„Chaos“ oder „vorbildlich“?: So läuft Homeschooling in Hamburg
Fernunterricht, Home Office und digitales Lernen: Wir haben die Leser*innen aufgefordert uns zu schreiben, welche Erfahrungen sie mit der ersten Schulwoche gemacht haben. So unterschiedlich die Vorraussetzungen in den Familien auch sein mögen, vor allem in Sachen Digitalisierung üben Eltern und Lehrkräfte deutlich Kritik.
„Das Chaos geht unvermindert weiter“, schreibt ein Leser der MOPO. Er frage sich, was die Schulbehörde seit dem letzten Sommer in Sachen Digitalisierung auf die Reihe bekommen hat, „da immer noch nicht alle Schulen mit leistungsfähigen WLAN-Anschlüssen ausgestattet sind.“
MOPO-Leser: Heftige Kritik an Digitalisierung der Schulen
In vielen Nachrichten wird deutlich, dass für die digitalen Schulplattformen Nachbesserungsbedarf besteht. Genannt wurden das Lernmanagementsystem Hamburgs (LMS), das schulische Zugangsportal eduPort oder auch der bundesweite Anbieter IServ. Zum Wochenstart am Montagmorgen war es bei IServ erneut zu Problemen gekommen, die auch viele Hamburger Schüler betroffen und bei Eltern für Ärger gesorgt hatten.
„Bei den Investitionen, die getätigt wurden, ist es beschämend, dass so eine Lernplattform wie LMS nicht zufriedenstellend funktioniert“, schreibt eine Leserin. Die anberaumten Videokonferenzen von Schüler*innen und Lehrkräften hätten an der Schule ihres Kindes bisher nur ein einziges Mal zuverlässig stattgefunden.
Hamburger Lehrerin: „Es mangelt immer an den gleichen Sachen“
Auch eine Lehrerin macht ihrem Unmut Luft. Im Kern mangele es immer an den gleichen Dingen: „Genügend Personal, technisch geeignete Voraussetzungen, sowie rechtzeitige Infos und klare Vorgaben.“ Auch „Wohlwollen und realistischen Erwartungen“ seien schwer zu finden.
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Aktuelle Informationen erhalte sie meist zuerst aus den Medien und danach von der Schulbehörde. Auf den Laptops für die Schüler würden sämtliche Programme zum Beispiel zur Textverarbeitung fehlen. „Wir bräuchten jetzt akut für alle im System Schule eine gute digitale Ausrüstung und einen professionellen Support“, schreibt sie.
Lehrer in der Pandemie: Immer erreichbar und im Einsatz
Was die Lesernachrichten auch zeigen: Die Erfahrungen mit dem Unterricht zu Hause sind – die technischen Schwierigkeiten außen vorgelassen – extrem unterschiedlich.
„Bei uns läuft es gut“, schreibt die Mutter einer Viertklässlerin. Jeden Abend käme eine Anleitung, was am nächsten Tag an Fächern bearbeitet wird. Nachdem die Klassenlehrerin in der Schule unterrichtet hat, können ihr die Kinder, die im Fernunterricht lernen, Fragen per Videocall stellen. Sogar per Mail und Telefon sei die Lehrerin jederzeit erreichbar.
Viele Lehrkräfte versuchen mit großem Engagement den Fernunterricht so gut wie möglich zu gestalten. Mehrere Eltern schildern, dass die Klassenlehrer*innen jederzeit ansprechbar seien. Wenn die Lernplattformen streiken, greifen manche Lehrer*innen auf andere Lösungen zurück. Datenschutzrechtlich mag das nicht immer den höchsten Standards entsprechen, aber anders scheint es nicht zu funktionieren.
Hamburger Mutter: „Für Schüler*innen mit Behinderungen hat sich nichts getan“
Doch nicht für alle ist das digitale Lernangebot geeignet und vielen Schüler*innen fehlt die Gemeinschaft. Eine Mutter schreibt, dass ihre Teenager einfach keine Motivation mehr hätten, sich um die Schule zu bemühen. Das selbständige Lernen würde nicht funktionieren.
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Für Schüler*innen mit Förderbedarf ist der Wegfall des Präsenzunterrichts besonders hart. Eine andere Leserin ist Mutter von zwei Teenagerjungs. Einer ihrer Söhne besucht eine Förderschule. Sie berichtet, dass die Förderschule ihr Bestes gibt, um den Kindern wenigstens Gruppenchats per Video zu ermöglichen. Doch auch hier scheitere es meist an der Technik. „Für Schüler*innen mit Behinderung an staatlichen Schulen hat sich nichts getan, für ihre Eltern leider auch nicht“, klagt die Mutter.