Brigitte Seebacher, Historikerin spricht im Rheinhotel Schulz unweit vom Willy-Brandt-Forum Unkel während der Gedenkfeier zum 30. Todestag von Willy Brandt.
  • Die Historikerin Seebacher (76) beobachtet, dass es in der Politik mittlerweile an großen Reden fehlt. (Archivbild)
  • Foto: picture alliance/dpa | Sascha Ditscher

Kanzler-Witwe rechnet ab: Politiker wie Brandt und Schmidt heute unvorstellbar

Brigitte Seebacher (76) ist Journalistin, Historikerin – und Witwe des Friedensnobelpreisträgers und Kanzlers Willy Brandt. Politiker wie ihren früheren Mann hält sie heutzutage für unvorstellbar.

Männer wie Brandt oder auch Helmut Schmidt könne es nicht mehr geben, erwiderte Seebacher Moderator Giovanni di Lorenzo in der Freitagabend ausgestrahlten Radio-Bremen-Talkshow „3 nach 9”: „In dieser Medienwelt, die wir heute haben, die Sie alle kennen und an der wir alle teilhaben.”

Da gehe es um Leute, „die sich nur noch mitteilen – wie sollen sie es auch anders machen? – entweder durch Fotos oder durch Sprüche oder durch halbe Sätze”. „Damals wurde Politik mit Reden gemacht, die man mehr oder weniger gekonnt vortrug.”

Willy Brandt und Brigitte Seebacher heirateten 1983. Es war seine dritte Ehe. imago/Jürgen Ritter
Willy Brandt und Brigitte Seebacher lächeln sich auf einem schwarzweiß-Foto an.
Willy Brandt und Brigitte Seebacher heirateten 1983. Es war seine dritte Ehe.

Zu Brandt und Schmidt erläuterte Seebacher: „Vor jedem SPD-Parteitag haben die ein Wochenende, also das Wochenende davor, von allen Terminen freigeschaufelt, an den Reden gearbeitet und die dann ausgetauscht. Und dann haben die sich wechselseitig Sätze abgerungen oder abgehandelt – wie Sie wollen. Das ist wie von einem anderen Stern, wenn Sie das heute betrachten.”

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In diesen Reden sei auch die ganze Welt in den Blick genommen worden, betonte Seebacher. Man müsse hinzufügen, dass die Generation von Schmidt (1918–2015) und Brandt (1913–1992) dem Tod mehrfach unmittelbar ins Auge geguckt habe – in der Emigration, im Krieg. Dass heute keiner mehr Hunger gelitten habe bei uns, das könne man natürlich niemandem zum Vorwurf machen, sagte Seebacher. „Aber wer nur im Wohlstand groß wird, der tickt halt anders.” (dpa/mp)

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