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  • Mit weißen Handschuhen: Dr. Udo Schäfer, Chef des Hamburger Staatsarchives, präsentiert der MOPO seinen wertvollsten Schatz: das Rote Stadtbuch.
  • Foto: B. Blumenthal

Nach 700 Jahren: Diese Hamburger Schriften werden Welterbe!

Anfassen? Absolut verboten! Das darf nur der Chef persönlich: Udo Schäfer. Bevor er die Bücher aufschlägt, streift er sich weiße Handschuhe über. Ein bisschen Ehrfurcht liegt in der Luft und wir spüren den Atem der Geschichte.

Was unter Philatelisten die Blaue Mauritius, unter Edelsteinexperten der Koh-i-Noor-Diamant und unter Weinliebhabern eine Flasche Château Pétrus ist, das sind für den Chef des Hamburger Staatsarchivs diese drei Archivalien. Er holt sie extra für uns aus dem Magazin. Wir dürfen sie bestaunen und sie auch fotografieren, aber nur ohne Blitz! Sonst würden die 600 und 700 Jahre alten Schriften Schaden nehmen. Die Rede ist vom Roten Stadtbuch, von den Hanserezessen und vom Pfundzollbuch.

Am 1. Dezember werden die drei Schriften zum UNESCO-Weltdokumentenerbe erhoben

Dr. Udo Schäfer, der Chef des Staatsarchivs, führt MOPO-Chefreporter Olaf Wunder das Rote Stadtbuch vor. B. Blumenthal
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Dr. Udo Schäfer, der Chef des Staatsarchivs, zeigt MOPO-Chefreporter Olaf Wunder das Rote Stadtbuch.

Am 1. Dezember werden im Lübecker Rathaus feierlich 21 Dokumente zur Geschichte der Hanse ins sogenannte Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen – und neben Schriftstücken aus Belgien, Dänemark, Lettland, Estland und Polen gehören auch diese drei Quellen aus dem Hamburger Staatsarchiv dazu. Das ist eine hohe Auszeichnung. Für einen Archivar die höchste. Vergleichbar mit einem Ritterschlag oder einer olympischen Goldmedaille.

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Hanse – den Begriff hat jeder Hamburger schon mal gehört, klar, er lebt schließlich in einer Hansestadt. Aber was genau ist die Hanse eigentlich gewesen? Diese Organisation bestimmte vom 12. bis 17. Jahrhundert über alle herrschaftlichen, kulturellen und sprachlichen Grenzen hinweg die Geschicke Europas – von Flandern bis Nowgorod, von Bergen bis Krakau. Es handelte sich um eine Interessengemeinschaft von rund 200 Handelsstädten, die den Warenverkehr in Nordeuropa organisierte und allgemeinverbindliche Regeln aufstellte.

Unfassbar: Das Rote Stadtbuch ist schon mehr als 700 Jahre alt

Detail aus dem Roten Stadtbuch: Wundervolle Heiligendarstellungen. Man sich das vorstellen. Das Buch ist mehr als 700 Jahre alt. B. Blumenthal
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Detail aus dem Roten Stadtbuch: wundervolle Heiligendarstellungen. Man sich das kaum vorstellen: Das Buch ist mehr als 700 Jahre alt.

Regeln. Bei diesem Stichwort sind wird auch schon beim Roten Stadtbuch („dat rode book“) aus dem Jahr 1301. Es handelt sich um die älteste erhaltene Handschrift des Hamburger Stadtrechts. Darin sind unter anderem die Regeln zusammengefasst, die damals im Seehandel galten: Beispielsweise ist dort festgehalten, wer Schadenersatz leisten muss, wenn es zu einer Schiffskollision kommt. Oder wie sich Reeder, Fernhandelskaufleute und Schiffer den Schaden untereinander aufzuteilen haben, falls wegen stürmischer See ein Teil der Ladung über Bord geht oder aus Sicherheitsgründen über Bord geworfen werden muss. Das Buch bildete einst die Grundlage für die Rechtsprechung des Hamburger Rats. 

