Julian Nagelsmann bei seiner ersten Pressekonferenz als Bundestrainer
  • Bundestrainer Julian Nagelsmann steht vor seiner ersten Kader-Nominierung.
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Nagelsmann verrät, wer sein Kapitän wird – und wie es mit Manuel Neuer weitergeht

Nach dem Aus von Hansi Flick und einem Sieg unter Rudi Völler ist ein Nachfolger als Bundestrainer gefunden. Favorit Julian Nagelsmann übernimmt das Amt – und hat einen klaren Auftrag.

Julian Nagelsmann folgt als Fußball-Bundestrainer auf Hansi Flick. Dies bestätigte der Deutsche Fußball-Bund am Freitag. Der 36-Jährige erhält einen Vertrag bis zum 31. Juli 2024 und damit bis nach der Heim-EM. Er soll das Nationalteam nach den drei schwachen Turnieren WM 2018, EM 2021 und WM 2022 wieder zurück in die internationale Spitze führen. „Wir haben eine Europameisterschaft im eigenen Land. Das ist etwas Besonderes – etwas, das alle paar Jahrzehnte mal vorkommt. Dieser Tatsache, ein großartiges Turnier in einem großartigen Land zu haben, ordne ich alles unter. Ich habe große Lust, diese Herausforderung anzunehmen“, sagte Nagelsmann in der Mitteilung.

Julian Nagelsmann bei der Vertragsunterzeichnung. Links: DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Rechts: DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald. Thomas Boecker/DFB
Julian Nagelsmann unterschreibt seinen Vertrag als Bundestrainer
Julian Nagelsmann bei der Vertragsunterzeichnung. Links: DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Rechts: DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald.

Auf der Pressekonferenz des DFB fügte er hinzu: „Ich fand die Gespräche mit dem DFB herausragend gut. Es ist eine große Herausforderung, die wir mit großem Enthusiasmus und viel Vorfreude angehen.“ Er wolle das Land mit attraktivem Fußball begeistern. „Das ist die große Chance einer Heim-EM, die Nation im Rücken zu haben. Wir wollen eine Vorfreude entwickeln und das nutzen, dass wir zu Hause spielen dürfen.“

Julian Nagelsmann spricht über seine Spielidee

Zu seiner Spielidee erklärte er: „Es muss den Gegnern wehtun, gegen uns zu spielen. Wir haben eine Idee schon entwickelt, werden diese aber noch anpassen müssen. Es ist noch ein langer Weg bis zur EM. Aber generell haben wir eine Struktur entwickelt. Wir wollen eine gesunde Aggressivität entwickeln, das betrifft aber nicht nur den eigenen Ballbesitz.“ Es gehe einerseits darum, eine gewisse Einfachheit ins Spiel zu bekommen („Wir werden keine 14 verschiedenen Grundstrukturen einstudieren“), andererseits aber auch darum, auf Ereignisse reagieren zu können.

Julian Nagelsmann bei der Pressekonferenz Thomas Boecker/DFB
Julian Nagelsmann bei der Pressekonferenz
Julian Nagelsmann bei der Pressekonferenz

Zur Frage, warum er nur bis zum Ende der EM unterschrieben habe, beantwortete Nagelsmann wie folgt: „Wir hatten die Absicht, dass die Arbeit Vertrauen weckt und nicht das Papier als solches. Wenn wir im Sommer feststellen, das hat funktioniert, dann ist von meiner Seite auch nichts ausgeschlossen.“ Er sei „sehr, sehr guter Dinge, dass wir eine gute EM spielen“, sagte er. Es sei „ein großes Privileg, Bundestrainer bei einer Heim-EM zu sein“. Die Idealvorstellung sei „ein Sommermärchen 2.0“.

Gibt es ein Neuer-Comeback unter Nagelsmann?

