Ein Mann auf einem Segelboot

Boris Herrmann, Profisegler und Skipper auf dem Segelschiff des Team Malizia. (Archivbild) Foto: picture alliance/dpa/Team-Malizia.com | Ricardo Pinto

Boris Herrmann hat sein Rennen gewonnen

Resilienz ist ein großes Wort für die nächste Zeit. Also die Kraft, den gesammelten Schwach- und Irrsinn zwischen Trump und Putin, von AfD bis Wagenknecht auszuhalten, ohne wahlweise durchzudrehen oder zu resignieren oder zum Frühstück das erste Astra aufzureißen. Wie kann das gelingen?

Seeleute müssen resilient sein, besonders Kapitäne. Weil ich im Laufe der Jahre mit knapp zweihundert von ihnen sprach, habe ich ein Buch dazu geschrieben: „Das muss das Boot abkönnen“, nach dem Satz im Film „Das Boot“, als der Alte seiner angsterfüllten Crew auf dem Grund des Meeres Mut zusprechen will.

Kapitäne müssen krisenfest und gelassen sein

Kapitäne wissen, wie man durch jeden Sturm kommt. Sie bereiten sich und ihre Crew darauf vor. Sie bleiben (zumindest äußerlich) gelassen, wenn alles über ihnen zusammenbricht und lassen sich auch hinterher nichts anmerken. Es gibt Muster in ihrem Handeln und jede Menge Beispiele für lässiges Krisenmanagement. 


Stefan Kruecken hfr
Stefan Krücken

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.

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Kapitän Gustav Schmidt zum Beispiel, auch der „Eiserne“ genannt, der einen verschollen geglaubten Frachter der Hapag nach Hamburg zurückbrachte. Gennaro Arma, der Tausende Passagiere eines Kreuzfahrtschiffs mit Corona an Bord durch eine drohende Katastrophe lotste. Trawlermann Friedhelm von Staa aus Cuxhaven, der den Einschlag einer Monsterwelle wegsteckte.

Härteste Regatta der Welt: Boris Herrmann hält durch

Boris Herrmann, Deutschlands bester Segler und Wahl-Hamburger, ist kein Kapitän, aber ein Skipper. Was er auf der Vendée Globe mitmachte, der härtesten Regatta rund um die Welt, macht ihn zum Großmeister der Resilienz. Blitzeinschlag. Stürme und Flauten, Pech beim Routing und dann noch eine Kollision mit irgendetwas, vermutlich einem Wal. Ein Foil, also eine Tragfläche seiner Rennyacht, brach dabei ab.

Während ich hier gerade schreibe, kämpft sich Boris – der einst Kapitän Schwandt und mich zu einer Rundfahrt während des Hafengeburtstags einlud und auch sonst ein sympathischer Kerl ist – durch zwölf Windstärken und acht Meter hohe Wellen. Er ist Extremsportler und ehrgeizig und wird im Zielhafen Les Sables-d’Olonne unzufrieden sein mit seiner Platzierung.

Boris Herrmann ist ein Gewinner – trotz zwölftem Platz

Dabei hat er gewonnen. Tausende haben im Internet verfolgt, dass er nicht aufgab, egal, was sich ihm und seiner Yacht „Malizia“ auch in den Weg stellte. Der Boris, den ich vom Bier aus der „Haifisch Bar“ kenne, sieht abgekämpft aus in Videos von Bord, und zwischendurch klang er ziemlich resigniert. Der Sieger des Rennens ist seit mehr als zwei Wochen an Land, irgendwo im Mittelfeld.

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Doch mit etwas Abstand wird er stolz sein auf das, was er schaffte. Platz 12 ist manchmal ein Platz 1 und Durchhalten der größtmögliche Erfolg. Resilienz ist ein großes Wort für die nächste Zeit.

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