Ebenfalls Teil des Weltdokumentenerbes sind die „Hanserezesse“ aus den Jahren 1369 bis 1410. Dabei handelt es sich um Mitschriften: nämlich um Protokolle der Hansetage, also der großen Versammlungen, zu denen sich die Hansestädte ab 1358 regelmäßig trafen. Heute noch können wir anhand der Hanserezesse genau rekonstruieren, worüber damals bei den Zusammenkünften verhandelt und was beschlossen wurde.

Das Pfundzollbuch erinnert an einen kriegerischen Konflikt mit Dänemarks König

Das sogenannte Pfundzollbuch von 1369: Es gibt Auskunft über die Waren, die im 14. Jahrhundert im Hafen umgeschlagen wurden: Getreide, Heringe, Bier, Leinwand und Pelze. B. Blumenthal
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Das sogenannte Pfundzollbuch von 1369: Es gibt Auskunft über die Waren, die im 14. Jahrhundert im Hafen umgeschlagen wurden: Getreide, Heringe, Bier, Leinwand und Pelze.

Schatz Nummer drei: das Pfundzollbuch von 1369. Dieses Buch hat mit einem Konflikt zu tun, den die Hansestädte mit dem dänischen König Waldemar IV Atterdag ausfochten. 1367 hatten sich die Hansestädte beim Hansetag in Köln gegen die Dänen verbündet und dabei beschlossen, in den Häfen fortan auf alle Waren und Schiffe eine Abgabe zu erheben, den sogenannten Pfundzoll. Dieses Geld sollte den Krieg finanzieren. Hamburg ist diesem Bündnis erst auf dem Hansetag in Stralsund 1368 beigetreten und ab da musste auch im Hamburger Hafen diese Abgabe gezahlt werden. Heute informiert uns das Pfundzollbuch darüber, was damals alles in Hamburg umgeschlagen wurde: Bier etwa, Pelze, Heringe und Getreide.

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Rotes Stadtbuch, Hanserezesse und Pfundzollbuch: „Diese drei Schriftstücke zeigen eindrucksvoll ein Stück Geschichte des Handelsnetzwerkes, das auch für die Entwicklung Hamburgs so prägend war und ist“, sagt Kultursenator Carsten Brosda (SPD). „Ohne Hanse wäre Hamburg nicht die Stadt, die sie ist.“ Die Dokumente legten darüber Zeugnis ab, wie Hamburg zu einer Hansestadt geworden sei. Brosda: „Zusammen mit den Dokumenten aus den anderen Archiven hat die UNESCO jetzt wertvolle Zeugnisse nordeuropäischer Handelsgeschichte unter besonderen Schutz gestellt.“

Udo Schäfer lobt seine Kollegen in Bremen und Lübeck, die den Antrag stellten

Und was sagt Staatsarchiv-Chef Schäfer zur Ehrung durch die UNESCO? Ist er stolz? „Ja, ich glaube, das sind wir alle. Mit ,wir‘ meine ich die Archivare sämtlicher beteiligter Hansestädte.“ Schäfer hebt besonders seine Kollegen aus Lübeck und Bremen hervor, die den Antrag auf Aufnahme ins Weltdokumentenerbe gestellt hatten. Im Mai war dann vom Exekutivrat der UNESCO die Entscheidung getroffen worden.

Bei den Hanserezessen, die aus der Zeit zwischen 1369 bis 1410 stammen, handelt es sich um Tagungsprotokolle, die während der Hansetage angefertigt wurden. B. Blumenthal
Hanserezesse
Bei den Hanserezessen, die aus der Zeit zwischen 1369 bis 1410 stammen, handelt es sich um Tagungsprotokolle, die während der Hansetage angefertigt wurden.

Die Hanserezesse und das Pfundzollbuch können übrigens im Staatsarchiv eingesehen werden. Dazu muss der Interessierte sie in den Lesesaal bestellen. Beim Roten Stadtbuch ist das leider nicht möglich. Es wird nicht mehr öffentlich gezeigt. Aber dafür ist es – wie übrigens auch die beiden anderen Dokumente – online verfügbar, und zwar auf der Internetseite des Staatsarchivs. Hier finden Sie das Rote Stadtbuch, hier die Hanserezesse und hier ist das Pfundzollbuch einzusehen.

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