Auf die spannende Frage, ob Manuel Neuer, mit dem es durchaus Zwist bei den Bayern gegeben hatte, unter ihm ins Nationalteam zurückkehren werde, wenn der Torhüter nach seinem Schienbeinbruch wieder fit sein sollte, antwortete Nagelsmann: „Das Allerwichtigste ist, dass wir Manu die Zeit geben, wieder vollständig gesund zu werden. Das ist das Allerwichtigste. Wenn er wieder vollständig gesund wird, dann werden wir die Situation bewerten.“ Der sportliche Erfolg hänge aber offenbar nicht zwangsläufig von Neuers Genesung ab. „Wir haben darüber hinaus ja auch noch weitere Weltklasse-Torhüter.“

Im Falle eines Neuer-Comebacks, so viel stellte Nagelsmann über Umwege dann klar, werde er die Kapitänsbinde nicht zurück bekommen. Er werde an der Entscheidung von Vorgänger Hansi Flick, Ilkay Gündogan zum Kapitän zu machen, festhalten. „Ich belasse es dabei. Ich habe Ilkay auch schon darüber informiert, dass er unser Kapitän bleibt.“ Er schätze den Star des FC Barcelona sehr.

Sandro Wagner und Benjamin Glück kommen als Co-Trainer

Der frühere Nationalstürmer Sandro Wagner und Benjamin Glück werden Nagelsmann als Co-Trainer unterstützen. Der 35 Jahre alte Wagner war erst im Sommer zum DFB gewechselt und sollte dort eigentlich als Co-Trainer der U20-Nationalmannschaft arbeiten. Der Ex-Münchner hatte die Nationalmannschaft zuletzt bereits gemeinsam mit Sportdirektor Rudi Völler und Hannes Wolf interimsmäßig beim 2:1 gegen Frankreich betreut. „Ich sehe auch Rudi mit seiner Erfahrung als Teil des Trainerteams und bin sehr, sehr froh, dass ich ihn an meiner Seite habe“, sagte Nagelsmann. „Bei Sandro weiß ich, dass er ein sehr, sehr intelligenter Mann ist.“ Im Gespräch mit Wagner habe er schon gemerkt, „dass er sehr, sehr gebrannt hat. Genau das brauchen wir“. Mit Glück arbeite er schon seit Jahren zusammen. „Er weiß, wie ich ticke. Das ist sehr, sehr wertvoll einen engen Vertrauten zu haben. Ich freue mich, das der Weg gemeinsam weitergeht.“

Co-Trainer Benjamin Glück war als Zuhörer bei Nagelsmanns erster Pressekonferenz Thomas Boecker/DFB
Benjamin Glück
Co-Trainer Benjamin Glück war als Zuhörer bei Nagelsmanns erster Pressekonferenz

Rudi Völler: „Nagelsmann war unser Wunschkandidat“

Nagelsmanns Vertrag beim FC Bayern, bei dem er bis März dieses Jahres tätig war, wurde aufgelöst. „Julian Nagelsmann war mit Beginn der Suche unser Wunschkandidat als Bundestrainer“, sagte Völler, der nach dem Flick-Aus und einem eigenen Interimseinsatz maßgeblich mit der Suche eines Nachfolgers beauftragt war. „Er ist nicht nur ein absoluter Fußball-Fachmann, sondern hat auf all seinen Stationen – in für einen Cheftrainer sehr jungen Jahren – bereits bewiesen, dass er eine Mannschaft und das gesamte Umfeld motivieren und mitreißen kann. Sein Feuer für den Fußball ist spürbar und ansteckend.“ Auf der Pressekonferenz des DFB bezeichnete Völler es als „Glücksfall“, dass ein Trainer mit den Erfolgen und Ambitionen von Nagelsmann auf dem Markt war und bereit gewesen ist, das Amt des Bundestrainers zu übernehmen. In den Gesprächen mit dem Ex-Bayern sei keine Überzeugungsarbeit notwendig gewesen. „Ich habe mit vielen telefoniert, die ihn als Trainer erlebt haben, und ich habe nur Positives über ihn gehört.“ Er habe auch bei den Bayern, wo es am Ende schwierig gewesen sei, „eine wunderbare Arbeit“ geleistet. „Ich möchte an dieser Stelle auch Bayern München ein Lob aussprechen. Die Bayern haben wunderbar mitgespielt und sind uns als DFB und Julian entgegen gekommen.“ Bei seinen Entscheidungen werde er Nagelsmann nicht hineinreden, er werde auch nicht auf der Bank sitzen.

