Das mysteriöse Schiffswrack von Sylt
Ich liebe Geschichten von Stürmen und alten Wracks, und ganz besonders, wenn sie mit einem Geheimnis zu tun haben. Knapp eine Woche ist es her, dass ein Spaziergänger in der Abenddämmerung am Strand von Rantum auf Sylt über einige Bohlen stolperte.
Ein gutes Dutzend dunkler Balken, dunkel gegerbt, zusammengehalten von Nägeln aus Holz und Kupfer. Etwa viereinhalb Meter lang, knapp zwei Meter breit. Eindeutig Überreste eines alten Schiffswracks, von denen es vor den Nordfriesischen Inseln so viele gibt.
Zog in früheren Zeiten ein Sturm aus Westen oder Nordwesten auf, dann gerieten Segelschiffe rasch in Schwierigkeiten. Waren sie den Inseln zu nahe gekommen, hatten die Kapitäne im flachen Wasser, in dem sich schnell eine hohe Brandung aufbaut, kaum eine Chance, zu entkommen. Knapp 900 Strandungen sind für den Zeitraum vom 17. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt, nur für den Bereich des Nordfriesischen Wattenmeers.
Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.
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Immer wieder gibt die Nordsee ihre Beute wieder frei, zuletzt 2016 an der Hörnumer Odde im Süden von Sylt. Westlich der Hallig Hooge gab es ein Jahr später einen Fund – und dann entdeckte man die spanische Dreimastbark „Ulpiano“ auf dem Süderoogsand, von der bekannt ist, dass sie Heiligabend 1870 sank. Ihre Galionsfigur hängt heute im Friesenmuseum der Insel Föhr.
Welcher Schiffstyp wurde nun auf Sylt gefunden – und wie alt mag er sein? Experten des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein rückten mit moderner Technik an, um ein 3D-Modell zu erstellen und eine Drohne steigen zu lassen. Die Fachleute schätzen nach Ansicht der Bilder, dass das Wrack aus dem 19. Jahrhundert stammt; darauf deuten die Art der Verstärkungen an der Bordwand hin.
Doch am Strand angekommen fanden sie: nichts!
Das Meer hatte das alte Schiff wieder versteckt. Keiner der Erstfinder oder Fotografen hatte die Stelle nördlich des Abgangs zur „Sansibar“ genau markiert – und die Lagebestimmung anhand von Bildern gestaltete sich schwierig. Weil die Metalldetektoren nicht anschlugen, bedeutet es, dass bereits wieder knapp 80 Zentimeter Sand auf dem Wrack liegen.
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Stundenlang stocherten Grabungsmitarbeiter mit Stangen herum, doch dann brachen sie die Aktion bei Kälte und Wind ergebnislos ab. „Man hat ja auch echt Bock, das Teil jetzt zu finden“, zitiert die Nachrichtenagentur dpa einen Suchenden.
Was nun? Der Einsatz eines Baggers kommt nicht infrage, weil der Aufwand in keinem Verhältnis steht und die Bohlen beschädigt würden. Die Wissenschaftler hoffen nun, dass ein Sturm das Geheimnis erneut preisgibt und Spaziergänger danach Ausschau halten.
Und diesmal den Fundort markieren.