St. Paulis Metcalfe über Highlight-Wochen und seine „schreckliche“ Schwäche
Egal, wie und wo auch immer diese Saison für den FC St. Pauli endet: angefangen hat sie so richtig mit dem Volltreffer von Connor Metcalfe gegen Kiel. Der Toröffner. Seitdem läuft es für die Kiezkicker wie am Schnürchen. Und Metcalfe durfte sich über weitere Höhepunkte freuen. Es ist die bislang aufregendste und vielleicht beste Phase seiner Karriere. Nur bei einer Sache ist der Australier auch nach eineinhalb Jahren in Hamburg immer noch richtig schlecht.
Das hanseatische Oktober-Grau strahlt er mit Leichtigkeit weg. „Die letzten paar Wochen waren wirklich besonders“, sagt Metcalfe. Das hat mit seinem linken Fuß zu tun, seiner Rolle bei St. Pauli – und im Nationalteam.
Sein Traumtor gegen Kiel, dieser 30-Meter-Schuss zum 1:0, war das erste Heimtor des Kiezklubs der Saison und ließ nach nur zwei braun-weißen Treffern in den ersten fünf Spielen den Knoten platzen. Ein Brustlöser. Bei Abpfiff stand es 5:1. Seitdem schoss St. Pauli in vier Spielen zwölf Tore.
Connor Metcalfe: Sein Traumtor brach St. Paulis Bann
„Ich denke nicht, dass ich das mit dem Tor ausgelöst habe“, spielt Metcalfe bescheiden die Bedeutung des Treffers herunter. „Wir hätten auch vorher treffen können, hatten Pech – oder wir haben getroffen und es war Abseits.“
Einen Sonderpreis könnte er für den linken Hammer in den Winkel trotzdem noch erhalten. Der Treffer ist für das „Tor des Monats“ der ARD-Sportschau nominiert, bis Samstag läuft die Abstimmung. „Ich schieße ja nicht so viele Tore“, so der 23-Jährige. „Dann eins zu schießen und gleich einen Preis dafür zu bekommen, wäre cool.“ In der letzten Partie vor der Länderspielpause, beim 5:1 gegen Nürnberg, legte er Saisontreffer zwei nach.
Metcalfe schwärmt vom Nationalteam und Wembley
Apropos Länderspiele. Seine internationalen Einsätze waren die weiteren besonderen Erlebnisse der letzten Zeit. Mit Australien absolvierte Metcalfe zwei Spiele in England, im mit 81.000 Fans ausverkauften Wembleystadion gegen den Gastgeber (0:1) und in Brentford gegen Neuseeland (2:0). „Ich habe zweimal in der Startelf für mein Land gespielt“, zieht er glücklich Bilanz und schwärmt: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal in Wembley spielen werde.“
Bei Australien war Metcalfe zuletzt Stammspieler, lief dreimal in Folge von Beginn an auf, angefangen beim Länderspiel gegen Mexiko in Dallas am 10. September – noch so ein Highlight. Es war das Spiel, in dem sich Landsmann und Freund Jackson Irvine verletzte, weshalb Metcalfe dann gegen Kiel für den Kapitän in die Startelf rutschte. Seine Chance. Der Rest ist Geschichte.
Bei Australien Startelf, bei St. Pauli Einwechselspieler
„Ich bin sehr froh, wie es gerade bei mir läuft. Ich spiele mit Selbstvertrauen, habe Spaß“, sagt der Allrounder, der bei St. Pauli zurück auf die Bank musste, als Irvine fit war. Einwechselspieler.
Frustrierend? „Es ist okay“, sagt Metcalfe, der Vielseitige. „Ich kann mehrere Positionen spielen. Der Trainer und Mitspieler sagen mir, dass das eine große Qualität ist“, erzählt er. „Wenn es meine Rolle ist, reinzukommen, dann gebe ich mein Bestes und werde deswegen nicht heulen. Ehrlich gesagt: ich will gewinnen. Ob ich in der Startelf stehe oder reinkomme: Hauptsache, wir behalten unsere gute Form – und dann mal sehen, wohin uns das bringt.“
Metcalfe will „nicht heulen“ – Aufstieg wäre „großartig“
An die Tabellenspitze. Stand jetzt. Und in die Bundesliga am Saisonende? „Es ist noch ein langer Weg, wir haben viele schwere Spiele vor uns“, wiegelt Metcalfe ab, aber den Aufstiegswunsch kann er nicht leugnen. „Natürlich wäre das großartig. Wir müssen aber weiter hart arbeiten.“
Hart sei es auch, „so weit weg von zu Hause zu sein“, erzählt Metcalfe, der im Sommer 2022 vom Melbourne City FC zu St. Pauli gewechselt war, ans andere Ende der Welt. „Man verpasst viele wichtige Dinge. Aber das hier ist, was ich will und wofür ich unterschrieben habe.“ Familienbesuch hat er bislang nicht bekommen. „Sie planen es für das Ende dieser Saison. Hoffentlich klappt das.“ Einsam fühlt er sich nicht, sondern wohl, hat sich gut eingelebt. „Ich kann mich glücklich schätzen, hier in Hamburg zu sein. Ich habe einige gute Freunde im Team, mit denen ich auch in meiner Freizeit etwas unternehme.“
In Hamburg glücklich, aber sein Deutsch ist „schrecklich“
Mit der Sprache fremdelt er nach wie vor. Man könnte es auch seine größte Schwäche nennen, die sich mit Training bislang nicht beheben ließ. „Mein Deutsch ist schrecklich“, gibt er zu. „Ich bleibe lieber bei Englisch.“ Auf die Frage der MOPO, welches denn sein deutsches Lieblingswort sei, überlegt Metcalfe einen Moment. Dann grinst er breit und sagt: „Digger“.