Streik in Hamburg: Chaos schon seit dem frühen Abend – was HVV-Kunden wissen müssen
Es hatte sich lange angebahnt: Ab Mittwoch 22 Uhr hat die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) zum Streik aufgerufen, der bis Donnerstag um 18 Uhr andauert. Davon betroffen sind aber nicht nur die Fernzüge, die vom oder zum Hamburger Hauptbahnhof fahren, sondern auch die S-Bahnen, die schon vor Streikbeginn mit Einschränkungen rechnete. Tatsächlich kam es bereits am frühen Abend zu Zugausfällen. Welche Rechte haben Fahrgäste und gibt es einen Notfallplan?
Am Donnerstag hätte die zweite Verhandlungsrunde zwischen der DB und der GDL für einen neuen Tarifvertrag starten sollen. Trotzdem hatte die Gewerkschaft bereits am Dienstag den ersten Streik für Mittwochabend angekündigt. Am Mittwoch reagierte die Bahn darauf mit der Absage der geplanten Gespräche: „Entweder, man streikt oder man verhandelt. Beides gleichzeitig geht nicht“, sagte der DB-Personalvorstand Martin Seiler.
Bahnstreik: Fahren überhaupt Bahnen?
Tatsächlich müssen sich die Fahrgäste auf mehr als nur einige Unannehmlichkeiten einstellen. Die Deutsche Bahn hat zwar einen Notfallfahrplan für Fernverbindungen erstellt inklusive längerer ICE-Züge, die Platz für mehr als 900 Personen bieten – trotzdem könne keine Mitfahrt garantiert werden. Genauere Infos zu den einzelnen Verbindungen gebe es in der DB App sowie unter der Streikhotline 08000 996633, die ab Mittwochvormittag freigeschaltet wird.
Von dem Streik betroffen sind allerdings auch Regios in Norddeutschland, mit Ausnahme der Metronom-Züge, da diese zum Netinera-Konzern gehören. Die S-Bahn Hamburg rechnet ebenfalls mit „massiven Einschränkungen“. „Wir prüfen derzeit einen Notfallplan“, sagte eine S-Bahn-Sprecherin. Bereits ab 20 Uhr werde es am Mittwoch zu Zugausfällen auf allen Linien kommen, ab 22 Uhr werde der Betrieb eingestellt.
Pendler brauchten in der Tat bereits am frühen Mittwochabend starke Nerven. Viele versuchten noch, ihre S-Bahn zu erwischen – erfolglos. Denn schon kurz nach 20 Uhr fielen etliche Züge aus – die Menschen sammelten sich am Bahnsteig, Frust-Niveau: enorm hoch, wie ein MOPO-Reporter am Bahnhof Altona berichtet. Betroffen waren unter anderem die Linien S1/S11 von und nach Poppenbüttel sowie die S21 von Aumühle zur Elbgaustraße und die S31 aus Richtung Neugraben.
Auch am Hamburger Hauptbahnhof blieben gegen 20 Uhr die ersten Züge stehen. Pendler, die davon ausgegangen waren, bis 22 Uhr noch an ihre Ziele zu gelangen, wurden kalt erwischt.
Hamburger S-Bahn-Sprecherin: „Nutzen Sie U-Bahn und Bus“
„Aufgrund der noch unklaren Situation werden die Fahrzeiten in den Auskunftsmedien (DB & hvv) nur kurzfristig abrufbar sein“, hieß es am Mittwoch. Auch nach dem Ende des Warnstreiks am Donnerstag um 18 Uhr werde es noch Zugausfälle geben: „Wir werden das alles fortlaufend über die sozialen Netzwerke und unsere Internetseite kommunizieren“, so die Sprecherin weiter. „Nutzen Sie am besten U-Bahnen und Busse.“
Die S-Bahn soll auf der Linie S1 zwischen Wedel und Blankenese sowie Blankenese und Poppenbüttel im Pendelbetrieb verkehren. Auch zwischen Ohlsdorf und Airport sollen Züge fahren. Auf der S3 pendeln die Bahnen zwischen Pinneberg und Neugraben sowie zwischen Neugraben und Stade. Die S21 verkehrt zwischen Aumühle und Altona.
Streik: Deutsche Bahn rät zu Homeoffice
Allerdings fahren die Züge nicht im gewohnten Takt. „Aufgrund der noch unklaren Situation werden die Fahrzeiten in den Auskunftsmedien (DB & hvv) nur kurzfristig abrufbar sein“, teilte die Deutsche Bahn mit. Eine Bahnsprecherin riet, möglichst im Homeoffice zu arbeiten.
