Liebe Schüler, seid ihr wirklich so verlottert? Die MOPO hat nachgefragt
Der Bundeselternrat fordert: „Schluss mit lottriger Kleidung an Schulen!“ Es soll künftig klare Regeln geben, was in der Schule angezogen werden darf und was nicht. Wir haben bei den Betroffenen nachgefragt. Die Schülerinnen und Schüler kommen zur einem einheitlichen Urteil.
Die Vorsitzende des Bundeselternrates, Christiane Gotte, sagte gegenüber der Funke-Mediengruppe, dass in Sachen Kleidung an Schulen eine einheitliche Regel entstehen soll. Angestoßen wurde die Debatte durch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der sich für genau so eine Regelung an Frankreichs Schulen einsetzt. Der Elternrat hat dasselbe Ziel, so könnten morgendliche Diskussionen mit den Eltern über Kleidung vermieden werden. Schülerinnen und Schüler, die sich nicht an die Kleiderordnung hielten, könnten nach Hause geschickt werden, erklärt Gotte.
Als „verbotene“ Kleidung soll nach Ansicht des Bundeselternrates „unangemessene, lottrige, zerrissene oder freizügige Kleidung“ gelten. Dann würde die heißgeliebte Löcher-Jeans wohl nur noch nach der Schule getragen werden können.
Schüler und Schülerinnen lehnen Kleiderordnung ab
Der Vorstand der Schüler:innenkammer antwortete auf MOPO-Anfrage: „Schule kann ein Ort der persönlichen Entfaltung sein, und dazu gehört eben auch die Kleidung. Führt man nun Kleiderordnungen ein, beschneidet man diese persönliche Entfaltung. Nach Hause geschickt zu werden bei Verstoß gegen eine Kleiderordnung, ist aus unserer Sicht nicht förderlich. Viele Schüler:innen können bereits jetzt mit dem Lernstoff nicht mithalten und versuchten, die Lücke aus der Corona-Zeit nachzuholen. Das, was wir jetzt am wenigsten gebrauchen können, sind Diskussion an unseren Schulen darüber, ob die Hose ein Loch zu viel hat oder das T-Shirt ein Zentimeter zu kurz ist.“
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Stattdessen fordert der Vorstand, sich mit Fragen auseinanderzusetzen, wie dafür gesorgt werden kann, dass die Schulen sozial gerecht, inklusiv und digital sowie zukunftsgerichtet gestaltet werden können. Da gebe es noch viel Handlungsbedarf.
Das sagen Dulsberger Jugendliche zur Kleiderordnung
Luisa (17): „Kleidung präsentiert die eigene Persönlichkeit, da sollte es den Schüler:innen überlassen bleiben, was sie anziehen möchten und was nicht.“
Alina (18): „Jeder sollte sich so kleiden, wie er sich wohlfühlt. Kleidung kann auch ihren Zweck erfüllen, wenn zum Beispiel etwas kaschiert werden soll. Diese Wahlfreiheit wäre dann nicht mehr gegeben.“
Ben (17): „Verbote, was die Kleidung betrifft, erinnern mich an früher, an unschönere Zeiten. Es sollte weiterhin eine Kleidungsfreiheit geben.“
Jues (17): „Kleidung macht einen individuell. Es wäre schade, wenn diese Möglichkeit des Ausdrucks verschwinden würde.“
Elias (15) lehnt eine Kleiderordnung an Schulen ab, findet aber: „Mädchen kleiden sich teilweise zu freizügig. Sie sollten nicht bauchfrei in die Schule gehen.“
Elternkammer Hamburg: Kleidungsvorschrift ist „überholt“
Die Elternkammer Hamburg setzt im Gegensatz zu Christiane Gotte auf „individuelle Entfaltungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler“, heißt es in einem Schreiben. Verbote wären kontraproduktiv. Wenn eine Debatte über Kleidung in Schulen geführt werden soll, dann im Sinne der 17 Nachhaltigskeitsziele, findet die Elternvertretung. Simone Kohl, Vorsitzende der Elternkammer Hamburg: „Wir sind der Ansicht, dass Menschen grundsätzlich nicht anhand ihrer Kleidung beurteilt werden sollten.”
Außerdem, so die Elternkammer, könnten bei einer Kleiderordnung Fragen bezüglich der Vereinbarkeit mit der UN-Kinderrechtskonvention und dem damit verbundenen Recht auf freie Entfaltung eines jeden Kindes aufgeworfen werden. Auch der Lehrerverband sowie der Verband Bildung und Erziehung lehnen die Kleiderordnung ab.