Das DBB-Team vor dem WM-Auftakt
  • Die deutschen Basketballer stehen kurz vor der Erfüllung ihres großen Traums: die Goldmedaille bei der WM.
  • Foto: IMAGO/camera4+

Ex-Kicker, Rüpel und ein Hamburger Jung: Das sind die deutschen Basketball-Helden

Nach dem dramatischen Halbfinal-Sieg gegen die USA stehen die deutschen Basketballer vor dem größten Triumph der Verbandsgeschichte. Erstmals steht das DBB-Team in einem WM-Finale – und fordert an diesem Sonntag Serbien heraus. Vor dem alles entscheidenden Spiel stellt die MOPO die 13 Köpfe vor, die für dieses (Spät-)Sommermärchen verantwortlich sind.

Isaac Bonga (23/FC Bayern München)

Bonga ist einer von mehreren Spieler mit NBA-Erfahrung. 2021 stand er mit den Washington Wizards in den Playoffs, schied allerdings chancenlos in der ersten Runde aus. Nichtsdestotrotz ist der Bundestrainer von seinen Fähigkeiten begeistert: „Er kann vier Positionen in der Offense spielen und gegen fünf verteidigen”. Auch Isaacs Bruder kann eine Sportkarriere vorweisen: Tarsis Bonga kickt in der 3. Liga für den TSV 1860 München. Außerdem konnte er mit dem VfL Bochum bereits Bundesligaluft schnuppern. Nach der Verletzung von Franz Wagner ersetzte Bonga ihn stark in der Starting Five.

Niels Giffey (32/FC Bayern München)

Der Name Giffey kommt sicherlich dem einen oder anderen bekannt vor: Der Nationalspieler ist der Neffe der SPD-Politikerin und ehemaligen Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey. Seit nunmehr zehn Jahren ist er im Nationalteam eine feste Größe und fehlte nur bei der EM 2017. Mittlerweile kommt der 32-Jährige auf 105 Länderspieleinsätze. Der einzige DBB-Spieler im WM-Aufgebot mit mehr Länderspielen ist Johannes Voigtmann (106).

Justus Hollatz (22/Anadolu Efes SK/Türkei)

Der Point Guard ist ein Hamburger Jung und in Langenbek aufgewachsen. Obwohl ihm das Basketballspielen praktisch in die Wiege gelegt wurde – seine drei Geschwister (Josefine, Joshua und Jacob) und sein Vater spielen oder spielten ebenfalls – hätte der 22-Jährige unter Umständen eine Fußballerkarriere hinlegen können. Hollatz spielte damals sogar beim FC St. Pauli vor. In diesem Sommer hat er eine interessante Transferphase hinter sich: Hollatz wechselte gleich zweimal. Erst ging es von CB Breogan aus Spanien zu Olimpija Ljubljana nach Slowenien, dann verlieh der Klub den Hamburger noch vor Saisonbeginn weiter an Anadolu Istanbul.

David Krämer (26/Fundación CB Granada/Spanien)

Krämer blieb der Sprung in die NBA bisher verwehrt. Er hatte einen Vorvertrag bei den Phoenix Suns, wurde aber gecuttet, nachdem er in der Saisonvorbereitung einen Ermüdungsbruch im Schienenbein erlitt. Auch sein Bruder Filip ist Basketball-Nationalspieler, allerdings läuft dieser für Österreich auf. Auch David stand in seiner Jugend für die österreichische Nachwuchsmannschaft auf der Platte, entschied sich aber später doch noch für die deutsche. Im Schnitt spielt Krämer bislang nur gut vier Minuten und wurde in zwei Spielen sogar überhaupt nicht eingesetzt. Doch für den Scorer spricht, dass er üblicherweise schnell auf Betriebstemperatur ist und dadurch immer ein paar wichtige Punkte beisteuern kann.

Maodo Lô (30/Olimpia Milano/Italien)

Obwohl sich Lô 2016 für den NBA-Draft anmeldete, wurde er von keinem Team gewählt. Vielleicht Glück im Unglück, denn es folgte eine äußerst erfolgreiche Zeit in der Basketball-Bundesliga. Er spielte für die Top-Klubs aus Bamberg, Berlin und München. Beeindruckend: Mit allen dreien gewann er die deutsche Meisterschaft. Durch diese beachtliche Leistung ist er einer von nur vier Spielern, die mit mindestens drei verschiedenen Vereinen die Meisterschaft gewinnen konnten. Er ist Sohn der Künstlerin Elvira Bach. Im Jahr 2019 musste die Familie den tragischen Unfalltod von Maodos älterem Bruder Lamine verkraften.

Andreas Obst (27/FC Bayern München)

Obst – den man auf Social-Media auch unter dem humorvollen Handle @fruit_96 findet – ist der beste Dreierschütze im Team. Mit 44,4 Prozent verwandelt er fast die Hälfte seiner Würfe von draußen und ist damit für das Team von Coach Herbert unverzichtbar. Im Halbfinale glänzte der 27-Jährige mit 24 Punkten und wurde mit „MVP”-Rufen gefeiert.

