„Sie war aufrecht, offen, immer geradeaus“: Heide Simonis ist tot
Sie hat als erste Frau ein Bundesland regiert. Zuletzt lebte Heide Simonis zurückgezogen in Kiel. Jetzt ist die SPD-Politikerin zu Hause gestorben.
Heide Simonis starb nach Angaben der SPD-Landesvorsitzenden Serpil Midyatli am Mittwochmorgen wenige Tage nach ihrem 80. Geburtstag zu Hause in Kiel. „Ich trauere um eine große Politikerin und um eine leidenschaftliche Schleswig-Holsteinerin
“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). „Als Politikerin hat sie nie ein Blatt vor den Mund genommen, war aufrecht, offen und immer geradeaus. Dafür wurde sie von so vielen Menschen gemocht.“
Schleswig-Holstein: Trauer um Heide Simonis (†80)
„Mit Heide Simonis verliert die Sozialdemokratie eine bedeutende Persönlichkeit, die Geschichte geschrieben hat“, erklärten die SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil. Die frühere schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin sei für viele in der SPD und in ihrem Bundesland Vorbild und Mutmacherin gewesen. Sie habe tiefe Spuren nicht nur in Schleswig-Holstein hinterlassen.
„Mit Heide Simonis ist die allererste Ministerpräsidentin in Deutschland gestorben – und wir zollen ihr Respekt für ihr Lebenswerk und Dankbarkeit für ihre Rolle als Vorreiterin“, teilte die Landesvorsitzende der Grünen in Schleswig-Holstein Anke Erdmann mit. „Für mich war es – wie für viele andere Frauen auch – eine Ermutigung, dass mit Heide Simonis erstmals eine Ministerpräsidentin gewählt wurde.“ Mit Ihrer forschen und beherzten Art habe sie vieles und viele bewegt und beeindruckt. „Sie war politisch durchsetzungsstark und als Mensch greifbar. Heide Simonis, wir Grünen ins Schleswig-Holstein ziehen unseren Hut und sagen Danke!“
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Heide Simonis war am 19. Mai 1993 erste Ministerpräsidentin eines deutschen Bundeslandes geworden. Sie löste Björn Engholm (SPD) ab, der an den Spätfolgen des Barschel-Skandals von 1987 gescheitert war. Engholm würdigte sie gegenüber den „Lübecker Nachrichten“ als eine der „herausragendsten Frauen in der deutschen Politik der Nachkriegszeit“. „Sie besaß fachliche Kompetenz, einen unglaublichen Witz und ungeheure Sprachgewalt“, sagte der 83-Jährige weiter.
Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich am Abend auf Twitter. „Mit ihrer durchsetzungsstarken Art überzeugte sie schon als junge Bundestagsabgeordnete – auch mich“, schrieb der SPD-Politiker. „Als erste Ministerpräsidentin eines Bundeslandes hat sie Schleswig-Holstein stark geprägt.“ Auch Wolfgang Kubicki, der für die FDP in Schleswig-Holstein im Bundestag sitzt, äußerte sich: „Mit Heide Simonid ist eine starke Persönlichkeit, eine große Ministerpräsidentin, eine außerordentliche Sozialdemokratin und eine Freundin von uns gegangen“, sagte der FDP-Politiker.
Zunächst führte Heide Simonis eine SPD-Alleinregierung, von 1996 bis 2005 dann eine rot-grüne Koalition. Ihre politische Karriere endete spektakulär: Bei der Ministerpräsidentenwahl am 17. März 2005 verweigerte ihr ein Abweichler in vier Durchgängen die Stimme; daran scheiterte ihre Wiederwahl im Landtag. Simonis wollte damals nach einer knapp ausgegangenen Landtagswahl mit einer rot-grünen Minderheitsregierung weiterregieren – unterstützt vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein.
Heide Simonis: Sie übernahm das Amt von Uwe Barschel
Nachdem dies scheiterte, übernahm der damalige CDU-Landesvorsitzende Peter Harry Carstensen an der Spitze einer großen Koalition mit der SPD das Ruder in Kiel. 2014 verlieh der damalige Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) Simonis die Ehrenbürgerwürde des Landes. Sie war seit 1967 mit dem Umweltexperten Udo Simonis verheiratet. Ihre Ehe blieb kinderlos. (dpa/fbo)