellung unterstützen? Willi ist fassungslos. Auf der klobigen, stufenartig aufgebauten Ohnsorg-Bühne mit mehreren Spielebenen (Katrin Reimers) geht’s für den Sturkopf um – Schreibfehler beabsichtigt – „Willi*s Wust“.
Nach dem Filmdrehbuch „Wer hat Angst vorm weißen Mann?“ (von Dominique Lorenz) inszenierte Meike Harten die Komödie mit viel Witz, musikalischer Untermalung (Florian Miro) und einem gut aufgelegten Ensemble als munteres Spiel mit Klischees und als Plädoyer für gegenseitigen Respekt und die Überwindung von Vorurteilen und Rassismus.
„De Heven schall töven“: Premiere am Ohnsorg-Theater
Oskar Ketelhut spielt in der humorvoll überzeichneten Gesellschaft den erzkonservativen Metzger als einen Stinkstiefel mit Herz, der selbst nach einem tödlichen Stromschlag nicht zur Ruhe kommt: Um sein Lebenswerk zu retten, mischt er sich noch aus dem Jenseits in den Erbschaftsstreit zwischen Elli und ihrem Bruder (Gernegroß: Cem Lukas Yeginer) ein. Weil aber nur Alpha den Toten hören und sehen kann, muss sich Willi gegen seinen Willen mit ihm verbünden.
Zuschauerinnen und Zuschauern feierten mit großem Applaus neben Publikumsliebling Ketelhut vor allem den wunderbaren Quatis Tarkington, dem es als Alpha gelingt, sich dank der Liebe zu Elli (fabelhaft: Rabea Lübbe) aus der Tyrannei des toten Mannes zu befreien. Eine Freude auch Erkki Hopf. Großartig, wie er in einer Reihe unterschiedlicher Figuren – von der spießigen Kundin bis zum Freund des Verstorbenen – aus bitterernsten gesellschaftlichen Situationen komödiantische Funken schlägt.
Das Premierenpublikum feiert Quatis Tarkington
Themen aufzugreifen, „die eine Gesellschaft im Umbruch bewegen, ohne den Volkstheatercharakter aufzugeben“, nannte Murat Yeginer – der künstlerische Leiter vertrat den erkrankten Intendanten Michael Lang – auf seiner Premierenansprache am Sonntagabend den künstlerischen Spagat, der an der Traditionsbühne die Weichen in Richtung Zukunft stellen soll. Bleibt zu hoffen, dass der interne Streit, der sich vor einigen Wochen an der Frage nach hochdeutschen Sprachanteilen am niederdeutschen Privattheater entzündete, damit bald beigelegt ist.
Ohnsorg Theater: bis 2.7., diverse Uhrzeiten, 29,12-36,96 Euro