Dubiosen Millionen-Deal aufgedeckt: MOPO-Redakteurin erhält Wächterpreis
Die Jury betonte noch einmal ihren Mut, lobte ihre Hartnäckigkeit: Für ihre Recherchen zu Filz-Vorwürfen gegen Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) ist MOPO-Redakteurin Nina Gessner mit einem der wichtigsten deutschen Journalistenpreise ausgezeichnet worden. Am Dienstagabend wurde ihr der Wächterpreis der Tagespresse im Frankfurter Römer überreicht. Festredner: der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff (CDU).
Frankfurts Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) eröffnete die Festveranstaltung im altehrwürdigen Kaisersaal des Römers mit einer Rede, in der sie die Bedeutung einer freien und unabhängigen Presse für eine funktionierende Demokratie betonte. Der seit 1969 jährlich verliehene Wächterpreis zeichne „Journalisten, die für die Wahrheit kämpfen und nicht aufgeben, aus”, so Eskandari-Grünberg.
Ex-Bundespräsident Christian Wulff lobt Berichterstattung zu Filz-Verdacht
Auch Ex-Bundespräsident Christian Wulff lobte die drei Preisträger Joachim Frank vom „Kölner Stadt-Anzeiger” (1. Preis), Gunther Held von der „Neuen Westfälischen” (2. Preis) und Nina Gessner von der „Hamburger Morgenpost” (3. Preis) als „ausgezeichnete Journalisten” für ihr „Rückgrat und ihren Charakter”. Die drei Preisträger hätten mit ihrer Berichterstattung zum Kölner Missbrauchsskandal, zu einem erbitterten Sorgerechtsstreit und zu einem Filz-Verdacht in Hamburg „Geduld, Mut und Furchtlosigkeit bewiesen”.
Dass ausgerechnet Wulff, der 2012 nach einer Affäre um eine mögliche Vorteilsnahme von seinem Amt als Bundespräsident zurücktreten musste, die Laudatio zur Aufdeckung eines Filz-Verdachts durch die „Hamburger Morgenpost” hielt, ließ der CDU-Politiker nicht unkommentiert. Er habe ja selbst einiges erlebt – daher sei es durchaus mutig gewesen, ihm die Festrede zu überlassen, witzelte Wulff vor den geladenen Journalisten und Politikern.
Wulff ließ die Gelegenheit nicht aus, darauf hinzuweisen, dass sich der damals von den Medien verbreitete Verdacht gegen ihn selbst nie erhärten ließ. Dennoch hob er die Rolle der Presse als vierte Gewalt im Staat hervor, „ohne die viele Skandale in diesem Land verborgen bleiben würden”.
Nach Bericht: Hamburgs Finanzsenator rudert zurück
Auch die von Jury prämierte MOPO-Berichterstattung zur dubiosen Vergabe eines Millionenauftrags an den Hamburger Unternehmer Nico Lumma hatte einen Politiker stark unter Druck gesetzt: Redakteurin Nina Gessner hatte in einer im Winter 2021/22 erschienen Artikel-Serie nachgewiesen, dass Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) den Versuch unternommen hatte, eine eigentlich gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Ausschreibung zu umgehen, um den neun Millionen schweren Auftrag zur Förderung von Startups an seinen Parteifreund Lumma zu vergeben.
„Nina Gessner hat nachgewiesen, dass die ausschreibungslose Vergabe nicht gerechtfertigt war. Auch die EU-Kommission kam nach einer Prüfung zu diesem Ergebnis. Am Ende musste der Finanzsenator die Vergabe zurückziehen”, erklärte Moritz Döbler, Vorsitzender der unabhängigen Jury im Kaisersaal, in dem die drei Preisträger die Urkunden überreicht bekamen.
Für Nina Gessner ist es bereits der zweite Journalistenpreis: Im Jahr 2021 hatte sie den 2. Preis des Deutschen Lokaljournalistenpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung für eine Serie über jüdisches Leben in Hamburg erhalten.