• Jordan Beyer ist bis zum Saisonende von Borussia Mönchengladbach ausgeliehen.
  • Foto: WITTERS

Jordan Beyer im Interview: Beim HSV ist der Druck größer als in Gladbach

Er hat seinen Platz im Team sicher. Jordan Beyer ist beim HSV gesetzt, das bleibt auch vor dem morgigen Gipfeltreffen mit Bielefeld so. Der Gladbacher, der im Winter auf Leihbasis nach Hamburg kam, hat die Erwartungen in ihn trotz kleiner Wackler bislang übertroffen. Und das soll was heißen – denn im Gespräch mit der MOPO verrät der 20-Jährige, wie groß der Druck beim HSV in seiner Wahrnehmung ist.

MOPO: Herr Beyer, Hand aufs Herz – wie genau haben Sie es in dieser Woche mit den Corona-Regeln genommen? Eigentlich sollen Bundesliga-Profis zurzeit ja möglichst nur zwischen Trainingsplatz und Wohnung pendeln.

Jordan Beyer: Sehr genau. Aber unterm Strich sind auch wir Menschen und müssen ja das ein oder andere erledigen.

Das heißt?

Meine sozialen Kontakte habe ich fast komplett eingeschränkt. Aber ich gehe noch einkaufen, achte aber selbstverständlich auf die hygienischen Vorschriften. Und um den Kopf frei zu kriegen, fahre ich ab und zu Fahrrad oder gehe mal spazieren.

Sie hatten in dieser Woche auch Geburtstag. Inwiefern war eine Feier möglich?

Es war natürlich alles etwas anders. Ich hatte aber das Glück, dass meine Freundin bei mir war. Wir haben gegrillt und den Tag so gut es ging genossen. Ich kann trotz allem sagen: Es war ein schöner Geburtstag.

Mit 20 Jahren in fremder Stadt: So erlebte Beyer die Corona-Zeit

Mit nun 20 Jahren leben Sie seit der Winterpause in einer vorher für Sie fremden Stadt. Hat das die Corona-Zeit für Sie noch etwas schwerer gemacht?

Ich bin dem HSV sehr dankbar, dass ich in der Corona-Anfangszeit drei Wochen lang nach Hause an den Niederrhein fahren durfte und dort in Quarantäne war. Drei Wochen lang ganz allein in der Wohnung in Hamburg, das wäre nicht so cool gewesen. So aber war es erträglich.

Viele Fans hoffen, dass die Corona-Krise nicht zuletzt viele Vereine wieder zur Vernunft bringt und die Branche sich gesundschrumpft. Können Sie diese Denke nachvollziehen?

In gewisser Weise schon. Wenn für Spieler Ablösesummen von 100 oder 200 Millionen bezahlt werden, sind das irre hohe Summen. Aber es ist ja Sache der Klubs, vernünftig zu haushalten. Ob künftig jeder Verein darauf achten wird, sei mal dahingestellt. Ich bin gespannt, ob sich die Branche jetzt grundlegend verändern wird.

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Deutlich spürbar sind die Unterschiede in den Stadien. Gegen Bielefeld steht nun das zweite Geisterspiel der Saison an. Wie empfinden Sie die neue, veränderte Atmosphäre?

Für mich steht vor allem fest: Es gibt keinen klaren Heimvorteil mehr. Klar, wenn wir im Volkspark in die Kabinen gehen, ist es unser gewohnter Ort. Aber kein Verein hat Fans im Stadion. Wir nicht, der Gegner nicht. Alles ist auf fast null runtergeschraubt. Aber es bleibt trotz Corona dabei: Das Spiel Fußball ist immer noch Fußball. Wer das besser macht, gewinnt die Spiele.

Haben sich Ihre Abläufe vor den Spielen auch verändert?

Nein. Vor dem Spiel höre ich weiterhin Hip-Hop, das pusht mich. Und meine Rituale bleiben auch. Ich ziehe mir alles immer zuerst rechts an: Stutzen, Schienbeinschoner, Schuhe. Dann links. Das war’s, dann kann es losgehen.

Beyer: „Ich bin Perfektionist, das macht es schwerer“

Ihr Trainer Dieter Hecking vertritt die Ansicht, Sie würden sich zu häufig zu sehr unter Druck setzen – und daran dann mitunter verkrampfen.

Damit hat er schon Recht. Ich bin leider Perfektionist, das macht es schwerer (lacht). Manchmal stehe ich mir vielleicht selbst im Weg. Und wenn ich dann eine Flanke verziehe, werde ich sauer. Aber ich weiß, was ich dagegen tun kann, hole mir auch Tipps. Es ist schon deutlich besser geworden. Und ich bin mir sicher: Das ist vor allem eine Frage des Alters und der Routine.

Jordan Beyer steigt höher als Fürths Branimir Hrgota.

Jordan Beyer steigt höher als Fürths Branimir Hrgota.

Foto:

Preiss/Witters/Pool/Witters

In Fürth liefen Sie plötzlich in der Abwehrmitte auf, das könnte auch gegen Bielefeld so bleiben. Entsteht dadurch ein noch größerer Druck?

Nein, überhaupt nicht. Ich weiß, dass ich dort spielen kann. Und der Druck beim HSV ist eh immer recht groß. Da macht es keinen Unterschied, ob ich hinten rechts oder in der Mitte spiele.

Beyer: Druck beim HSV größer als in Mönchengladbach

Ist der Druck größer, als Sie es aus Mönchengladbach gewohnt waren?

Ja, schon. Borussia ist auch ein großer Klub, aber hier beim HSV ist medial alles deutlich aufgeregter. Gefühlt müssen wir um jeden Preis aufsteigen, die Fans sehnen sich danach. Verlierst du einmal, wird in den Medien und dem Umfeld sofort diskutiert. Da ist es in Gladbach ruhiger. Dazu kommt, dass ich hier regelmäßig spiele und dadurch natürlich stärker im Fokus stehe.

Man könnte es positiv sehen: Sie stählen sich gerade für Ihre Karriere.

So ist es. Deshalb hat sich die Leihe zum HSV auch jetzt schon total gelohnt.

Und wie geht es nach dieser Saison weiter? Aus Gladbach hieß es bislang immer, Sie müssten definitiv zurückkommen.

Das ist auch mein Kenntnisstand.

Und wenn der HSV versucht, Sie doch zu halten?

Wie es dann nach meiner Rückkehr nach Gladbach weitergeht, weiß ja niemand. Im Fußball ist alles möglich. Aber es bringt nichts, jetzt darüber zu spekulieren. Mein Ziel steht: Ich möchte mit dem HSV aufsteigen. Und dann sehen wir weiter.

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