Hamburger Film-Tipp: Wenn Prolls in die Welt der Elbvororte-Villen einfallen
Der beliebte Fernseh-Ermittler Matthias Koeberlin („Die Toten vom Bodensee“) zeigt sich einmal mehr von seiner nicht-kriminalistischen Seite. In der ZDF-Gesellschaftskomödie „Gäste zum Essen“ ist der 49-Jährige als Gastgeber zu erleben, dem der Abend aus dem Ruder läuft.
Ein Ehepaar lädt ein anderes in seine hochmoderne Villa in den Hamburger Elbvororten zum Abendessen ein. Damit man einander mal kennenlernt. Denn die Teenager-Tochter des einen Paares ist mit dem Teenager-Sohn des anderen liiert. Und wegen des vorauszusehenden sozialen Gefälles versuchen die Akademiker-Gastgeber Faber (Matthias Koeberlin und Neda Rahmanian) erst einmal, auch mit ihrer Kleidung nicht zu protzen. Die eher prolligen Popovs (Maximilian Grill und Josefine Preuß) brausen dagegen aufgebrezelt mit dem Motorrad heran.
Was dann mit einem freundlichen Begrüßungs-Schampus beginnt, entwickelt sich im Laufe des Abends nicht nur am Esstisch zur wahren Schlacht menschlicher – nicht zuletzt erotischer – Untiefen und Familiengeheimnisse. Die verspätet eintreffenden Kinder (Paul Sundheim und Hannah Schiller) steuern noch einmal Spektakuläres bei. Diese Geschichte erzählt die Drehbuchautorin und Regisseurin Carolin Otterbach im Film „Gäste zum Essen“ (Donnerstag um 20.15 Uhr im ZDF). Und sorgt damit für eine wortwitzig unterhaltsame, wenngleich ein wenig dick aufgetragene, dafür in allen Rollen gut besetzte Gesellschaftskomödie. Die allerdings einen wesentlichen Schönheitsfehler hat.
Der Abend entwickelt sich anders als gedacht
Die Handlungsstruktur ähnelt stark dem Erfolgsstück „Der Gott des Gemetzels“ der französischen Dramatikerin Yasmina Reza (2011 von Roman Polanski verfilmt). Gleichwohl hat die Otterbach-Komödie Ende August das 19. Festival des deutschen Films in Ludwigshafen eröffnet. Der Intendant Michael Kötz sah darin einen „klugen und exzellent inszenierten Film zum Thema der immer größer werdenden sozialen Spaltung der Gesellschaft.“ Wobei hier die scheinbare Überlegenheit der Oberschicht mit schöner Ironie zu Fall gebracht werde, wie Kötz erklärte.
Als eher „überzeitlich menschlich“ nimmt dagegen Hauptdarsteller Koeberlin („Die Toten vom Bodensee“, ZDF) die Thematik der Geschichte wahr. „Unser Film zeigt schon ein bisschen von dem sozialen Gefälle, das es heute gibt – unterschiedliche Schichten, Charaktere, Herangehensweisen und was damit so zusammenhängt. Aber ich glaube, dass die Probleme und Konflikte, die daraus resultieren, sich in allen Generationen wiederholen“, sagt Koeberlin. Von daher sei es „eigentlich eine universelle Geschichte. Es werden Probleme verhandelt, die es seit Urzeiten gibt.“
Der Film zeigt das soziale Gefälle, das es heute gibt
Im Privatleben ist der Schauspieler Vater eines 16-Jährigen. Von daher hat er sich auch zur im Film vorkommenden Teenager-Schwangerschaft ein paar Gedanken gemacht. Der spontanen Panikreaktion der Eltern Faber und Popov möchte er dabei nicht das Wort reden. Zu dem hypothetischen Fall, dass sein Sohn ihn mit einer solchen Nachricht überraschen würde, sagt Koeberlin: „Ich müsste auch erst einmal schlucken, weil das natürlich ungewöhnlich ist. Und ich würde wie der Film-Vater daran zweifeln, dass alles, was ich ihm zum Thema, so etwas zu vermeiden, erzählt habe, auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Aber ich denke, dann würde ich sehr schnell versuchen, auf pragmatische Art zu handeln.“
Eltern sollten auf jeden Fall für die jungen Leute da sein und ihnen jegliche Hilfe zukommen lassen. „Alle sollten zusammenrücken und sich der Situation stellen. Denn ganz bestimmt gibt es auch dafür eine Lösung“, meint der 49-Jährige. „Gäste zum Essen“ wurde 2022 kammerspielartig fast ausschließlich auf einem Privatgrundstück gedreht. Daran hat Koeberlin noch eine ganz spezielle Erinnerung – an die vom Drehbuch vorgeschriebenen Handgreiflichkeiten mit seiner Film-Ehefrau Neda Rahmanian („Fritzie – Der Himmel muss warten“) im Swimmingpool.
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„Es war September – und uns war versprochen, dass das Wasser ein bisschen aufgeheizt sein würde. Aber es war definitiv arschkalt. Und wir mussten natürlich ein paar Mal so ein, zwei Stunden lang proben. Die Hilfeschreie von mir waren daher nicht gespielt“, erzählt der Schauspieler lachend. Und fügt hinzu: „Die liebe Neda und ich waren danach auch wirklich durch – obwohl es zwischendurch Handtücher und steifen Grog gab.“ Koeberlins Fazit dazu im Rückblick: „Drehen muss ja auch nicht immer Spaß machen – Spielen ist eben auch Arbeit.“ (dpa)
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