„Dramatische Pandemielage“: Hamburgs Bürgermeister schlägt Alarm – und greift Union an
Markus Söder (CSU) oder Armin Laschet (CDU)? Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat mit deutlichen Worten kritisiert, dass die Kanzlerfrage der Union nach wie vor nicht entschieden ist – obwohl eine Entscheidung eigentlich binnen einer Woche, also bis zum Sonntag, fallen sollte. Mit Blick auf die sich verschärfende Corona-Lage schlägt Tschentscher Alarm.
„Wir befassen uns jetzt damit, wann Herr Söder im Privatjet von wo nach wo fliegt. Die eigentlich wichtige Frage, die jetzt im Vordergrund stehen sollte: Was kommt nun endlich heraus bei dem Infektionsschutzgesetz?“, sagte Peter Tschentscher am Sonntagabend in einem Talkformat der „Bild“-Zeitung.
Kanzler-Frage der Union weiter offen – Söder fliegt nach Berlin
Kurz zuvor war bekanntgeworden, dass der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Sonntag mit einem Privatjet von Nürnberg nach Berlin geflogen war – offenbar um Gespräche über die Kanzler-Frage der Union zu führen. Söder sowie sein Konkurrent Armin Laschet (CDU) hatten beide angekündigt, bis zum Ende der Woche eine Entscheidung treffen zu wollen. Dazu kam es am Sonntag allerdings nicht mehr. Aus Verhandlungskreisen drang bereits am Nachmittag nach außen, dass die Fronten weiterhin verhärtet seien, keiner der Kandidaten wollte zurückziehen.
Der Parteinachwuchs von CDU und CSU, die Junge Union, stellte sich am Sonntagabend mit großer Mehrheit hinter Markus Söder. 14 von 18 Landesverbänden sprachen sich nach JU-Angaben für den CSU-Vorsitzenden aus. Eine Entscheidung könnte jetzt am Montag fallen, auch eine Abstimmung in der Sitzung der Unionsfraktion am Dienstag ist eine Option.
Hamburgs Bürgermeister: Union „nicht in der Lage, hier konstruktiv mitzuwirken“
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher kritisierte, dass sich die Union mit sich selbst statt mit der Corona-Lage beschäftige. „Mir brennen derzeit ein paar andere Themen unter den Nägeln – und die kommen zu kurz, wenn sich eine so große Partei jetzt mit dieser Frage so emotional befasst“, sagte Tschentscher bei der „Bild“. Man warte jetzt seit drei Wochen darauf, dass der Bund die angekündigten Änderungen im Infektionsschutzgesetz umsetze. „Wir sind ja wirklich in einer dramatischen Pandemielage und da ist ein großer Regierungspartner nicht in der Lage, hier konstruktiv mitzuwirken.“
Es sei „unglaublich eilig“, dass es zu einheitlichen Regeln in der Corona-Politik von Bund und Ländern komme. „Wenn sie sich die Lage auf den Intensivstationen jetzt ansehen: Die Intensivmediziner mahnen jetzt wirklich eindringlich, dass es etwas geben muss, was die Inzidenz abbremst.“
Hamburgs Bürgermeister kritisiert andere Bundesländer
Tschentscher kritisierte bei der „Bild“, dass in vielen Bundesländern zu wenig getan werde.„Thüringen liegt bei 250. Es werden Intensivpatienten mittlerweile von Thüringen nach Hamburg verlegt. Man kann doch jetzt nicht sagen: Es ist alles nicht so gekommen, wie es die Wissenschaftler gesagt haben“, sagte Tschentscher. Es gebe reihenweise Abweichungen von den MPK-Beschlüssen. In Bayern liege die Inzidenz beispielsweise bei 180 – trotzdem werde dort der Einzelhandel mit Click&Meet geöffnet.
Das könnte Sie auch interessieren: Corona-Regeln in Hamburg: Polizei rechnet abends bald mit mehr Menschen draußen
Hamburgs Bürgermeister verteidigte erneut die Ausgangssperre, die seit Karfreitag in Hamburg gilt. „Was wir sehen ist, dass es ab 21 Uhr zu sehr viel mehr Ruhe gekommen ist“, so Tschentscher. Es komme zu weniger Verstößen im privaten Bereich. Der Anstieg der Inzidenzen sei zumindest gestoppt worden – das zeige, dass die Maßnahme als Ergänzung zu weiteren Maßnahmen „sehr wirksam“ sei. (due)