Die „Elektra Trainer” bei ihrer Ankunft am Flughafen Hannover.
  • Die „Elektra Trainer” bei ihrer Ankunft am Flughafen Hannover.
  • Foto: dpa | Julian Stratenschulte

Der Traum vom sauberen Fliegen soll bald wahr werden – doch es gibt einen Haken

Zum ersten Mal ist am Flughafen Hannover ein vollelektrisches Flugzeug gelandet. Und das nach einem rekordverdächtigen Flug quer durch Deutschland. Das Signal soll lauten: Die E-Mobilität ist auch im Luftverkehr auf dem Vormarsch. Doch es gibt einen Haken.

Morell Westermann hat eine Vision: Noch in diesem Jahrzehnt kann das Fliegen klimaneutral werden, sagt er – zumindest für kleinere Gruppen und auf überschaubaren Strecken. „Die E-Fliegerei ist heute da, wo wir vor zehn Jahren bei den E-Autos waren”, sagt Westermann, der selbst Pilot ist und sich Zukunftsforscher nennt. Am Flughafen Hannover hat er als Projektleiter eines Elektroflugs gerade für eine Premiere gesorgt: Am Mittwochnachmittag landete dort, an Niedersachsens größtem Airport, als erstes E-Flugzeug überhaupt die „Elektra Trainer”.

Platz für nur zwei Personen

Äußerlich erinnert die gelbe Maschine, die am Donnerstag in Hannover vorgestellt wird, eher an eine größere Drohne als an einen Ferienflieger. Gerade mal zwei Menschen passen an Bord. Aber das Innenleben ist revolutionär: Insgesamt zehn Batterieblöcke ermöglichen bei einer Reisegeschwindigkeit von etwa 120 Kilometern pro Stunde eine Reichweite von etwa 250 Kilometern.

Um das zu demonstrieren, hat sich die „Elektra Trainer” ein Rennen mit einem Elektroauto geliefert. Von Gelnhausen in Hessen aus schaffte Pilot Uwe Nortmann die rund 400 Kilometer Luftlinie bis zur Nordseeinsel Norderney innerhalb eines Tages mit nur einem Zwischenstopp in Oerlinghausen (NRW) – und brauchte kaum länger als das E-Auto.

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Entwickelt hat das Flugzeug die 2013 gegründete Firma Elektra Solar aus Landsberg am Lech in Bayern. Eine Verkehrszulassung hat der E-Flieger dem Hersteller zufolge seit Anfang 2023. Mittlerweile seien drei Maschinen dieses Typs in der Produktion. Preis: 250.000 Euro.

Neue Infrastruktur für E-Flieger bei Privat- und Geschäftsflügen

Auf eine Signalwirkung der „Elektra” hofft auch Flughafenchef Maik Blötz. Die bisher verheerende Klimabilanz des Luftverkehrs, Stichwort Flugscham, ist ihm bewusst. „Hinsichtlich des Images kämpfen wir manchmal”, räumt er ein. Der Wandel in der Branche habe längst begonnen. Der Flughafen Hannover will deshalb in den nächsten Monaten in seinem Terminal für Privat- und Geschäftsflüge eine neue Infrastruktur für E-Flieger schaffen und diese Plätze günstiger anbieten als die für herkömmliche Flugzeuge mit Kerosin.

Ist der Elektroantrieb im Luftverkehr wirklich serientauglich? „Absolut”, sagt Stefan Eiselin, Herausgeber des Fachportals Aerotelegraph. „Aktuell sind vor allem die Batterien immer noch groß und schwer. Die Reichweiten sind noch bescheiden. Aber die Technologie macht schnell Fortschritte. Das wird kommen.” Zunächst bei kleinen Privatflugzeugen, perspektivisch auch bei etwas größeren Maschinen – daran werde gearbeitet, sagt Eiselin. Laut Zukunftsforscher Westermann tun das sogar 600 Unternehmen weltweit.

Aerospace und Vaeridion sind auch im Rennen um die E-Flieger

Die schwedische Firma Heart Aerospace etwa will bis 2028 eine Maschine namens ES-30 in den Dienst stellen. Mit vier Elektromotoren soll sie es auf eine Kapazität von 30 Passagieren und eine rein elektrische Reichweite von 200 Kilometern bringen.

Etwas weniger Platz, dafür weitere Flüge plant das Start-up Vaeridion aus München: Dessen „Microliner” soll künftig neun Passagiere bis zu 500 Kilometer weit fliegen können. „Unsere Technik hat auch ihre systemischen Grenzen”, sagt Vaeridion-Mitgründer Ivor van Dartel jüngst im „Spiegel”-Podcast „Klimabericht”. „Wir werden jetzt nicht kurzfristig mit Batterien über den Atlantik fliegen, zum Beispiel. Wir sind uns ganz bewusst, dass es sich vorläufig um Kurzstreckenflüge handelt.” Die kurzen Strecken seien sehr wohl noch in diesem Jahrzehnt elektrisch möglich.

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Ähnlich schätzt es Björn Nagel vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein. Der Fachmann lobt die Arbeit des Elektra-Teams und folgert: „Viele der typischen Strecken von solchen Sportflugzeugen lassen sich klimaneutral fliegen, wenn die Akkus mit regenerativ erzeugtem Strom geladen werden.“ Flugzeuge mit E- oder Hybrid-Antrieb könnten auch besonders leise sein. In der Tat ist es kaum zu hören, als die „Elektra Trainer” in Hannover abhebt. Als Zubringer oder Regionalflugzeuge haben Elektroflieger daher gar das Potenzial für ganz neue Mobilitätskonzepte, sagt Nagel.

Elektrische Flugzeuge nur für Kurzstrecken möglich

Doch es gibt einen Haken: Auf große Flugzeuge für weite Strecken und hohe Geschwindigkeiten lasse sich dieses Antriebssystem nicht übertragen, sagt der DLR-Fachmann. Dafür seien die benötigten Batterien einfach zu schwer. „Hier sind aus grünem Strom hergestelltes synthetisches Kerosin oder Wasserstoff gute Lösungen, um klimaneutral zu fliegen.”

Der Verband der Fluggesellschaften (Iata) hat es als Ziel ausgegeben, bis 2050 vollständig klimaneutral zu fliegen. Das Streben nach dem E-Flieger ist dabei nur ein Teil der Bemühungen, sauberer zu werden, sagt auch Eiselin vom Aerotelegraph. Für Kurz- und Mittelstrecken komme auch ein Wasserstoffantrieb in Frage, wenn auch wohl erst ab 2035. Für die Langstrecken indes seien nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) auf absehbare Zeit die einzige Alternative. Gewonnen werden die etwa aus altem Speiseöl oder Schlachtabfällen. (dpa)

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