Ärger in Hamburg: Radfahrer blockieren Behinderten-Parkplätze – und pöbeln auch noch
Diese Fläche ist tabu, da gibt es keine zwei Meinungen. Wenn Parkplätze mit blauen Schildern samt Rollstuhlfahrer-Abbild gekennzeichnet sind, dann sind diese nur für Schwerbehinderte vorgesehen. Nicht für andere Autofahrer – aber auch nicht für Radler!
Die Situation in Övelgönne vor wenigen Tagen lässt jedoch vermuten, dass nicht alle Fahrradfahrer darüber Bescheid wissen. Oder es ihnen schlichtweg egal ist. Am Pfingstwochenende sind zahlreiche Personen auch mit dem Drahtesel an der Elbe unterwegs gewesen, viele davon mit einem StadtRad.
Hamburg: Fahrradfahrer parken Behindertenparkplätze zu
Das Problem: Offensichtlich war es nicht so einfach, einen geeigneten Stellplatz für das Leihrad zu finden – jedenfalls wurde der Kreisel am Ende der Straße Neumühlen zu einer Fahrrad-Abstellanlage umfunktioniert. Genauer gesagt die dortigen Behindertenparkplätze.
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Anfangs standen dort nur ein, zwei Räder, binnen kurzer Zeit wurden die Parkflächen jedoch von etwa 40 Rädern vereinnahmt. Platz für Schwerbehinderte? Gab’s nicht mehr! Ein Phänomen, das immer wieder an sonnigen Wochenende auftritt. Und das sorgt – zurecht – für Ärger bei Interessensvertretern.
Hamburger Verein fordert Rücksicht für Behinderte
„Solche Parkplätze sind kein Luxus, sondern eine Voraussetzung für Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“, sagt Kerrin Stumpf, Geschäftsführerin des Elternvereins von Leben mit Behinderung Hamburg. Der Raum müsse vorhanden sein, um Menschen, die auf den Rollstuhl und auf Hilfen beim Ein- oder Aussteigen angewiesen sind, ihre Mobilität zu ermöglichen. Und das zu jeder Zeit.
Allein, die Einsicht fehlt bei den Parksündern. Als die MOPO ein Pärchen anspricht, das gerade seine beiden Räder in die Menge einreiht, ernten unsere Reporter nur ein verächtliches Schnauben. Nur Minuten später das gleiche Spiel. Erneut sprechen unsere Reporter einen „Täter“ an – und der wird sofort pampig. „Da stehen doch schon die anderen Räder“, sagt der junge Mann. Dass er Behindertenparkplätze blockiert, sei nicht sein Problem. „Ich habe keine Zeit.“ Wenn es unsere Reporter störe, könnten diese ja die Räder „umparken“. Rücksicht? Fehlanzeige!
Hamburg: Fahrrad-Falschparkern droht Bußgeld
Dabei kostet das Parkvergehen auch Fahrradfahrern Geld. Nach Angaben der Polizei könnten derlei Verstöße, genau wie Autofahrer, mit einem Bußgeld in Höhe von 55 Euro bestraft werden – wenn man die Halter denn antrifft. Der Unterschied: Autos werden direkt abgeschleppt, Räder nicht.
Und Rad-Besitzer sind mangels Kennzeichen auch schwer auszumachen. Bei den StadtRad-Leihrädern könnte die Polizei theoretisch auch über den Betreiber, die Deutsche Bahn, die Halter ausfindig machen. Das wäre aber ein gigantischer Aufwand, der sich oftmals nicht lohnt. Klar ist: Die Bahn würde nicht auf den Kosten sitzen bleiben.
Deutsche Bahn droht Fahrrad-Falschparkern
„Wird das Rad an untersagten Abstellstandorten abgestellt, so kann ein variables Serviceentgelt in Höhe von bis zu 50 Euro erhoben werden“, so eine Bahnsprecherin. In Fällen, in denen ein Bußgeld für Ordnungswidrigkeiten durch Behörden auferlegt wird, behält sich die Bahn nach eigenen Angaben vor, dieses „in voller Höhe an den Verursacher weiterzureichen.“
Besser wäre es aber, wenn es gar nicht erst zu diesen Verstößen kommen würde, findet auch der Fahrradclub ADFC. Der bemängelt zunächst jedoch die „miesen Radverkehrsbedingungen“ vor Ort, wo die Verkehrsbehörde Radfahrern nicht ausreichend Platz einräumen würde.
Hamburg: ADFC fordert bessere Radinfrastruktur
„Diese schlechte Infrastruktur rechtfertigt es natürlich nicht, sich den aktuell fehlenden Platz gerade von Menschen zu nehmen, die zwingend auf ein eigenes Auto angewiesen sind, die also weder Rad noch ÖPNV oder ein Taxi nutzen können, um längere Strecken zu bewältigen oder nach Övelgönne zu kommen“, sagt ADFC-Sprecher Dirk Lau.
Um die Situation für alle zu verbessern, wäre es sinnvoll, wenn die Stadt einen Teil der Kfz-Parkplätze beziehungsweise bislang für den individuellen Autoverkehr reservierten Verkehrsflächen in Övelgönne kurzfristig umwidme und Radfahrern und Fußgängern zur Verfügung stellt. Auch Kerrin Stumpf wünscht sich mehr Platz: „Als Radfahrerin mit einem Rollstuhlfahrrad betone ich die Pflicht der Stadt, an hochfrequentierten Orten für ausreichend Abstellmöglichkeiten für Fahrräder zu sorgen“, sagt sie.