„Fridays for Future“ in Hamburg: Familien in Sorge – und Promis mit deutlichen Worten
250.000 Menschen gingen am Freitagnachmittag in Deutschland beim globalen Klimastreik von „Fridays for Future“ auf die Straße, auch in Hamburg waren es Tausende: bunt gemischt, von Jung bis Alt. Deutliche Worte gab es von Herbert Grönemeyer – und der 90-jährigen Oma von Klima-Aktivistin Luisa Neubauer.
Warum sie heute hier sind und demonstrieren? „Weil endlich mal irgendwas passieren muss“, sagt Marion Duhme aus Hamburg entschlossen, während sie im dichten Demo-Getümmel auf die Lombardsbrücke zuläuft. Sie ist zusammen mit Klaus Nagel da, die beiden haben ein Schild dabei: „Verzicht auf Privat- und Inlandsflüge und SUVs“, steht drauf. „Damit könnte man wenigstens mal einen Anfang machen“, meint Klaus Nagel.
So ein Anfang ist ein Wunsch vieler, die an diesem Freitagnachmittag mitlaufen bei der „Fridays for Future“-Demo. Auf den Schildern, die die Teilnehmer:innen mitgebracht haben, stehen neben Maximalforderungen („Rettet den Planeten“) auch solche, die die Politik umsetzen könnte, wenn sie denn wollte: schnellerer Kohleausstieg, Tempolimit, mehr ÖPNV, Fortbestand des 49-Euro-Tickets.
„Fridays for Future“ in Hamburg: alle Generationen dabei
Das Teilnehmer:innenfeld ist so breit aufgestellt wie seine Forderungen: „Fridays for Future“ ist längst kein Schülerprotest mehr, hier läuft ein großer Teil der Gesellschaft mit, Teenager und Senioren. Unter den Rednerinnen: Dagmar Reemtsma, 90 Jahre alt, Großmutter von Klima-Aktivistin Luisa Neubauer. Sie spricht unter anderem über globale Ungleichheit: „Unser Wohlstand ist auf Kosten anderer Menschen entstanden – und auf der Basis der Ausbeutung der Natur.“
„Warum gibt es eine solche Ignoranz?“, fragt Reemtsma in Richtung derer, die nichts gegen den Klimawandel tun – und geht insbesondere mit reichen Menschen ins Gericht, „die den größten ökologischen Fußabdruck haben und nicht bereit sind, etwas zu ändern.“ Reemtsma kritisiert die Industrie-Lobby, insbesondere die Ölkonzerne. Die Worte „Wohlstand“ und „Wachstum“ könne sie im Zusammenhang nicht mehr hören. Lauter Applaus vor der Bühne.
Viele Familien mit kleinen Kindern laufen mit
Zurück zur Demo. Auffällig: Es sind viele Familien mit kleinen Kindern da. So wie Ann-Kathrin aus Norderstedt, die mit ihrem siebenjährigen Sohn Matteo mitläuft: „Wir sind dabei, weil wir keine Zeit mehr haben, weil die Politik endlich handeln muss“, sagt sie. „Weil unsere Kinder es sonst ausbaden müssen.“ Eine Sorge, die viele Eltern bei der Demo teilen: Dass ihr Nachwuchs in einer Welt aufwachsen muss, die nur noch zwischen Klimaextremen und Umweltkatastrophen existiert.
Herbert Grönemeyer findet deutliche Worte
Dass mehr dabei sind, dürfte auch an den prominenten Musik-Acts liegen: Unter anderem treten Silbermond und Herbert Grönemeyer auf einer Bühne am Jungfernstieg auf. Letzterer findet in einer kurzen Rede viele lobende Worte für junge Klima-Aktivist:innen: „Es gibt endlich wieder eine Generation, die sich traut, die sich wütend und besorgt aufmacht, den Mächtigen, der Politik, unser aller Behäbigkeit, der Trickserei und all den Ausweichmanövern eine Ansage zu machen.“ Es sei richtig, ältere Generationen „aus dem Tiefschlaf zu zwingen, unsere Überheblichkeit, unseren Vormachts- und Allwissenheitsanspruch zu beenden und klarzustellen: Ihr habt die zeitgemäße Sicht auf die Dinge und ihr übernehmt Verantwortung auch für die, die nach euch kommen.“
Vorausgegangene Generationen hätten „in vielen Bereichen egoistisch und radikal neoliberal irgendwann vergessen und es nicht mehr nötig gehalten, auf Ressourcen zu achten und diese pfleglich zu behandeln und zu schützen. Das Ergebnis sehen wir jetzt und das ist hochdramatisch und gemein“, so Grönemeyer.
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„An jeder Ecke wird versucht, euch mundtot zu machen, ihr werdet diffamiert, ihr werdet lächerlich gemacht, ihr werdet klein geredet. All das adelt euch und beweist: Ihr seid genau richtig“, sagt Grönemeyer in Richtung der jungen Demo-Organisator:innen. Was der Sänger meint, wird später deutlich, als der Demozug am Hauptbahnhof vorbeikommt. Drei Typen stehen da, Bierdosen in den Händen, die Augen glasig. Sie reißen Sprüche über die Teilnehmer:innen, die sollten doch mal arbeiten gehen. Der Stumpfsinn geht unter im breiten Protest der Klimabewussten.