Ein Flugzeug in der Luft im Gegenlicht. Im Vordergrund ist ein hoher Stacheldrahtzaun zu sehen.
  • Ein junger Flüchtling aus Afghanistan musste Deutschland trotz Kirchenasyl verlassen. (Symbolbild)
  • Foto: IMAGO / Hanno Bode

Abschiebung aus Kirchenasyl „beispiellos“: Nordkirche ruft zur Mahnwache auf

Ein 29-Jähriger aus Afghanistan wurde in der Nacht zum Montag nach Schweden abgeschoben – trotz Kirchenasyls. Unter diesen Voraussetzungen wurde in Hamburg bislang noch nie ein Schutzsuchender ausgewiesen. Die Kirche ist empört über das Vorgehen der Innenbehörde und ruft jetzt zur Mahnwache auf.

Es ist eine traurige Premiere: Zum ersten Mal musste ein Geflüchteter, der Schutz in den Räumen einer Bergedorfer Kirchengemeinde gesucht hatte, das Land verlassen. Doch so dürfe es nicht weitergehen, sagt Katherine Braun, Sprecherin der Nordkirche: „Wir sind entsetzt über den Bruch des Kirchenasyls. Das Eindringen von Polizei und Ausländerbehörde in den geschützten Raum der Kirche ist in Hamburg bislang beispiellos und darf sich nicht wiederholen.“ Als Zeichen des Protests findet am Dienstag, dem 8. Oktober, um 16 Uhr eine Mahnwache an der Reesendammbrücke am Jungfernstieg statt.

Das Kirchenasyl soll eigentlich eine Möglichkeit bieten, die Abschiebung eines Asylsuchenden in besonders schwierigen Fällen noch einmal abzuwägen. Die Kirche prüfe jeden Fall genauestens und würde den Betroffenen nur unter sehr bestimmten Umständen Zuflucht gewähren.


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Abschiebungen werden von den Behörden nicht ausreichend geprüft

Die Kirche stelle dann ein Dossier zusammen, mit allen Einzelheiten des Falls. Anhand dessen soll die Abschiebung dann von den zuständigen Behörden noch einmal gründlich auf mögliche Härtefallregelungen geprüft werden. Doch die Realität sieht laut Nordkirche anders aus.

„Leider erleben wir sehr häufig, dass diese durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stereotyp abgelehnt werden mit Textbaustein-Begründungen, die dem Einzelfall nicht gerecht werden“, so Braun.

Afghane aus Bergedorfer Kirchenasyl abgeschoben

Das gelte auch für den aktuellen Fall, bei dem ein Afghane aus den Räumen einer Gemeinde in Bergedorf abgeschoben wurde. 2015 hatte er einen Asylantrag in Schweden gestellt, der allerdings abgelehnt wurde. Im März folgte ein erneuter Antrag in Deutschland, ebenfalls abgelehnt. Jetzt muss er wegen des Dublin-Vertrags zurück in das europäische Land, das er zuerst betreten hat: Schweden.

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Die Nordkirche kritisiert, dass dem 29-Jährigen dort nicht geholfen wird. Der Mann leide unter psychischen Problemen. Doch statt psychologischer Unterstützung erwarte ihn in Schweden die Entlassung in die Obdachlosigkeit.

Mahnwache am Jungfernstieg als Zeichen des Protests

„Hamburg darf sich hier nicht vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Druck setzen, sich nicht in den Strudel einer überhitzten politischen Debatte hineinziehen lassen. Die Qualität einer humanen Flüchtlingspolitik bemisst sich nicht in der Zahl durchgeführter Abschiebungen“, erklärt Braun. (zc)

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