• Hamburgs Hotels kämpfen ums Überleben – so auch das east Hotel im Stadtteil St. Pauli. 
  • Foto: imago/Hoch Zwei/Angerer 

„Die Lage ist katastrophal“: Corona: Hamburger Hotels droht eine Pleitewelle

Nach dem „Crowne Plaza Hamburg-City Alster“ hat auch das „Nordport Plaza Hotel“ am Hamburger Flughafen Insolvenz angemeldet. Die coronabedingten Reisebeschränkungen führen bei vielen Betrieben zu einem drastischen Einbruch an Gästen und Umsätzen. Droht Hamburg nun ein großes Hotel-Sterben?

Der Geschäftsbetrieb des „Nordport Plaza“ läuft vorerst weiter, die Gehälter der über 50 Mitarbeiter sollen bis Ende Januar über eine Insolvenzgeld-Vorfinanzierung gesichert sein. Doch was ist dann?

Rechtsanwalt Tjark Thies wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und analysiert derzeit die wirtschaftliche Lage des Hotels am Hamburg Airport: Ob der Beherbergungsbetrieb langfristig fortgeführt werden könne, lasse sich derzeit noch nicht sagen.

Corona: So schlecht geht es Hamburgs Hotels

Auch andere Hotels wissen nicht, wie lange es noch weitergehen kann. Das „east Hotel“ im Stadtteil St. Pauli betreut zurzeit nur wenige Businessgäste, die meisten Mitarbeiter seien wie schon im Frühjahr in Kurzarbeit. „Das Schwierigste ist jedoch die Unsicherheit“, sagt Lisa-Marie Köster, Sprecherin des east Hotels, zur MOPO. Planungssicherheit gebe es nicht – und nun fällt auch noch das wichtige Weihnachts- und Silvestergeschäft aus.

Das „Backpacker St. Pauli“ Hostel hatte schon im ersten Lockdown schwere Verluste hinzunehmen: „Wir hatten auf einmal keine Arbeit mehr für unser Personal und mussten bis auf zwei Mitarbeiter alle anderen des Teams entlassen“, erklärt Hostelmanagerin Tanja Bahr gegenüber der MOPO. Die Soforthilfe und Langzeitgäste seien da bereits die Rettung gewesen – und nun ist das Hostel von der Überbrückungshilfe abhängig.  

Hamburger Hostel: „Ohne Hilfen sind wir sofort pleite“

„Auch mit den Winterhilfen halten wir nur noch maximal vier Monate durch. Ohne diese Hilfen sind wir sofort pleite. Wenn man nichts einnimmt, ist dies der Lauf der Dinge“, sagt Geschäftsführer Ralf Gauger zur MOPO. Die Corona-Maßnahmen seien zwar die richtige Antwort auf die Gefahren – doch wenn die Zahlen nicht langsam sinken, werde es bitter für die Tourismusbranche.

Auch das „The George“ in St. Georg und das „Gastwerk Hotel“ in Bahrenfeld sind keine Ausnahme: Die Auslastung sei um rund ein Drittel zurückgegangen – und über die Feiertage rechnen die Hotelbetreiber nicht mehr mit vielen Geschäftsreisenden. „Da wir für unsere Mitarbeiter eine Planungssicherheit für die Festtage haben möchten, haben wir uns dazu entschieden, die Hotels über die Feiertage zu schließen“, erklärt Verkaufsleiter Lars Decker der MOPO. Erst am 4. Januar soll es weitergehen – auch in der Hoffnung, dass das touristische Reisegeschäft im neuen Jahr wieder an Fahrt aufnehmen kann.

Übernachtungen in Hamburg gehen um die Hälfte zurück

Die genannten Betriebe sind keine Einzelfälle – die gesamte Branche ist betroffen. Die Zahlen sprechen für sich: Nach Angaben des Statistikamts Nord zeigt sich in Hamburg für dieses Jahr bis einschließlich September ein Übernachtungsrückgang von Minus 49,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Zahlen für Oktober und November liegen bisher noch nicht vor.

Ähnlich sieht es bei der Umsatzentwicklung aus: Demnach ist der Umsatz im Zeitraum von Januar bis September 2020 bei den Beherbergungsbetrieben um 54,9 Prozent im Vergleich zu den Vorjahresmonaten gesunken. Im Gastgewerbe insgesamt – also die Gastronomie eingerechnet – liegt der Rückgang bei Minus 34,8 Prozent.

Hamburger Gastbetriebe auf Überbrückungskredite angewiesen

Dabei ist die Tourismusbranche gerade in der Hansestadt ein seit Jahren steigender Markt: In den letzten zehn Jahren seien über 20 000 Betten und mehr als 70 Gastbetriebe hinzugekommen, sagt Ulrike von Albedyll, Landesgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA), im Gespräch mit der MOPO. Doch jetzt sind die Gasthäuser so gut wie leer. „Die Situation ist katastrophal. Es dürfen nur Geschäftsreisende kommen und selbst die reisen sehr verhalten – viele Firmen lassen ihre Mitarbeiter ja gar nicht mehr“, erklärt sie.

Zwar wurden den Hotels Überbrückungshilfen zugesichert – doch die würden frühstens Ende Dezember ausgezahlt. Dabei laufen die Kosten weiter, und Rücklagen gibt es kaum. „Die Mieten sind gerade in der Stadt sehr hoch bei Hotels und die Vermieter oder Verpächter sind da leider selten entgegenkommend. Viele Beherbergungsstätten müssen daher Überbrückungskredite aufnehmen, bis die Hilfen ausgezahlt werden“, so die DEHOGA-Chefin in Hamburg.

Tourismusbranche sorgt sich wegen Corona um ihre Existenz

„Das macht einen sprachlos. Wir trauen uns gar nicht in die Zukunft zu schauen.“ Die Prognosen sehen für den Anfang des nächsten Jahres nicht besser aus: Januar und Februar seien grundsätzlich eher schwache Monate, mit der Internorga Messe gehe es im März normalerweise wieder los – doch die ist bereits abgesagt.

Laut einer Umfrage des DEHOGA Bundesverbands von Anfang November nehmen Verzweiflung und Existenzängste in der Hotellerie und Gastronomie zu: Bundesweit sehen sich aktuell 71,3 Prozent der gastgewerblichen Betriebe in ihrer Existenz gefährdet, etwa jedem sechsten Betrieb (17,5 Prozent) droht akut die Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit.

Hamburger Wirtschaftsbehörde hofft auf sinkende Coronazahlen

Auch die Hamburger Wirtschaftsbehörde ist alarmiert: „Die Lage der Hotel- und Tourismusbranche ist in Hamburg wie in ganz Deutschland sehr ernst. Das Gastgewerbe zählt zu den wichtigen Branchen unserer Stadt, sowohl beim Umsatz als auch bei der Beschäftigung“, erklärt eine Sprecherin gegenüber der MOPO.

Trotz der Überbrückungshilfen müsse es mehr denn je darum gehen, die Pandemielage schnellstmöglich in den Griff zu bekommen, damit Unternehmen wieder aus eigener Kraft überleben können.

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