Lego Lost at Sea
  • Fischer Richard West aus Plymouth mit seinem spektakulären Fang – einem Plastik-Hai von Lego.
  • Foto: Lego Lost at Sea

Dieser kleine Plastikhai ist etwas ganz Besonderes

Der Fischer Richard West aus der Hafenstadt Plymouth sieht genau so aus, wie man sich einen Seemann von der Südküste Englands vorstellt. Popeye-mäßige Arme, reichlich und bunt bebildert, dazu ein Basecap auf dem rasierten Schädel.

An Bord des Trawlers „FY848 Defiant“ arbeitete der Decksmann vergangene Woche knapp 20 Seemeilen südlich von Penzance in Cornwall. Als ihm nach einem Hol auf dem Sortiertisch etwas auffiel, das nicht nach Seewolf oder Scholle aussah: Da war ein Hai! Ein kleiner Hai, aus Plastik, wenige Zentimeter kurz – aber der größte, zumindest ungewöhnlichste Fang im Leben des Fischers West.

„Ich habe sofort erkannt, was das war, weil ich als kleiner Junge vor 25 Jahren das Piratenschiff und Haie hatte. Ich habe sie geliebt!“, sagte er einem Reporter der BBC. Nun berichten große Zeitungen und Medien von London bis Mumbai über den Fund.


Stefan Kruecken hfr
Stefan Krücken

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.

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Wie das Spielzeug in den Ärmelkanal kam? Am 13. Februar 1997 traf eine Monsterwelle den Frachter „Tokio Express“, gebaut bei Blohm + Voss in Hamburg. Das Schiff der Reederei Hapag-Lloyd verlor beim Einschlag insgesamt 62 Container im Sturm vor der Landzunge „Land’s End“. Darunter einen, der Lego-Spielzeug beinhaltete. 4.756.940 Teile, um genau zu sein, so steht es in den Ladepapieren. Und weil der Allmächtige manchmal Sinn für britischen Humor besitzt, hat jedes Spielzeugteil mit dem Meer zu tun.

Fund eines Plastik-Oktopus machte Schlagzeilen

Seit jenem Tag spülen die Wellen immer wieder Lego-Wasserbewohner an den britischen Ständen an, auf den Inseln im Kanal, in Wales, auf der Isle of Man, sogar an der Küste von Irland. Zuletzt machte der Fund eines Plastik-Oktopus Schlagzeilen, den ein Teenager in Cornwall entdeckte. Sammler sprachen ehrfürchtig vom „Heiligen Gral“, weil der Wirbellose so selten und daher kostbar ist.

Das Projekt „Lego Lost at Sea“, dem in den sozialen Medien Zehntausende folgen, dokumentiert die Funde wissenschaftlich präzise – und ist inzwischen so renommiert, dass es im Royal Cornwall Museum ausstellen durfte. Auch weil es zeigt, wie lange Plastik im Meer bleibt und wie weit die Strömungen Unrat verbreiten.

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Gründerin Tracey Williams hat die Echtheit des Hais vom Fischerboot bestätigt. 51.800 kleine Raubfische gingen damals über Bord der „Tokio Express“, 22.200 dunkelgraue und 29.600 hellgraue, Ende der 1990er Jahre waren es beliebte Elemente mehrerer Lego-Sets. Was Fischer West nun an Deck zog, ist der erste dokumentierte Fund. Die anderen kleinen Haie bleiben abgetaucht.

„Es ist der einzige, den wir je gesehen haben“, meint Williams. „Richard und ich haben jetzt das gemeinsame Sorgerecht.“

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