Dennis Schröder (29/Toronto Raptors/Kanada)

Dem Kapitän machte vor der WM seinem Ruf als Enfant terrible und Rebell alle Ehre. Ein Zwist mit NBA-Profi Maximilian Kleber führte zu dessen Absage und sorgte für reichlich Kritik. Auch während des Turniers gab es Zündstoff: Schröder stritt sich im Spiel gegen Slowenien vor laufenden Kameras mit seinem alten Kumpel Daniel Theis. Auch neben dem Platz ist der Braunschweiger für Schlagzeilen gut: 2017 wurde Schröder wegen Körperverletzung in einem Vorort von Atlanta verhaftet und kam gegen Kaution frei. Auch sein exzentrischer Lebensstil mit Villa, mehreren Autos, eigener Modemarke, eigenem Parfüm und einem YouTube-Kanal, auf dem er Einblicke in sein Leben gibt, dürfen nicht fehlen. Bis auf seine katastrophale Vorstellung gegen Lettland spielt der Point Guard aber eine glänzende WM und zeigt, dass Genie und Wahnsinn manchmal nah beieinander liegen.

Daniel Theis (31/Indiana Pacers/USA)

Die Experten sind sich einig: In Asien spielt derzeit der beste Daniel Theis aller Zeiten. Besonders das Zusammenspiel mit Schröder funktioniert herausragend. Von Vorteil ist, dass die beiden eine gemeinsame Braunschweiger Vergangenheit haben und sich schon lange kennen. Theis spielt wie Schröder in der NBA, doch der Weg war ein beschwerlicher. 2013 wurde er im NBA-Draft nicht ausgewählt und blieb in der Basketball-Bundesliga. Erst drei Jahre später wurde er von den Boston Celtics verpflichtet.

Johannes Thiemann (29/Alba Berlin)

Ähnlich wie Kollege Hollatz spielte Thiemann in seiner Jugend Fußball. Aufgrund eines Wachstumsschubs wurde er vom Mittelfeldspieler zum Innenverteidiger umgeschult. Der Positionswechsel verdarbt ihm den Spaß am Sport, weshalb er zum Basketball wechselte. Coach Herbert wird sich freuen, dass er auf den Trierer, der 2022 als MVP der BBL-Finals ausgezeichnet wurde, zurückgreifen kann.

Johannes Voigtmann (30/Olimpia Milano/Italien)

Der Eisenacher kann nicht alles, aber verdammt viel. Er gilt als Schweizer Taschenmesser und kann als Center stark am Korb arbeiten, hat ein bemerkenswertes Passspiel und wirft Dreier. Drei Jahre lang stand der mittlerweile 30-Jährige für ZSKA Moskau auf der Platte. Im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verließ Voigtmann das Land und schloss sich Olimpia Milano an, wo er zur neuen Saison Verstärkung von Lô bekommt.

Franz Wagner (22/Orlando Magic/USA)

Der Basketball-Nation stockte der Atem, als der Youngster bei der WM umgeknickte – wie schon bei der EM. Vier Spiele lang musste der Berliner zuschauen. Gegen Lettland kehrte er zurück – und war prompt Topscorer. Das unverkennbare Talent ist auch den Amerikanern nicht entgangen. Beim NBA-Draft 2021 wurde Franz an achter Stelle gewählt und ist damit seit Dirk Nowitzki im Jahr 1998 der erste Deutsche, der wieder in den Top 10 gepickt wurde. Nowitzki wurde übrigens „nur“ an neunter Stelle gewählt. In seiner ersten Saison stellte der Jüngere der Wagner-Brüder direkt einen Vereinsrekord ein: Mit 38 Punkten erzielte er die meisten Punkte in einem Spiel als Rookie für Orlando Magic. Den Rekord teilt er sich mit Dennis Scott und NBA-Legende Shaquille O’Neal.

Moritz Wagner (26/Orlando Magic/USA)

Moritz Wagner ist nicht nur der große Bruder von Franz, sondern auch sein Teamkollege in der NBA. Nachdem der Berliner bereits mehrere Stationen in der amerikanischen Profiliga durchlaufen hat, zog es ihn 2021 nach Orlando, wo die Wagner-Brüder zusammen auflaufen. Er gilt als Stimmungskanone. Nach dem Halbfinaleinzug übernahm Wagner die Rolle des Bus-DJs, legte Eurodance auf und sang lauthals mit. Auch auf dem Spielfeld sorgt der 26-Jährige für die nötige Energie. Coach Gordon sagt über ihn: „Mo bringt eine spezielle Persönlichkeit mit”. Eine Facette, die die Nationalmannschaft definitiv bereichert.

Gordon Herbert (64/Trainer)

Trainer Herbert kann man getrost als Weltenbummler bezeichnen. Finnland, Frankreich, Kanada und Griechenland sind nur einige Länder, in denen der Kanadier während seiner Spieler- und Trainerlaufbahn aktiv war. Er gilt als ruhiger und sachlicher Analytiker und Players-Coach. Er hat einen guten Draht zu seinen Spielern und kann eine Mannschaft formen. Dies zeigte sich bereits bei der EM 2022. Die gute Leistung, die mit der Bronzemedaille gekrönt wurde, fand beim Verband Anklang und wurde mit einer Vertragsverlängerung bis 2025 honoriert. Der Schritt hat sich gelohnt, denn bei der WM ist die nächste Medaille bereits sicher … Doch die deutschen Fans wünschen sich natürlich den ganz großen Wurf.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp