Öltanker „Yannis P.“ havariert vor Rügen: Sorgen an der Ostseeküste
Der brennende Autofrachter „Fremantle Highway“ liegt gerade im sicheren Hafen Eemshaven, da gibt es eine Meldung von der Ostsee, die besonders auf Rügen Sorgen machen muss. Nun möchte ich wirklich keine Panik verbreiten. Auch große Tanker haben mal Maschinenprobleme und müssen notankern. Vor Helgoland kommt das häufiger vor.
Was die Havarie der „Yannis P.“ besonders macht, ist die Dimension des Schiffs, seine Lage, seine Ladung und auch ein schwerer Sommersturm, der in dieser Woche über den Norden zog. Im letzten Punkt gibt es Entwarnung: Die Ankerketten hielten Wind und Wellen während des Sturmtiefs „Zacharias“ stand.
Maschinenproblem: Öltanker ist vor Rügen liegengeblieben
Doch der 274 Meter lange und fast 50 Meter breite Tanker liegt seit dem 31. Juli nördlich von Rügen. Gar nicht so weit vor dem Leuchtturm von Kap Arkona, nicht mal zehn Seemeilen entfernt. Die Reederei hat einen starken Hochseeschlepper aus den Niederlanden bestellt, die „MSC Dragon“, dessen Besatzung aufpasst. In der Nähe wachen auch die Crews des Schleppers „Bremen Fighter“ und des Mehrzweckschiffs „Arkona“. Die Hilfsdiesel des Tankers laufen, nachts ist das Schiff als Ankerlieger beleuchtet. So weit die Sicherheitsmaßnahmen.
Ich habe beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSV) nachgefragt, wie viel Rohöl genau an Bord ist. Exakt 96.563,211 Tonnen, wie eine Sprecherin der Behörde bestätigt. Das sind mehr als 96,5 Millionen Liter Rohöl. Das Öl stammt aus Russland und soll nach Indien, was die Sanktionen gegen den Terrorstaat unterläuft.
Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.
Alle aktuellen Folgen dieser Kolumne finden Sie hier.
Tanker muss abgeschleppt werden – doch wohin?
An der Stelle wird es nun spannend. Anscheinend kann der Schaden an der Maschine der „Yannis P.“ nicht auf See repariert werden. Das Schiff muss also in einen Hafen – und dann wird man die Ladung leichtern, also abpumpen. Wohin aber mit Rohöl aus Russland? Müsste das in einem EU-Hafen beschlagnahmt werden? Und in welchen Hafen passt die „Yannis P.“ mit 15 Meter Tiefgang?
Selbst auf der Ostsee wird das Wasser an vielen Stellen knapp. Sämtliche Häfen in der Region scheiden aus. Sie sind schlicht zu klein und zu eng. Nur Rostock käme vielleicht infrage, doch da läuft aktuell das Volksfest „Hanse Sail“.
Das könnte Sie auch interessieren: Bürokratie-Irrsinn: Verliert Hamburg seine Traditionsschiffe?
Noch am Wochenende soll nach Angaben des WSV ein Gutachter an Bord gehen und die Reederei plant, das große Schiff zu schleppen. Wohin? Keine Angaben. Wie ich aus, wie sagt man: „gut unterrichteten maritimen Kreisen“ erfahren habe, soll das Schiff Richtung finnischer Meerbusen gezogen werden. Das macht Sinn: Die „Yannis P.“ kam aus dem russischen Ölhafen Ust-Luga. Auf Rügen und an der Küste wird man jedenfalls erleichtert sein, wenn der große Ölpott verschwunden ist.