Acht Polizisten und ein Jugendlicher: Kommentar: Bei diesem Einsatz ging vieles schief
Die Szene in dem etwa vier minütigen Video ist verstörend. Acht Polizisten, die minutenlang um einen Jugendlichen in der Neustadt herumstehen, ihn anschreien, bedrängen, schlagen. Der kräftige Teenager wehrt sich, er schubst die Beamten, er wedelt mit den Händen. Schließlich bringen ihn die Polizisten mit Gewalt zu Boden.
Jetzt streitet Hamburg: War das Verhalten der Beamten angemessen? Das Problem ist: Allein aufgrund des Videos lässt sich das schwer beurteilen. Eines aber ist klar: Die Beamten sehen bei dem Einsatz nicht gut aus.
Hamburg: Polizeieinsatz gegen Jugendlichen sorgt für Kritik
Erst schaffen sie es nicht, einen zumindest von außen verängstigt wirkenden Jungen mit Worten zu überzeugen, ihren Anweisungen zu folgen. Dann schaffen sie es nicht, ihn mit Griffen festzusetzen. Schließlich greifen sie zu Pfefferspray und fixieren den Jungen.
Dass dieser dabei offenbar „Ich bekomme keine Luft“ sagt, während über ihm „I can’t breathe“, der Slogan der Anti-Polizeigewalt-Bewegung aus den USA, an der Hauswand prangt, macht die Szenerie beinahe surreal.
Hamburg: War der Polizeieinsatz unverhältnismäßig?
Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Einsatz unverhältnismäßig war. Erst recht, wenn man hört, was der Auslöser war: Der Junge war mehrfach mit einem E-Roller auf dem Gehweg unterwegs – was nicht erlaubt ist.
Man sollte sich aber hüten, aus diesem Eindruck ein abschließendes Urteil abzuleiten. Für die Aktivisten der „Seebrücke Hamburg“ etwa steht umgehend fest: Der Einsatz war rassistisch, der Polizeipräsident muss zurücktreten. Ein Beweis oder zumindest eine Nennung von Indizien bleibt aus. Allein die Tatsache, dass der Junge offenbar Migrationshintergrund hat (wie jeder zweite Jugendliche in der Neustadt), soll das polizeiliche Handeln rassistisch machen – das ist zu schlicht.
Die lächerliche Forderung der Gewerkschaft der Polizei
Nicht besser ist die Gewerkschaft der Polizei. Ohne die interne Untersuchung des Vorfalls abzuwarten, wird gefordert, dass sie Politik und Polizeiführung hinter die Beamten stellen. Weil: Fehlverhalten gab es nicht, basta. Geradezu lächerlich ist die Forderung, dass jeder, der im Internet unter das Video „A.C.A.B“ („all cops are bastards“) schreibt, pauschal 1000 Euro Strafe zahlen soll. Dabei hat dazu schon das Verfassungsgericht anders geurteilt.
Die Linke meint, das Ursprungs-Vergehen des Jungen sei ja nur eine Lappalie, allein deshalb sei das Vorgehen der Beamten falsch. Wenn es allerdings nicht erlaubt sein soll, dass die Polizei Alltags-Vergehen kontrolliert und Bußgelder für Ordnungswidrigkeiten durchsetzt, entscheidet künftig jeder selbst, welche Regeln gelten – und welche nicht.
Arbeit der Polizei wird mit Smartphones dokumentiert
Vor ein paar Jahren noch hätte es Berichte über den Einsatz gar nicht gegeben – weil es keine Smartphones gab. Jetzt werden ständig Einsätze gefilmt. Für die Polizei ist das eine zusätzliche Belastung, sie gerät schnell in Erklärungsnot. Für die Demokratie kann es gut sein. Denn die Polizei muss wegen ihres Gewaltmonopols unter besonderer Beobachtung stehen. Ein Video als Kontrollmechanismus funktioniert aber nur, wenn die, die die Bilder diskutieren, bei den Reaktionen ihre Emotionen im Griff behalten.
Jetzt muss aufgeklärt werden, warum hier eine Deeskalation nicht möglich gewesen ist. Warum acht Beamte gegenüber einem Jugendlichen, der nicht bewaffnet und nicht offensiv war, keine souveränere Lösung finden als draufzuhauen.