Rudi Völler erklärte die Entscheidung für Julian Nagelsmann. Thomas Boecker/DFB
Rudi Völler bei der Pressekonferenz
Rudi Völler erklärte die Entscheidung für Julian Nagelsmann.

Nagelsmann folgt auf den früheren Triple-Sieger Flick, von dem sich der Verband am 10. September wegen anhaltender Erfolgslosigkeit getrennt hatte. Die DFB-Auswahl hatte zuvor mit 1:4 gegen Japan und damit das dritte Spiel nacheinander verloren.

Nagelsmann wird zweitjüngster Bundestrainer nach Otto Nerz

Auch er habe die Spiele „natürlich“ im TV verfolgt, aber vielleicht „anders als ein Journalist“, sagte Nagelsmann bei der Pressekonferenz. „Ich habe mich nicht darüber gefreut.“ Er habe auch Mitgefühl mit den beteiligten Akteuren gehabt. Die Amazon-Doku „All or Nothing“ über die Ereignisse bei der Nationalmannschaft während der WM habe er bewusst nicht verfolgt.

Nagelsmann war in München im vergangenen März in einer Länderspielpause von seinen Aufgaben entbunden worden. Die Münchner sollen angeblich auf eine Ablöse für den bis 2026 gebundenen Trainer verzichten. Nagelsmann wird der zweitjüngste Bundestrainer nach Otto Nerz.

Die Zeit nach der Entlassung bei den Bayern habe er genutzt, um die Zeit zu reflektieren, „um die Dinge in Zukunft besser zu machen, die Fehler, die ich bei den Bayern gemacht habe, nicht noch einmal zu machen“.

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„Julian Nagelsmann ist ein herausragender Trainer, der seine neue Aufgabe mit höchster Motivation angeht“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf. „Wir alle werden den Fokus jetzt auf das Turnier im kommenden Sommer richten und Julian Nagelsmann nach Kräften unterstützen.“ Auf der Pressekonferenz bekräftigte Neuendorf, dass der Beschluss der DFB-Gremien für Nagelsmann und sein Trainerteam einstimmig ausgefallen sei: „Wir freuen uns sehr, dass wir ihn gewonnen haben.“ Man habe die „Zuversicht und das absolute Vertrauen“ in den neuen Mann, der der erste Ansprechpartner gewesen wäre. Am vergangenen Dienstag habe man sich erstmals getroffen. Es sei „ein sehr, sehr gutes Gespräch“ gewesen. „Julian ist ein Typ, den man gar nicht überzeugen muss. Als wir rausgegangen sind, haben wir gespürt, dass wir eine gemeinsame Mission haben.“ Und das sei der Erfolg bei der Heim-EM.

Nagelsmann feiert am 9. Oktober seine Premiere als Bundestrainer

Der 63-jährige Völler hatte seinen Einsatz beim Sieg gegen Frankreich am 12. September bereits vor der Partie als „einmalige“ Aufgabe bezeichnet und die Eile in der Bundestrainer-Suche bekräftigt. „Julian Nagelsmann wird mit seinen Qualitäten und seiner Persönlichkeit an entscheidender Stelle dazu beitragen, dass wir alle gemeinsam im Sommer eine tolle Europameisterschaft im eigenen Land erleben werden“, sagte Völler nun.

Am 9. Oktober fliegt die Nationalmannschaft für zwei Länderspiele nach Nordamerika. Nagelsmann hat also nicht viel Zeit. Er muss sich schnell auf seinen ersten Kader festlegen, ehe es am 14. Oktober (21 Uhr/MESZ) in East Hartford gegen die USA sowie am 18. Oktober (2 Uhr/MESZ) in Philadelphia gegen Mexiko geht.

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Die USA-Reise biete ein Für und Wider betonte Nagelsmann auf der Pressekonferenz. Das Positive sei, dass er die Mannschaft für einen gewissen Zeitraum beisammen habe. Flugreise und Zeitumstellung würden eine „gewisse körperliche Belastung“ darstellen, aber „die Spieler sind ja alle topfit“. (fa/dpa)

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