Studie: Prostitutionsgesetze sollten schützen – und haben das Gegenteil bewirkt
Die Gesetzgebung zur Prostitution in Deutschland ist laut einer neuen Studie verfassungswidrig und hat zu mehr Menschenhandel und organisierter Kriminalität geführt. Dem Gesetzgeber geben die Autoren eine klare Empfehlung mit auf den Weg.
Die geltenden Regelungen würden gegen Grund- und Menschenrechte verstoßen, sagte Elke Mack, Professorin für Sozialwissenschaft an der Universität Erfurt und Mit-Initiatorin der Studie, bei der Präsentation der Ergebnisse am Montag am Deutschen Institut für angewandte Kriminalitätsanalyse in München.
Verfassungsrechtler: „Wir brauchen eine ganz neue Herangehensweise“
Seit Einführung des Prostitutionsgesetzes 2002 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr sittenwidrig, sondern gilt als normales Gewerbe. Die damalige rot-grüne Koalition wollte mit dem neuen Gesetz die rechtliche und soziale Lage der Prostituierten verbessern – aus Sicht der neuen Studie passierte das Gegenteil. Statt die Opfer zu schützen, sei die Stellung der Bordellbetreiber, der Sexindustrie und der Freier gestärkt worden, so das Fazit der Autoren.
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Bei der Gesetzgebung sei vor allem die Menschenwürde nicht ausreichend beachtet worden, sagte Verfassungsrechtler Ulrich Rommelfanger. Er und seine Co-Autoren fordern eine Totalrevision, also eine grundlegende Neufassung des Gesetzes. „Es reicht nicht, noch ein Gesetz nachzuschieben, wie man das mit dem Prostituiertenschutzgesetz gemacht hat.“
Das 2017 verabschiedete Gesetz beinhaltet vor allem gewerberechtliche Vorgaben: Bordelle benötigen seitdem eine Betriebserlaubnis, Prostituierte sind verpflichtet, ihre Tätigkeit anzumelden und regelmäßig zur Gesundheitsberatung zu gehen. „Wir brauchen eine neue Regelung, eine ganz neue Herangehensweise“, so Rommelfanger.
Die Autoren der Studie befürworten das „Nordische Modell“
Frauenrechtlerinnen fordern seit Jahren ein „Sexkaufverbot“ in Deutschland. Auch die Autoren der neuen Studie sprechen sich für dieses sogenannte „Nordische Modell“ aus, das bereits in Schweden, Norwegen und Frankreich gilt und wonach nur die Person, die für Sex Geld bezahlt, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird. „Beim Sexkaufverbot werden Täter bestraft, ohne dass die Opfer stigmatisiert werden“, erklärte Mack. Der Fokus müsse außerdem auf Prävention und einer Ausstiegshilfe für Prostituierte liegen.
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Für die Studie wurden Interviews mit Experten aus der Justiz, Medizin, sozialer Arbeit, aber auch mit Prostituierten und Freiern geführt und ausgewertet. Nach Angabe der Autoren ist es die erste umfassende rechtliche, rechtsethische und verfassungsrechtliche Überprüfung der bestehenden Prostitutionsgesetze in Deutschland. Das Buch ist am Montag im Nomos Verlag erschienen. (mp/dpa)