Nach dem Tod eines Top-Talents: Formel 1 diskutiert über Rennstrecke in Spa
Max Verstappen wählte seine Worte mit Bedacht, der Tod seines jungen Landsmanns Dilano van’t Hoff traf den Formel-1-Weltmeister sichtlich. „Das ist unglaublich traurig“, sagte der Niederländer, „ich kannte ihn nicht persönlich, aber er war ein aufstrebender Rennfahrer, der die gleichen Träume hatte wie wir, als wir in seinem Alter waren.“
Beim „Verfolgen seines Traums“, wie es Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali in seiner Beileidsbekundung ausdrückte, wurde das Leben des 18-jährigen van’t Hoff am Samstag ausgelöscht. Bei einer Massenkarambolage in der letzten Runde eines Rennens der Nachwuchsserie Formula Regional European Championship, bei starkem Regen und auf einer der anspruchsvollsten Rennstrecken der Welt.
Erneute Tragödie auf der Kemmel-Geraden in Spa
Die Tragödie ereignete sich in Spa-Francorchamps. Wie bei Anthoine Hubert am 31. August 2019. Wieder geschah es auf der Kemmel-Geraden nach der berühmt-berüchtigten und bisweilen glorifizierten Kurvenkombination Eau Rouge und Raidillon. Und: Sowohl Hubert als auch van’t Hoff hatten keine Chance.
Die Formel-1-Welt reagierte am Rande des Großen Preises von Österreich schockiert bis alarmiert. Die für ihre Hochgeschwindigkeit und Höchstschwierigkeit bekannte Passage in Spa müsse „überdacht und verändert werden“, forderte Aston-Martin-Pilot Lance Stroll, „denn wir haben innerhalb von vier, fünf Jahren zwei junge Talente verloren“.
Selbst wenn es auf dem Ardennenkurs trocken sei und jemand sein Auto verliere, „ist es eine blinde Kurve, du schlägst in die Mauer ein und kommst zurück in die Mitte der Strecke“. Wenn dann ein Rennwagen mit hoher Geschwindigkeit auf ein stehendes Fahrzeug treffe, erklärte Stroll unverblümt, „dann bist du erledigt“.
Huberts Unfall ereignete sich im Trockenen, van’t Hoffs bei Nässe. Beim Franzosen Hubert geschah es in der zweiten Runde, beim Niederländer nach einem Safety-Car-Restart. Jeweils wenn viele Rennwagen dicht beieinander liegen. Ein spezifisches Spa-Problem also?
„Es ist einfach, die Schuld auf die Strecke zu schieben“
Verstappen teilte Strolls resolute Sicht nur bedingt. „Es ist einfach, die Schuld auf die Strecke zu schieben, aber man muss auch bedenken, wie nass es war und solche Dinge“, sagte der Weltmeister. Allerdings gebe es „definitiv Sachen, die wir uns ansehen müssen, was wir besser machen können“.
Auch Routinier Fernando Alonso machte als Hauptursache nicht die Streckencharakteristik in Spa aus, wo die Sicherheitsvorkehrungen permanent hinterfragt werden. Für den Ex-Weltmeister geht das wesentliche Risiko im modernen Motorsport von schlechten Sichtverhältnissen bei Nässe aus. Aufgrund der Bauweise der modernen Einsitzer sei die Sicht „so schlecht, dass wir auf bestimmten Strecken nicht mit bestimmten Geschwindigkeiten fahren können“, erklärte der Spanier.
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Also keine Rennen mehr bei starkem Regen? Diese sind bei vielen Fans wegen ihrer Unvorhersehbarkeit allerdings sehr beliebt. Das Thema ist in jedem Fall nicht aus der Welt: Am letzten Juli-Wochenende macht die Formel 1 in Spa Station. Die Räder drehen sich schnell wieder, auch in Belgien, wo nach dem Tod von Dilano van’t Hoff das 24-Stunden-Rennen nach einer Schweigeminute gestartet wurde, als auch in Österreich. (sid/lmm)