Reifenwechsel: Wer Radmuttern nicht prüft, haftet mit
Nebel, Frost und Kühlschrank-Temperaturen – der Winter naht und wir sind mittendrin in der Reifenwechselsaison. Wer nicht selbst Hand anlegt, fährt in die Werkstatt des Vertrauens und lässt fachgerecht Sommer- gegen Winterreifen tauschen. Doch Vorsicht: Das entbindet den Fahrzeughalter nicht davon, nach etwa 50 Kilometern den Sitz der Radmuttern zu prüfen und gegebenenfalls nachzuziehen. Versäumt er dies und es kommt deswegen zu einem Unfall, haftet der Autofahrer mit.
Oftmals sitzt der Teufel im Detail. In diesem Fall waren es die Schrauben, die zu locker saßen. Noch präziser, die Radmuttern. Aber der Reihe nach. Ein Mercedes-Fahrer ließ in einer Werkstatt Sommerreifen aufziehen. Er war seit der Abholung nach eigenen Angaben etwa 100 km gefahren, als es auf der Autobahn zu einem Unfall kam. Das linke Hinterrad hatte sich gelöst und der Wagen wurde erheblich beschädigt. Der Halter forderte Schadenersatz, weil die Werkstatt seiner Ansicht nach den Reifenwechsel nicht fachgerecht durchgeführt hatte. Insbesondere wurden die Radschrauben unsachgemäß angezogen. Nur so konnte sich das linke Hinterrad lösen und damit den Unfall verursachen. Die Werkstatt bestritt jedoch einen Montagefehler. Zudem wurde der Kunde schriftlich und mündlich deutlich darauf hingewiesen, dass er die Radmuttern nach 50 km überprüfen muss, argumentierte der Kfz-Betrieb. Hätte er diese Pflicht erfüllt, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen.
Die Sache ging schließlich vor Gericht. Der Fahrzeughalter klagte vor dem LG München II (Az.: 10 O 3894/17). In dem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden die Richter, dass die Werkstatt zwar grundsätzlich haften muss, wenn nicht ordnungsgemäß gearbeitet wurde. Gleichwohl wiesen sie dem Mercedes-Fahrer eine Mitschuld von 30 Prozent zu. Nach Ansicht der Richter muss auch berücksichtigt werden, dass der Kunde durch einen Aufdruck auf der Rechnung, einen Aushang in den Büroräumen und eine mündliche Nachfrage mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass er die Radmuttern nach 50 km prüfen muss. Dies hatte er ab nicht getan. Hätte sich der Mercedes-Fahrer darangehalten, wäre der Unfall sonst vermutlich verhindert worden. Das Gericht wog die Verschuldensanteile gegeneinander ab und kam zum Schluss, dass die Werkstatt zum überwiegenden Teil haftet. Denn der Kunde einer Fachwerkstatt darf erwarten, dass mit höchster Sorgfalt gearbeitet wird. Das war hier offensichtlich nicht der Fall. Die Pflicht des Kunden zur Überprüfung der Radmuttern wiegt jedoch ebenso – allerdings deutlich geringer. Die Richter hielten eine Haftungsverteilung von 70 zu 30 für angemessen, der Mercedes-Fahrer bekam 70 Prozent seines Schadens ersetzt.