„Abscheulich und unentschuldbar”: Hetz-Parolen an Holocaust-Gedenkstätte im Norden
Die Polizei hat dutzende Aufkleber mit volksverhetzenden Parolen in der Gedenkstätte Ahlem in Hannover sichergestellt. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.
Die Aufkleber wurden an Türen, am Eingangsschild und an der „Wand der Namen“ für die Opfer des Holocausts gesichert, wie eine Sprecherin der Region Hannover sagte. „Die Aufkleber haben allesamt einen politischen und volksverhetzenden Inhalt in Bezug auf den Nahostkonflikt“, erklärte eine Polizeisprecherin.
Unbekannte klebten volksverhetzende Aufkleber in Holocaust-Gedenkstätte
Der Tatzeitraum liege zwischen Freitagabend und Sonntagmorgen, die Zahl der Aufkleber im mittleren zweistelligen Bereich, hieß es weiter von der Polizei. Der Staatsschutz übernahm die Ermittlungen wegen Volksverhetzung. Weil sich die Kleber gut entfernen ließen, werde nicht wegen Sachbeschädigung ermittelt. Zeugen sollten sich beim Kriminaldauerdienst in Hannover melden.
Mit der „Wand der Namen“ wird an deportierte und getötete NS-Opfer gedacht. Die Gedenkstätte war einst eine jüdische Gartenbauschule, später wurde diese von Nationalsozialisten als Sammelstelle für Deportationen, als Gefängnis und Hinrichtungsstätte benutzt.
Ministerpräsident Weil verurteilt die Tat scharf
Ministerpräsident Stephan Weil verurteilte die Tat und kündigte eine eindeutige Reaktion der Sicherheitsbehörden auf judenfeindliche und antiisraelische Äußerungen in Niedersachsen an. „Die zunehmende Zahl antisemitischer Straftaten beunruhigt mich sehr“, sagte der SPD-Politiker der „Hannoverschen Allgemeinen“. „Polizei und Justiz werden in den nächsten Wochen und Monaten noch aufmerksamer sein und auf jede Form von judenfeindlichen Äußerungen konsequent reagieren.“ Das Land stehe an der Seite Israels. „Daran lassen alle politisch Verantwortlichen keinen Zweifel.“
Auch die Gruppe CDU/FDP in der Regionsversammlung Hannover zeigte sich betroffen. „Diese Taten sind abscheulich und unentschuldbar“, sagte der Gruppenvorsitzende Bernward Schlossarek (CDU). Die Schändung müsse so schnell es gehe sowie vollständig aufgeklärt und die Täter zur Verantwortung gezogen werden. „Der Holocaust ist das größte Verbrechen der Neuzeit, die Gedenkstätte Ahlem dient dazu, unsere Verantwortung hierfür für immer und immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Dies gilt auch 78 Jahre nach dem Untergang des NS-Regimes“, erläutert Schlossarek.
Regionspräsident Krach an die Täter: „Ihr schüchtert uns nicht ein“
„Diese widerliche Tat muss schnellstmöglich aufgeklärt und juristisch verfolgt werden. Es ist widerwärtig und erschreckt mich, dass wir 78 Jahre nach Ende des Holocausts solche Botschaften auf unserer Gedenkstätte finden“, hieß es in einer Stellungnahme von Regionspräsident Steffen Krach zu den „nationalsozialistischen, antisemitischen und volksverhetzenden Aufklebern“.
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Die Gedenkstätte Ahlem sei ein Ort der Erinnerung an das schlimmste Verbrechen der Menschheit, für das man eine historische Verantwortung habe, sagte er weiter. Der Schutz der Erinnerungsorte reiche nicht aus. Das zu ändern, sei nun die Aufgabe des Staates. Diese Verantwortung hätte man auch denjenigen gegenüber, die zum Beispiel in den Gedenkstätten oder jüdischen Einrichtungen arbeiten. „In Richtung der Täter sage ich ganz klar: Ihr schüchtert uns nicht ein. Ganz im Gegenteil: Es bestärkt mich und viele weitere Menschen, noch mehr und entschlossener gegen Eure Ansichten zu kämpfen“, sagte Krach. (dpa/mp)