Die Klima-Katastrophe ist da – und unsere Parteien versagen immer noch kläglich
Dieser Tage trat in der evangelischen Kirchengemeinde Hamburg Volksdorf der bekannte Wetter- und Klimaexperte Frank Böttcher auf. Sensationelle Neuigkeiten konnte er nicht verkünden, denn die Klimakatastrophe ist längst da. Wir verdrängen sie nur immer wieder. Trotzdem erschreckte Böttcher seine Zuhörer mit seinen Tabellen, Grafiken und Fotos. Zu deutlich und eindeutig zeigte er, dass auch wir in Deutschland und in der industrialisierten westlichen Welt seit Jahren und Jahrzehnten alle Warnungen der Wissenschaft und auch die Zeichen der zunehmenden Wetterextreme ignoriert, dass wir regelrecht skrupellos über unsere Verhältnisse gelebt haben und dass wir es immer noch tun.
Nur noch radikaler Klimaschutz, mit Maßnahmen, die uns was kosten und auch wehtun, könnte für die Zukunft vielleicht das Allerschlimmste verhindern. Wegreden können das nur Querdenker, die AfD und andere Ignoranten.
Hamburger Kirchengemeinde: Wut auf Politiker
Da saß man also in der Hamburger Kirchengemeinde und bekam auf einmal eine unglaubliche Wut auf unsere Politiker: Auf eine Ampel-Regierung, die beim Klimaschutz kläglich versagt, die kaum etwas oder nichts zuwege bringt: Die Grünen mit dem philosophisch-grüblerischen Robert Habeck, der mit einem völlig unausgegorenen Entwurf für ein Gesetz zur klimafreundlichen Erneuerung unserer Heizungen von Anfang an viel Porzellan zerschlug. Der gar nicht erst versuchte, die Menschen, die zweifellos Opfer bringen müssen, mitzunehmen. Der zuließ und sogar beförderte, dass AfD, FDP und „Bild“-Zeitung den Klimaschutz zum Horror-Begriff machten.
Da sind wir gleich bei den Liberalen: Statt Bereitschaft zu zeigen, konstruktiv an Verbesserungen mitzuarbeiten, verweigerte die FDP, dass Habecks Gesetzentwurf wenigstens in den Bundestag eingebracht und dort in den Beratungen im Interesse aller verbessert werden konnte. Nein, um des schieren parteitaktischen Vorteils willen, setzte sich die Kleinstpartei an die Spitze der Blockierer gegen wirksamen Umweltschutz. Nicht zum ersten Mal. Schon beim Aus für den Verbrennermotor und mit ihrem sturen Nein gegen ein Tempolimit spielte und spielt sie dieses schäbige Spiel. Denn die Liberalen meinen erkannt zu haben, dass man inzwischen mit Stimmungsmache gegen Klimaschutz heute und morgen Wähler-Prozente holen könnte. Soll die Welt doch übermorgen untergehen.
Klimaschutz: Wir dürfen keinen Tag mehr verlieren
Und die Kanzlerpartei SPD? Mit diesem Kanzler Olaf Scholz profil- und führungslos wie auch in anderen Fragen. Scholz, der im Wahlkampf als Klimakanzler angetreten war, sah offenkundig tatenlos zu – vielleicht war er auch komplett abgetaucht –, wie Grüne und FDP sich gegenseitig blockierten, beharkten, beschimpften und in der existenziellen Klimafrage zumindest bis heute keinen Schritt vorankamen.
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Auch die oppositionelle CDU ist mit überzeugenden Beiträgen zum Klimaschutz nicht aufgefallen. Triumphgeheul über das Chaos in der Ampel wäre allzu lächerlich, waren doch, wie sich jetzt immer deutlicher herausstellt, die vielen Jahre der Kanzlerschaft von Angela Merkel für Klima und Umwelt total verlorene Jahre.
Der Klimaexperte Böttcher hatte vor seinen Hamburger Zuhörern überzeugend und unwiderlegbar aufgezeigt, dass wir eigentlich keinen Tag mehr verlieren dürfen, soll aus der Klimakatastrophe, die wir schon haben, nicht ein Inferno werden. An diesem Abend in Volksdorf drängte sich geradezu die Frage auf, wieviel Schuld die demokratischen Parteien am beängstigenden Aufstieg der AfD haben. Genaue Anteile wird man schwer ermitteln können. Es sind sicher sehr viele. In jedem Fall aber haben Ampel und Union es nicht anders verdient.