Alarmierende Zahlen: So häufig werden Frauen in Hamburg Opfer von Gewalt
Der Tod der zuvor als vermisst gemeldeten Sarah Everard in London sorgt für weltweites Entsetzen und löste in den sozialen Medien eine große Debatte um die Sicherheit von Frauen aus. Ein kurzer Blick in die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt: In Hamburg sieht es auch nicht gut aus.
Die 33-jährige Britin war am 3. März bei einer Freundin abends auf ein Glas Wein zu Besuch. Auf ihrem Heimweg wurde sie mutmaßlich entführt und getötet.
Tod von Sarah Everard löst Debatte auf Social Media aus
Der Hauptverdächtige ist ein 48-jähriger Beamter der Eliteeinheit für diplomatischen Schutz der Metropolitan Police. Everards Überreste wurden in einem kleinen Wald in der Stadt Kent in Südostengland gefunden.
Solche Taten sind alles andere als Einzelfälle. In Deutschland gibt es jeden Tag einen Tötungsversuch an einer Frau. Jeden dritten Tag gelingt dieser. In Hamburg und Umland sind 2021 bereits sechs Frauen getötet worden.
Wilhelmsburg: 23-Jähriger schießt auf 53-jährige Frau
Erst am Donnerstag schoss ein 23-jähriger Mann in Wilhelmsburg auf eine 53-jährige Frau, die lebensgefährlich am Kopf verletzt wurde. Die beiden kannten sich, der mutmaßliche Täter soll der Tochter des Opfers mehrfach nachgestellt haben.
Ein kurzer Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik von 2019 zeigt: Insgesamt 1776 Straftaten „gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ hat die Polizei Hamburg für dieses Jahr dokumentiert. Dazu zählen unter anderem sexuelle Nötigung, sexuelle Belästigung sowie Vergewaltigung. 87,8 Prozent der Opfer waren weiblich.
Gewalt gegen Frauen: In Hamburg steigen die Zahlen
In den vergangenen fünf Jahren ist diese Anzahl kontinuierlich angestiegen. So auch im Jahr 2020, die Zahl der Fälle erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 10,1 Prozent auf 1955.
Die Polizei Hamburg hat Fälle der „Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellem Übergriff im besonders schweren Fall einschließlich mit Todesfolge“ in den Statistiken noch einmal genauer betrachtet.
Für 2019 zeigt sich: Insgesamt 217 Fälle wurden dokumentiert, Von den 219 Opfern waren 94,5 Prozent weiblich. Für 2020 sind diese um alarmierende 35,9 Prozent auf 295 Fälle gestiegen.
Wegen Corona-Lockdown: Gewalt gegen Frauen steigt an
Während Corona sind in Hamburg außerdem die Zahlen in der Partnerschaftsgewalt nach oben geschossen. 2020 registrierten die Sonderdezernate der Staatsanwaltschaft neun Prozent mehr Opfer. Das ist der höchste Wert seit zehn Jahren. 78,3 Prozent davon sind weiblich. Ein klarer Anstieg war demnach parallel zum ersten Lockdown im Frühjahr zu beobachten.
Außerdem kommt hinzu: Diese Statistiken decken nur das ab, was offiziell bekannt ist. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher sein. Opfer von häuslicher Gewalt trauen sich häufig gar nicht, den Täter anzuzeigen — aus Angst vor Rache.
Gewalt gegen Frauen: Statistiken zeigen nur offizielle Zahlen
Aber auch Opfer von Vergewaltigungen und sexueller Belästigung scheuen sich oft vor einer Anzeige. Viele versuchen, das Erlebte zu verdrängen, auch das Schamgefühl spielt oftmals eine Rolle. Außerdem haben einige Frauen Angst davor, dass man ihnen vor Gericht nicht glaubt.
„Die Entscheidung für eine Anzeige muss immer der Frau überlassen werden. Nur sie kann entscheiden: Traut sie sich das zu?“, schreibt der Frauennotruf Kiel. Eine gute Beratung könne bei der Entscheidung helfen.