Die Hochbahn will einige U-Bahn- und Buslinien verstärken. „Wir können das sicherlich nicht auffangen, auch nicht ansatzweise, aber wir werden – im Rahmen unserer Möglichkeiten – gezielt Maßnahmen ergreifen“, sagte Unternehmenssprecher Christoph Kreienbaum.
GDL-Streik: Hamburger Hochbahn verstärkt U-Bahnlinien
Auf der Linie U4 sollen zwischen Rauhes Haus und Elbbrücken den ganzen Tag Langzüge fahren. Auf der U3 werden Verstärkerzüge eingesetzt. Die Buslinie 13 (Kirchdorf-Süd – S-Bahn Veddel) wird bis zu den Elbbrücken verlängert, nach Möglichkeit im Fünf-Minuten-Takt.
Auch im Regionalverkehr in Schleswig-Holstein will die Bahn ein Mindestfahrplanangebot aufrechterhalten. Der Autozug nach Sylt des privaten Betreibers RDC Deutschland fahre planmäßig, teilte eine Unternehmenssprecherin mit.
Lokführer-Streik: Hohe Nachfrage bei FlixBus und FlixTrain
Zahlreiche Reisende wollen auf Busse oder Mietwagen umsteigen. „Wir sehen durch den angekündigten Streik sowohl bei FlixBus als auch bei FlixTrain eine deutlich erhöhte Nachfrage nach Tickets“, sagte ein Sprecher der Fernbus- und Bahnplattform Flix. „Wir haben aber genug Kapazitäten, so dass DB-Reisende auch kurzfristig noch auf unsere Angebote umsteigen können.“
Bei Bedarf würden zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt, berichtete der Sprecher. „FlixTrain ist vom Streik nicht betroffen und verkehrt wie gewohnt.“
Warnstreik der GDL: Hohe Nachfrage nach Mietwagen
Auch Mietwagen werden gut gebucht. „Wir erleben aktuell eine hohe Nachfrage bei Europcar“, teilte Tobias Zisik, Geschäftsführer der Europcar Mobility Group in Deutschland, auf Anfrage in Hamburg mit. „Da parallel im Norden und Westen große Messen stattfinden, sind insbesondere dort die Verfügbarkeiten knapp.“
Beim letzten Streik der EVG Anfang des Jahres war auf einigen Linien zumindest alle 20 Minuten eine Bahn gefahren. Stadtteile wie Stellingen, Wilhelmsburg, die Veddel oder Harburg sind auf die S-Bahn angewiesen. Dort gibt es keine U-Bahn und die Linienbusse sind zu Stoßzeiten bereits ohne zusätzlich gestrandete S-Bahn-Fahrgäste voll. Ein zusätzlicher Bus-Ersatzverkehr wird wohl nicht möglich sein – dazu fehlen sowohl die Busse als auch die Fahrer.
DB Streik: Welche Rechte haben Fahrgäste im Fernverkehr?
Die Deutsche Bahn bittet all diejenigen, die es können, ihre Reise zu verschieben. Die gekauften ICE/IC-Tickets können ohne weitere Kosten zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden. Auch bei Sparpreisen ist die Zugbindung aufgehoben. Das Ticket gilt für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden.
Wer ein Nahverkehrsticket besitzt, muss für eine Fahrt mit IC, ICE und Co. allerdings vorher die benötigte Fahrkarte kaufen. Diese kann dann rückwirkend wieder erstattet werden.
Fahrgäste des Fernverkehrs haben zudem nach EU-Recht Anspruch auf Entschädigung, da ein Streik nicht unter „außergewöhnliche Umstände“ fällt. Wer 60 Minuten später als geplant ankommt, kann 25 Prozent des Ticketpreises zurückverlangen. Bei einer Verspätung von mehr als 120 Minuten werden 50 Prozent des Preises fällig. Der Antrag kann auf der Internetseite der Bahn, in der DB App oder in einem Service Center gestellt werden.
Das fordert die Gewerkschaft im Tarifstreit
Für den Tarifvertrag fordert die Gewerkschaft eine Lohnerhöhung von 555 Euro im Monat, außerdem soll die Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden ohne Lohnkürzung gesenkt werden. Dazu sollen die Angestellten eine steuerfreie Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro bekommen. Die Deutsche Bahn hatte ihrerseits elf Prozent Lohnerhöhung angeboten, die Arbeitskürzung bei vollem Lohn allerdings abgelehnt. (mit dpa)