Melanie Schulte
  • Mehr als 70 Jahre war unklar, wie die „Melanie Schulte“ sank.
  • Foto: Ostfriesisches Landesmuseum Emden

Ist das Rätsel des Untergangs der „Melanie Schulte“ gelöst?

Nach einem Sturm werfen die Wellen einen Rettungsring an den Strand von Benbecula, einer kleinen Insel vor der Nordwestküste Schottlands. „Melanie Schulte“ ist zu lesen. Es ist der 17. Februar 1953, und nun gibt es endgültige Gewissheit: Der deutsche Frachter, seit Wochen im Nordatlantik vermisst, ist gesunken.

Den letzten Funkkontakt zum Schiff gab es am 21. Dezember, und als am Heiligabend der Reeder seinen Schiffen über „Norddeich Radio“ Weihnachtsgrüße übermitteln ließ, blieb der Spruch von Bord aus. Der Frachter war auf dem Weg von Norwegen an den Golf von Mexiko nördlich der Britischen Inseln in einen Sturm geraten.

Aus Sorge startete wenig später eine Suche, britische Flugzeuge stiegen auf. Ein Pilot entdeckte einen großen Ölfleck, etwa 200 Seemeilen westlich der Nordwestspitze Irlands. Es blieb die einzige Spur.


Stefan Kruecken hfr
Stefan Krücken

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.

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Wieso ging der Neubau der Emder Reederei Schulte & Bruns und des Hamburger Handelsunternehmens Toepfer unter Führung des erfahrenen Kapitäns Heinrich Rohde unter? 35 junge Seeleute, fast alle aus Norddeutschland, blieben auf See.

70 Jahre später haben Forschende des Helmholtz-Zentrums „Hereon“ eines der schwersten Unglücke in der Geschichte der deutschen Handelsschifffahrt mit modernsten Methoden untersucht. Ina Teutsch und Nikolaus Groll vom Institut für Küstensysteme speisten historische Daten zu Wetter, Wind und Wellen in eine Seegangsimulation ein.

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Ihr Fazit: Vermutlich war es nicht die Wucht des Sturms und auch nicht die Höhe der Brecher, die das Schiff so schnell sinken ließen, dass der Funker nicht mal ein „Mayday“ absetzen konnte. „Entscheidender könnten die Länge und die Richtung gewesen sein, aus der die Wellen auf das Schiff trafen“, meinen sie.

Nach Berechnungen der Wissenschaftler waren die Wellen fast genauso lang wie der 143 Meter lange Frachter. Sie bogen die „Melanie Schulte“, sagen wir, wie ein gelangweilter Schüler sein Lineal. Befand sich der Frachter auf einer Welle, belastete dies Bug und Heck; rutschte er dazwischen, ächzte die Mitte. Zudem trafen die Brecher das Schiff seitlich, was 9300 Tonnen Erz in den Laderäumen verrutschen ließ.

Gesunkene „Melanie Schulte“: Rätsel um Untergang wohl gelöst

„Wahrscheinlich haben alle Effekte zusammengespielt“, sagt Wissenschaftler Groll. Das Schiff brach auseinander. So ähnlich sahen es auch die Experten des Hamburger Seeamtes im Jahr 1953, ohne Computer und ohne Simulation.

Sie ließen damals die Beladungsvorschriften von Erzfrachtern unter deutscher Flagge schnell ändern – und retteten vielen Seeleuten das Leben.

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