Bis 2045 soll die Windkraft in den deutschen Meeren extrem ausgebaut werden. Doch wo sollen all die Windräder stehen?
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Die Offshore-Offensive: Was macht das mit unseren Meeren?

70 Gigawatt Energie bis 2045 – allein aus Windrädern, die sich in der Nord- und Ostsee drehen. Das ist der Plan der Bundesregierung, die sich durch einen enormen Kraftaufwand aus der fossilen Abhängigkeit befreien und fürs Klima erneuerbare Energien ausbauen will. Doch es gibt ein Problem: Denn vor den deutschen Küsten wird es eng.

Es ist ein extrem ehrgeiziger Plan: Bislang werden nur 7,8 Gigawatt aus den rund 1500 Windrädern auf deutschen Meeren produziert – geht es nach Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) soll das bis 2045 fast verneunfacht werden. Das hieße rund 13.500 Windräder vor den deutschen Küsten – doch das wird eng. Ein Drittel der deutschen Nordsee wäre mit Windparks vollgestellt.

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Gruene MOPO

Offshore-Windkraft: Für 70 Gigawatt reicht der Platz nicht

Die Nord- und Ostsee sind in „Ausschließliche Wirtschaftszonen“ (AWZ) der angrenzenden Länder aufgeteilt. Und schon jetzt prallen hier die Interessen von Schifffahrt, Fischerei, Naturschutz, Militär und anderen Akteuren aufeinander. Deshalb sind die beiden deutschen AWZ in Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete gegliedert, die von den Akteuren ausschließlich oder mit besonderem Stellenwert genutzt werden dürfen.

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Auf den Windkraft-Flächen könnten aber selbst bei vollem Ausbau nur 57 Gigawatt erzeugt werden – für die anvisierten 70 Gigawatt reicht es nicht. Weil das Ministerium für Wirtschaft und Klima die Windkraft priorisiert, sollen dafür weitere Gebiete erschlossen werden. Doch mit welchen Nutzungen kann man Windkraft kombinieren? Oder soll anderes gar ganz weichen? Der Kampf um den Platz in den Meeren hat schon begonnen. 

Naturschützer besorgt: Sollen Schutzgebiete mit Windrädern vollgestellt werden?

Der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) kann sich eine Ko-Nutzung mit Militär, aber auch mit Naturschutzflächen vorstellen. Doch das gefällt dem Nabu gar nicht: Denn Windräder sind zwar gut fürs Klima, in der Bauphase wird es für Meeresbewohner aber teils unerträglich laut, zudem werden Lebensräume und Wanderrouten zerschnitten. „Schutzgebiete und Windräder passen nicht zusammen“, sagt Kim Detloff, Meeresexperte des Nabu, der MOPO. „Wir wissen von einem halben Dutzend streng geschützter Seevögel, dass sie Windparks meiden und riesige Flächen ihrer Lebensräume verlieren.“ Durch den Massenausbau würde der ökologische Verlust noch viel größer werden.

Kim Detloff ist Meeresexperte beim Nabu – und sieht die Offshore-Offensive der Regierung kritisch. Nabu
Kim Detloff ist Meeresexperte beim Nabu – und sieht die Offshore-Offensive der Regierung kritisch.
Kim Detloff ist Meeresexperte beim Nabu – und sieht die Offshore-Offensive der Regierung kritisch.

Zudem wirkten sich Windräder auf die Windverhältnisse, Strömungen und das Planktonwachstum aus. „Die Energiegewinnung durch Offshore-Windparks führt zu geringeren Windgeschwindigkeiten an der Meeresoberfläche und somit zu einer Abschwächung windgetriebener Ozeanströmungen“, erklärt Nils Christiansen vom Helmholtz-Zentrum Hereon der MOPO. Zwar komme es dadurch nicht zu einer gravierenden lokalen Veränderung, aber zu einer strukturellen Anpassung des Ozeans.

Um die Effekte von einem Massenausbau abzuschätzen, fehlt noch die wissenschaftliche Grundlage. „Das Ganze gleicht einem riesigen Experiment, mit leider offenem Ausgang für das Ökosystem Meer“, findet Detloff.

Greenpeace: Natur- und Klimaschutz vor allem anderen

Klima- und Naturschutz – kann das denn nicht gleichzeitig gelingen? „Beides muss gemeinsam vor allem anderen priorisiert werden“, fordert Reenie Vietheer, Expertin für Erneuerbare Energien von Greenpeace, im Gespräch mit der MOPO. Ein Miteinander sei möglich, da Windräder einigen Arten auch Schutz bieten. Fischerei oder Schifffahrt müssten dagegen zur Not zurückstecken.

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Das findet auch Detloff. Zudem können Offshoreparks naturverträglicher werden, schlägt er vor – etwa durch leiseren Bau, Abschaltautomatiken bei Vogelzügen und gut gewählten Standorten. Christiansen prüft derzeit zudem, wie sich die lokalen Effekte an der Meeresoberfläche zumindest minimieren lassen – zum Beispiel durch weniger, aber größere und effizientere Windräder.

„Wir müssen stufenweise zubauen, eng wissenschaftlich begleiten und den Zustand der Meere verbessern – dann werden wir sehen, welcher Raum am Ende für technischen Klimaschutz bereitsteht und wo wir auch für den Klimaschutz besser auf natürliche Klimafunktionen der Meere setzen“, sagt Detloff.

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